Miami Nights - (Abgeschlossene Geschichte)


Christine

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EINSGolden Earring: Twilight Zone: http://www.myvideo.de/watch/3049769/GOLDEN_EARRING_TWILIGHT_ZONE Das Mädchen torkelte die dunkle, stille Straße entlang. Blut befleckte ihre nasse, zerrissene, am Körper klebende Kleidung, ihre Hände und das Gesicht, das so zugeschwollen war, dass sie kaum aus den Augen sehen konnte. Die rechte Augenbraue war aufgeplatzt und das Blut aus der Wunde hatte sich mit dem Blut aus der Nase und der aufgeplatzten Lippe zu einem bizarren Muster vermischt. Einen Moment lang blieb sie stehen, um blinzelnd, mit halb zusammengekniffenen Augen in den Himmel hinaufzublicken. Dichte Wolken verdeckten den Mond, aber der Wind, der vom Meer herüberwehte, spielte mit ihnen, verwirbelte sie und schob sie vor sich her. Vielleicht kam der Mond gleich zum Vorschein. Sie wusste allerdings nicht, ob sie sich darüber freuen oder entsetzt sein sollte.Das Mädchen schwankte, schaffte es aber, sich auf den Beinen zu halten und torkelte weiter. Sie keuchte. Jeder Atemzug, jede Bewegung schmerzte. Mit Sicherheit waren mindestens zwei ihrer Rippen gebrochen und ihr Bauch fühlte sich an, als wäre ein Panzer darüber weg gerollt.Sie stolperte, fiel auf die Knie und fing den Sturz automatisch mit den Händen ab. Sofort schoss ein stechender Schmerz bis hinauf in ihre linke Schulter. Der Arm knickte ein und das Mädchen landete auf ihrem ohnehin schmerzenden Gesicht. Sie heulte auf, spürte, dass ihre Wunden, die gerade begannen sich zu schließen, wieder aufbrachen und Blut herauslief. Es vermischte sich mit den Tränen, die aus ihren Augen rollten, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Der Schmerz überwältigte sie einfach.Einen Moment lang blieb sie einfach liegen, die Wange auf den rauen, warmen Asphalt gepresst. Sie konnte nicht mehr! Ihre Kraft war zu Ende! Was wäre, wenn sie nicht mehr aufstünde? Wenn sie hier mitten auf der Straße liegen bliebe? Was hatte sie schon zu verlieren?Nein, es ging nicht! Sie konnte hier nicht liegen bleiben, weil...!Stöhnend stützte sie sich auf die Ellenbogen auf, gerade, als der Wind die Wolken tatsächlich zur Seite schob und der Mond tatsächlich zum Vorschein kam. Er verschwand jedoch sicher bald wieder, denn schon zogen die nächsten Wolken heran. Das Mädchen nutzte das fahle Licht, um sich ihre blutbesudelten Hände anzusehen. Sie sahen so grauenhaft aus wie sie sich fühlte und das linkes Handgelenk war ungefähr doppelt so dick wie das rechte. Es war mit Sicherheit gebrochen, genau wie ihre Nase, die Rippen und vielleicht noch einige andere Knochen. Das Schlucken schmerzte entsetzlich.Das Mädchen kam auf die Knie, indem sie sich nur mit der rechten Hand hoch stützte. Für einen Moment sank sie auf die Fersen, um Herr über den Schwindel und den Schmerz zu werden, der sie überfiel. Langsam durch den Mund ein - und ausatmend, bekam sie sich tatsächlich wieder unter Kontrolle, auch wenn es in ihren Lungen bedenklich rasselte. Dann mühte sie sich ächzend und stöhnend auf die Füße. Der Schmerz trieb ihr erneut die Tränen in die Augen. Sie wischte sie weg, aber das verschmierte das Blut in ihrem Gesicht nur noch mehr. Schwankend wie ein Fahnenmast im Wind torkelte sie weiter, während der Wind den Mond hinter einer neuen Wolkendecke verbarg. Wie lange lief sie nun schon? Zehn Minuten? Zwanzig? Eine Stunde? Sie wusste es nicht. Jegliches Zeitgefühl war ihr abhanden gekommen... genau wie ihre Uhr. Das Lederarmband riss anscheinend beim Kampf, ohne dass sie es bemerkte.Immer wieder lauschte sie. Der Wind rauschte in den Bäumen und es klang, als flüsterten sie. Außerdem wehte er die Geräusche des Expressway herüber. In solchen klaren, ruhigen Nächten konnte man diese Geräusche weithin hören.Wenn sie nur endlich an ein Haus käme, an eine Tankstelle oder irgendeinen anderen Ort, an dem sie nach einem Telefon fragen konnte. Sie musste so dringend telefonieren!„Sie ist tot“, flüsterte sie. „Bestimmt ist sie tot! Oh, Gott! Wie konnte das nur passieren?“Ihre nackten Füße traten auf etwas spitzes. Als sie mit einem scherzvollen Laut zur Seite sprang stolperte sie erneut und landete wieder auf dem Bauch. Ihr Handgelenk pochte und stach wie verrückt und in ihrem Hirn schien irgendwas zu explodieren. Sie schmeckte Blut auf der Zunge und fühlte es warm aus der Nase rinnen.Das Mädchen lag da und weinte. „Es ist alles meine Schuld! Sie ist tot und es ist alles meine Schuld! Nur meine ganz allein!“Ein Nachtvogel erhob sich mit lautem Flügelschlagen aus einem Baum. Einen heiseren Schrei ausstoßend machte er sich auf den Weg, um nach Nahrung zu suchen.Das Mädchen erschrak. Es hob den Kopf und fühlte den Wind, der sanft über ihr Gesicht strich. Das Flüstern in den Bäumen klang wie: Komm schon! Steh auf! Du bist die Einzige, die ihr jetzt noch helfen kann! Vielleicht!Plötzlich drang Motorengeräusch an ihre Ohren. Es kam von irgendwo hinter ihr und näherte sich eher langsam.Sie suchen mich! , dachte sie entsetzt. Sie haben herausgefunden, dass ich nicht tot bin und jetzt suchen sie nach mir! Und wenn sie mich finden...! Sie drehte sich halb um, blickte über die Schulter zurück und entdeckte den Lichtschein zwischen den Bäumen. Der Fahrer hatte das Fernlicht eingeschaltet und es bewegte sich auf und ab, während der Wagen über die Unebenheiten der Straße fuhr.Gehetzt sah das Mädchen sich um. Am Wegesrand standen einige Sträucher, hinter denen sie Schutz suchen konnte, bis der Wagen verschwunden war. Sie schoss darauf zu, trat gegen einen Stein und bekam so einen Schwung nach vorne. Halt suchend griff sie nach einem Ast, aber als ihre Hand die Dornen umfasste, stieß sie einen Schmerzensschrei aus und ließ den Ast los. Sie torkelte, verfing sich mit ihrem ohnehin zerrissenen Top in dem Dornengestrüpp und hörte, wie der Stoff weiter riss. Dann war sie auch schon wieder frei, aber ihr Fuß trat ins Leere. Sie ruderte mit den Armen, knallte auf den Bauch, dass ihr die Luft ganz wegblieb, und rollte den Abhang hinunter, den sie nicht hatte sehen können. Hart stieß sie gegen Steine und Wurzeln, die aus dem Boden ragten, Dornengestrüpp riss ihre Klamotten vollends entzwei und verletzte die Haut. Laub und Erde drangen in ihren Mund und sie presste die Lippen aufeinander. Das Mädchen stöhnte und schrie. Ihre Hände griffen ins nichts, während sie sich weiter drehte. Plötzlich prallte ihr Kopf gegen eine dicke Wurzel, die der letzte Regen freigespült hatte. Ihre Sinne schwanden, während sie verdreht und mit dem Kopf nach unten liegen blieb. Langsam kam der Mond hinter den Wolken hervor.

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ZWEI Ricardo Tubbs und Sonny Crockett stiegen am OCB in Ricos neu erworbenen Cadillac Coupé de Ville Convertible, um nach Hause zu fahren. Beide waren wütend und sehr frustriert. Deshalb knallte Sonny die Tür mit einem entsprechenden Schwung zu, obwohl sie nun wirklich nichts für seine miese Laune konnte.„Lass die Tür heil, Crockett!“, knurrte Rico. „Mit zwei Türen sieht der Wagen einfach besser aus!“Sonny kniff die Lippen aufeinander und starte aus dem Fenster auf die erwachende Stadt. Gerade ging die Sonne auf und ihre Strahlen tasteten sich zaghaft über den Horizont. Die letzten Nachtschwärmer strebten nach Hause, während andere sich auf den Weg zur Arbeit machten.„Wir sind uns verdammt sicher, dass er drinhängt, Tubbs, oder nicht?“, fragte Sonny irgendwann.„Ja, Mann!“ Rico starrte auf die Straße, während er daran dachte, wie viele Tage und Nächte sie sich um die Ohren schlugen, um Beweise gegen den Kerl zu sammeln, der jetzt friedlich in seinen Seidenlaken schlummerte. Wahrscheinlich lachte er sich halbtot über die Bullen, denen er ein so hübsches Schnippchen geschlagen hatte.„Aber was nutzt es? Der wichtigste Beweis fehlt...“ Sonny seufzte. „Du sagst es!“Trotz der frühen Morgenstunde staute es sich in der Stadt bereits wieder, weil alle möglichen Lieferanten hineindrängten. Rico brauchte an zwei Ampeln jeweils fast zehn Minuten, bis er endlich durch war. Es kam ihm vor wie New York im Kleinformat.Der Radiomoderator redete über John Mc Carthy, dessen Prozess wegen Drogenschmuggels an diesem Tag stattfinden sollte. Die Erwähnung des Namens erinnerte Rico prompt an Vanessa, mit der ihn kürzlich eine kurze, aber sehr heiße Affaire verband, bis das Vice – Team herausfand, dass sie den Buchhalter Gifford erschoss. Ihr Prozess fand vor wenigen Wochen statt. Rico schob den Gedanken an Vanessa weg. Es war besser, wenn man die Vergangenheit ruhen ließ.Auf dem Weg zum alten Teil des Jachthafens, wo Sonnys Boot, die St. Vitus Dance, vertäut lag, durchquerte Rico die Stadt. An einer roten Ampel hielt er an. Im Radio lief The Reflex von Duran Duran http://www.dailymotion.com/video/xhy7c_duran-duran-the-reflex Rico und Sonny ließen die Blicke schweifen. Einige offensichtlich Betrunkene schwankten den Gehweg entlang und zwei Nutten lehnten an einer Wand, darauf hoffend, dass noch irgendjemand vorbei kam, dem sie für ihre Dienste einen Geldschein aus der Tasche leiern konnten.Die ersten Geschäfte wurden geöffnet. Die Besitzer fegten den Gehsteig vor dem Laden, um die Reste der Nacht zu entfernen und einer verscheuchte mit seinem Besen die Nutten.Die Ampel sprang um und Rico gab Gas. Neben ihm gähnte Sonny laut hinter der vorgehaltenen Hand.„Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich mir das antue“, grummelte er. „Man reißt sich den Arsch auf und schlägt sich die Nächte um die Ohren und wozu? Um so eine miese Ratte grinsend in seinen teuren Mercedes steigen zu sehen.“„Wir erwischen ihn“, behauptete Rico. „Vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann. Der Kerl hat soviel Dreck am Stecken, dass er eigentlich darin ersticken müsste.“„Er bezahlt aber einen schleimigen Anwalt, der ihm ständig seinen Hintern wieder rauszieht“, knurrte Sonny.Die erwachende Stadt blieb hinter ihnen zurück, die Straße vor ihnen lag recht ruhig im Licht der aufgehenden Sonne. Rico registrierte plötzlich vor dem Wagen eine Bewegung in den Büschen am Straßenrand. Im gleichen Moment stolperte eine Gestalt auf die Straße.Sonny schrie: „Pass auf, Tubbs!“Rico stieg in die Eisen und riss das Steuer nach links. Dennoch erwischte er die Gestalt mit dem rechten Kotflügel und gab ihr Schwung. Wie eine Puppe flog sie durch die Luft.Mit einem protestierenden Kreischen der Bremsen kam der Caddy quer auf der Straße zum stehen. Rico sprang sofort aus dem Wagen, den Blick dorthin gerichtet, wo der Mensch, eine Frau, wie er jetzt feststellte, mit dem Gesicht nach unten auf dem Asphalt lag. „Ruf den Rettungswagen, Crockett!“, rief Rico, während er bereits zu der bewegungslosen Frau rannte.Er tastete am Hals nach dem Puls. Er war schwach und flatterig, aber fühlbar. Am Hinterkopf der Blondine entdeckte Rico eine hässliche Platzwunde, in der sich Erde, winzige Ästchen und ein welkes Blatt verfangen hatten.Vorsichtig drehte Rico die Frau um. „Oh, mein Gott!“, entfuhr es ihm.Sie sah so übel aus, dass er ihr Alter nicht schätzen konnte. Vermutlich hätte sogar die eigene Mutter sie nicht wiedererkannt.Natürlich trug sie durch den Sturz auf den Asphalt Abschürfungen im Gesicht davon, aber das getrocknete Blut, das er überall sah, und die massiven Schwellungen stammten von vorangegangenen Misshandlungen. Würgemale bedeckten ihren Hals.Ihr Top hing in Fetzen und ihr Oberkörper war mit blauen Flecken übersät. Das linke Handgelenk war etwa doppelt so dick wie das rechte und sie trug keine Schuhe. Der Minirock hing in Fetzen und er sah, dass sie keinen Slip trug... ein deutliches Zeichen, dass jemand das arme Mädchen vergewaltigte und zusammenschlug.Sie seufzte leise, kam aber nicht zu sich.Rico hörte eine Autotür klappen und wusste, dass Sonny jetzt wieder herüber kam.„Ich habe den Rettungswagen angerufen!“, erklärte Sonny.„Gut!“, antwortete Rico. „Ich hoffe, er kommt schnell.“„Wie geht es ihr?“, fragte Sonny.„Sie lebt noch!“ Rico blickte auf das Mädchen hinunter. Sie atmete schwach und rasselnd. Ihre Lider flatterten ab und zu, öffneten sich aber nicht.„Halte durch!“, flüsterte er und dachte an damals, als sein schwer verletzten Bruder in seinen Armen starb.

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DREIDie beiden Vice – Detectives warteten auf den Rettungswagen und die Kollegen, Lieutenant George Anderson und Detective Clark Shepherd, die sich um den Fall kümmern würden. Nachdem sie miteinander gesprochen hatten, stiegen Rico und Sonny in den Cadillac und fuhren zur St. Vitus Dance, dem Boot, auf dem Sonny mit einem Alligator als Haustier lebte.„Wir sehen uns“, murmelte Sonny, als er ausstieg. Er eilte zum Boot, wo sein Alligator Elvis, gefesselt an eine dicke Kette, auf seiner rosafarbenen Lieblingsdecke in der Morgensonne lag. Er grummelte zur Begrüßung und seine Augen folgten Sonny, als dieser einen Fisch aus dem großen Kasten an Deck holte, wo er seine Fänge stets aufzubewahren pflegte. Er warf ihn Elvis hin, verschwand dann jedoch unter Deck, um sich einen Drink zu besorgen.Später saß er an Deck, in der einen Hand ein Glas mit Whiskey, in der anderen eine filterlose Lucky Strikes, und blickte auf das Meer hinaus, während er an die arme Frau dachte, die anscheinend nach der Vergewaltigung vor ihrem Peiniger floh. Vielleicht jagte er sie die Straße entlang und als sie den Hang hinunterstürzte glaubte er, sie wäre tot.Icehouse:Great Southern Land: http://www.myvideo.de/watch/2944290/Icehouse_Great_Southern_Land Rico erging es nicht anders als Sonny. Auf der Fahrt nach Hause drehten sich die Bilder des verletzten Mädchens wie ein Karussell in seinem Kopf. Wie sie plötzlich auftauchte, gegen seinen Wagen prallte und durch die Luft flog.Man konnte solche Bilder nicht wegblenden.Rico hielt den Wagen auf dem Parkplatz des Motels an, in dem er immer noch wohnte. Es war nicht übel, aber dennoch nahm er nicht das Wort „Mittelklasse“ in den Mund, wenn er es beschrieb.Das Zimmer mit der Kochecke und dem kleinen Bad war sauber, denn die hübsche mexikanische Putzfrau kam jeden Morgen, um alles zu reinigen.Seine Nachbarn wechselten regelmäßig. Manchmal mochte er sie, aber manchmal freute er sich auch, wenn sie wieder abreisten. Dennoch dachte er oft daran, sich endlich ein Appartement zu suchen. Schließlich wollte er für immer in Miami bleiben. Sein Job ließ ihm aber leider zu wenig Zeit, um sich wirklich intensiv mit der Wohnungssuche zu beschäftigen.Vor acht Tagen zogen zwei Mädchen links in das Zimmer neben seinem. Durch die Wand hörte er die Musik, die aus ihrem Radio drang und oft lachten sie laut. Mehrmals, als sich die eine im Bad aufhielt und die andere im Schlafzimmer, während sie redeten, verstand er sogar, worüber sie sprachen. Er fand es sehr unterhaltsam und erfuhr auf diese Weise, dass sie Urlauberinnen waren, die noch vier Tage bleiben wollten.Als er in seinem Zimmer ankam, warf er das Jackett achtlos auf einen der beiden blaugemusterten Sessel und verschwand erst mal im steril – weiß gekachelten Bad.Nach einem schnellen Imbiss fiel er anschließend todmüde in sein Bett. Seine letzten Gedanken galten jedoch der armen Frau. Wer mochte sie sein?Irgendwann drang ein penetranter Klingelton in sein Unterbewusstsein, aber es dauerte einen Moment, ehe er registrierte, dass es sich um das Telefon handelte.Stöhnend warf er sich herum und tastete nach dem Apparat auf seinem Nachttisch. Er stieß gegen die Lampe, die polternd zu Boden fiel. Ein dumpfes Geräusch sage ihm, dass die Glühlampe geplatzt war.Fluchend richtete er sich auf, um blinzelnd nach dem Hörer zu greifen. „Ja?“„Kommen Sie in einer Stunde zur Besprechung ins Büro, Tubbs“, hörte er am anderen Ende Martin Castillos Stimme.Der Mann klang wie immer emotionslos und korrekt.„Geht klar, Lieutenant“, erwiderte Rico legte auf und dachte automatisch an die junge Frau.Ob sie noch lebte?Einen Moment lang saß er da und starrte den dunklen Fernseher an, der dem Bett gegenüber auf einem zerkratzten Schrank aus hellem Holzfurnier stand.Dass Castillo ihn ins Büro beorderte hieß, dass es möglicherweise neue Erkenntnisse in dem Fall gab, an dem sie gerade arbeiteten. Das wäre gut, denn der Dealer, der gerade versuchte, die Macht an sich zu reißen, ließ auf seinem Weg nach oben bereits etliche Leichen zurück.Rico seufzte. Er schwang die langen Beine aus dem Bett, wobei er einen missbilligenden Blick auf die geplatzte Glühlampe warf. Dann eilte er, den Blick auf die Scherben am Boden gerichtet, um sich nicht zu verletzen, zum Bad.Sei Boss hatte sehr ernst und sehr dringend geklungen.Er dachte an Castillo, der erst seit wenigen Monaten sein Boss war, nachdem Lou Rodriguez erschossen wurde. Rodriguez war zwar ein leicht aufbrausender Mann gewesen, aber er half ihm sehr, als Rico, nach allem, was er sich geleistet hatte, nicht mehr nach New York zurückkehren konnte.Bei Rodriguez hatte man von Anfang gewusst, woran man war... nicht so bei Castillo. Er benahm sich stets korrekt, aber scheinbar ohne Emotionen. Wenn er einen anstarrte, glaubte man, er könnte bis ins tiefste Innere sehen. Es gab auch niemanden, den man nach Castillo fragen konnte. Es schien, als hätte der Mann sich in den letzten Jahren nicht in den Staaten aufgehalten, aber er hatte wohl sehr erfolgreich fürs Vaterland gearbeitet, weil man ihm nach seiner Rückkehr sofort einen leitenden Posten anbot.Eine dreiviertel Stunde später stieß Rico, bewaffnet mit einer Tüte Weintrauben, die Tür zum Großraumbüro auf.Trudy saß an ihrem Schreibtisch und machte sich Notizen, während sie telefonierte, Gina kehrte gerade mit einem Stapel Unterlagen aus dem Kopierraum zurück. Wenig später tauchte Sonny auf. Sein Haar stand wirr in alle Richtungen und Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht. Es schien, als hätte er wenig bis gar nicht geschlafen, und obwohl er entweder Mundwasser benutzt oder ein Pfefferminzbonbon gegessen hatte, roch Rico den Whiskey im Atem des Freundes.Gemeinsam betraten sie den Besprechungsraum, wo sich jeder einen Platz suchte. Castillo kam als letzter herein und nahm am Kopfende nahe der Tür Platz. Wie immer trug er einen schwarzen Anzug, ein blütenweißes, gestärktes Hemd und eine dünne, schwarze Krawatte.Sein Blick huschte einmal über die Anwesenden, wobei er einen Moment länger an Rico und Sonny hängen blieb. „Ich habe einen neuen Fall für Sie“, kam er sofort zur Sache.„Was ist mit dem Fall Rimigio?“, fragte Sonny wie aus der Pistole geschossen.„Darum kümmert sich jemand anders“, entgegnete Castillo. Seine Augen wanderten zu Trudy hinüber, die mit ihren Notizblättern auf dem Tisch herumraschelte, sich nun aber räusperte. „Gina und ich waren im Krankenhaus bei der Frau, die euch heute Morgen vors Auto gelaufen ist. Sie kam kurz zu sich, nannte uns leider nicht ihren Namen, aber sie murmelte etwas von SOB und sprach von El, die von den Scheißkerlen sicher umgebracht wurde“, berichtete sie.Rico, der gerade eine Weintraube nach der anderen in seinen Mund schob, hielt inne. „SOB? Was ist das?“Sein Blick wanderte in die Runde, aber alle schüttelten die Köpfe oder zuckten die Achseln.„Sie erhalten hoffentlich Antworten auf Ihre Fragen, sobald Lieutenant Anderson eintrifft“, sagte Castillo.Ein Notizblatt zur Hand nehmend meinte Gina: „Um auf die arme Frau zurückzukommen: Sie kam nur so halbwegs zu sich, redete zwar, reagierte aber nicht auf Ansprache. Sie trug zwei gebrochene Rippen, eine gebrochene Nase, eine aufgeplatzte Augenbraue und eine weitere Platzwunde am Hinterkopf davon, die allerdings vermutlich von dem Sturz den Abhang hinunter stammt. Ihr linkes Handgelenk ist gebrochen und die Ärztin stellte massive Verletzungen im Genitalbereich fest, die von mehrfachen Vergewaltigungen stammt. Außerdem konnten Crack und Speed nachgewiesen werden, sowie mehrere synthetische Stoffe, die auf den Missbrauch von Ocean Blue hindeuten.“Sie sah Rico an. „Von dem Zusammenprall mit dir stammen die wenigsten Verletzungen.“„Wie tröstlich“, murmelte Rico in seine Weintraubentüte hinein.Es klopfte, dann traten Lieutenant George Anderson und Detective Clark Shepherd von der Mordkommission ein, denen Rico und Sonny ja bereits am Morgen begegneten. Beide wünschten einen guten Morgen, ehe sie auf die beiden freien Stühle - einer rechts neben Trudy, der andere links neben Sonny - zustrebten. Als Anderson sich neben Trudy niederließ, maß er sie kurz mit seinen schokoladenbraunen Augen und schenkte er ihr ein freundliches Lächeln, bei dem sich Grübchen in seinen Wangen bildeten. Er legte einen großen, braunen Umschlag auf den Tisch vor sich.„Kaffee?“, erkundigte sich Trudy höflich.„Ja, danke. Mit Milch, bitte“, antwortete Anderson.„Ich nehme ihn schwarz“, sagte Shepherd und fügte, mit einem freundlichen Lächeln an Sonny gerichtet, hinzu: „Lange nicht gesehen, Sonny.“„Ziemlich lange“, stimmte Sonny zu. Er klapperte mit seiner Kaffeetasse. „Ich hoffe, Sie können uns unsere Fragen beantworten, Lieutenant Anderson. Was ist SOB? Und wer ist El?“, fragte er.

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VIERAnderson räusperte sich erneut, um den richtigen Anfang zu finden. Vielleicht wollte er aber auch nur sicher gehen, dass alle ihm ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenkten.„SOB steht für eine neue Art von Drogenpartys, die zumeist am Strand und sehr spontan abgehalten werden. Daher der Name. SOB steht für Snow On The Beach. Trotz der scheinbaren Spontanität handelt es sich um sehr durchdachte Partys und unsere Informationen darüber sind leider recht allgemein...“, berichtete Anderson schließlich. Er nahm den Umschlag, öffnete ihn raschelnd und zog einen Stapel vergrößerter Fotos heraus.„Wie lange sind Sie an der Sache dran?“, wollte Sonny wissen.Anderson holte tief Luft. „Vier Monate.“Rico, der eigentlich gerade eine Weintraube in seinem Mund verschwinden lassen wollte, hielt inne. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er Anderson an. „Und Sie wissen... nichts?“, staunte er.„Wenig“, korrigierte Anderson und lächelte Trudy erneut an, als diese ihm eine Tasse Kaffee reichte und die Milch herüberschob. „Wie gesagt, die sind sehr gut organisiert, können alles im Handumdrehen auf und wieder abbauen. Wir vermuten deshalb, dass es sich um mehrere Leute handelt, die gut aufeinander eingespielt sind.Die Entscheidung, wann und wo eine solche Party steigen soll, scheint, wie gesagt, eine spontane Angelegenheit zu sein. Wir erhalten Tipps, aber wenn wir ankommen, hat sich die Gesellschaft bereits aufgelöst... „„... wie letzte Nacht im David T. Kennedy Park“, warf Shepherd ein.Stan lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso beschäftigt sich die Mordkommission eigentlich mit irgendwelchen Partys, auf denen Drogen angeboten werden? Ich dachte, das wäre Sache der Drogenfahndung.“„Es gab zwei übelst zugerichtete und vergewaltigte Frauen“, erklärte Shepherd, während Anderson den Satz zum Anlass nahm, um Trudy die Fotos zu reichen. Anderson fuhr fort: „Das erste Opfer lebte noch, als wir es fanden. Sie sprach von einer SOB – Party am Strand. In ihrem Blut fanden die Ärzte einen wahren Cocktail an Drogen, Crack, Speed, aber auch etliche Zutaten für dieses neue synthetische Zeug, das sie Ocean Blue nennen.Das zweite Opfer fanden wir bereits tot auf. Wir setzten Angela Kissling, eine Undercover – Agentin ein, die sich einschleusen sollte. Es gelang ihr Kontakt aufzunehmen. Durch sie wissen wir, dass auf diesen Partys Drogen wie im Supermarkt verkauft werden. Vor allem das synthetische Zeug wirkt schnell und ist billig.An dem Abend, als sie zu einer solchen Party gehen wollte, verloren wir ihre Spur...“Trudy sah die Fotos durch. Sie zeigten die Gesichter und Körper von übelst misshandelten Frauen. Ihre Gesichter waren geschwollen und grün und blau geschlagen. Über den Augen entdeckte sie Platzwunden, Blut verklebte die Haare. Auch die Körper zeugten von schweren Misshandlungen. Sie entdeckte Brandverletzungen von Zigarettenkippen. Andere Verletzungen deuteten darauf hin, dass der Täter ein Messer benutzte, um dem Opfer Muster in die Haut zu schneiden.Anderson griff nach seiner Kaffeetasse und drehte sie auf dem Tisch, als wollte er sich die rosafarbenen Röschen darauf genau ansehen. In Wirklichkeit brauchte er einen Moment, um seine Fassung aufrecht zu halten.„Man schlug sie zusammen, füllte sie mit Drogen ab, vergewaltigte und ermordete sie“, sagte er dann. Seine Stimme zitterte leicht, obwohl er sich redlich bemühte fest zu sprechen. „Kannten Sie die Agentin gut?“, wollte Sonny wissen. Er nahm die Fotos entgegen, die Trudy ihm mit ernster Miene reichte.Anderson antwortete nicht sofort. Er trank einen Schluck Kaffee und starrte auf den Resopaltisch mit den unzähligen Kratzern darauf.Schließlich holte er tief Luft und antwortete knapp: „Ja, wir kannten uns gut.“„Das ist hart“, erwiderte Sonny. Castillos Blick wanderte über seine Mitarbeiter. „Dieser Fall hat oberste Priorität. Was auch immer Sie gerade bearbeiten, legen Sie es zur Seite. Finden Sie heraus, wer die Organisatoren sind und schleusen Sie sich ein, aber lassen Sie allergrößte Vorsicht walten.“Er sprach es aus Rücksicht auf George Anderson nicht aus, aber die Worte schienen dennoch im Raum zu schweben: Ich will keinen von Ihnen verlieren!Anderson erhob sich schwerfällig. Seine dunkelbraunen Augen schweiften über die Anwesenden. „Diese Leute sind sehr gefährlich. Seien Sie also sehr vorsichtig.“Er nickte noch einmal, ehe er ohne ein weiteres Wort hinausging. Shepherd wünschte allen einen schönen Tag, ehe er seinem Boss folgte.Einen Moment lang herrschte betroffene Stille. Dann räusperte sich Larry. „Um diese Partys auf die Beine stellen zu können, braucht es mehr als einen Mann. Da stimme ich Anderson zu.“Rico nickte. „Das denke ich auch. Sie bauen rasend schnell auf und auch wieder ab. Das kann unmöglich einer allein schaffen.“ „Ich will diese Typen von der Straße haben“, erklärte Castillo. Er erhob sich als Zeichen dafür, dass die Besprechung beendet war. Alle anderen standen ebenfalls auf.„Was ist mit Leonardo Rimigio?“, wiederholte Sonny.„Jemand anders wird sich darum kümmern ihn von der Straße zu holen“, entgegnete Castillo. „Sie kümmern sich nur um diese Party!“„Ich denke, wir sollten mal ein paar Takte mit Moreno reden“, schlug Sonny vor.„Und mit dem Noogman“, grummelte Rico. „Der Kerl treibt sich doch auch laufend in der Szene herum.“Sonny nickte, während sein Blick an Gina hing, die vor ihm her ging. Sie sah heute wirklich mal wieder süß aus in ihrem engen, mitternachtsblauen Kleid. Vielleicht sollte er sie bei Gelegenheit noch mal fragen, ob sie Lust auf einen netten, romantischen Abend hatte... falls der Job ihnen genug Zeit ließ.„Wir fahren noch mal ins Krankenhaus“, erklärte Trudy. „Möglicherweise kommt sie noch mal zu sich, kann uns ihren Namen nennen und mitteilen, wer El ist.“„Und heute Abend machen wir einen Zug durch die Gemeinde. Vielleicht finden wir ja heraus, auf welchem Weg sich die Nachricht, dass eine Party stattfindet, verbreitet“, fügte Gina hinzu.„Wir kennen da einige kleiner Fische, denen wir mal auf den Zahn fühlen können“, sagte Stan. „Irgendwoher müssen sie die Drogen beziehen...“„... und auch den ganzen anderen Krempel, den man für so eine Party braucht, müssen sie irgendwie herankarren“, meinte Larry.„Machen wir uns an die Arbeit, Mädels!“, schlug Sonny vor.

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FÜNFSonny hämmerte gegen Izzy Morenos Tür. Sie ächzte unter seinem Ansturm, aber drinnen blieb alles still. Eine ältere Frau, die mit ihrem Einkaufstrolley vorbeiging, warf ihm ängstliche Blicke zu, ehe sie ihre Schritte beschleunigte.„Vielleicht ist er nicht zu Hause“, vermutete Rico. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben.Sonny schnaubte. „Ratten verlassen am liebsten erst nach Sonnenuntergang ihre Behausungen. Glaub mir, er ist da!“Laut brüllte er: „Mach dir Tür auf, Moreno, sonst schlag ich sie ein!“Dabei hämmerte er weiter gegen die Tür, dass das Holz ächzte.Drinnen rührte sich endlich etwas. Eine Tür klappte, schlurfende Geräusche näherten sich der Tür. Dann wurden schabend mehrere Riegel zur Seite geschoben, ehe Izzys verstrubbelter Kopf erschien. Dicke Ränder lagen unter seinen Augen, die er kaum offen halten konnte.„Mann, Crockett und Tubbs...“, begann Izzy, aber Sonny ließ ihm keine Chance sie irgendwie abzuwimmeln. Mit einem festen Stoß katapultierte er die Tür aus Izzys Hand, dass sie krachend gegen die Wand flog.„He, Mann, nach Paragraph keine – Ahnung - nennt man das Hausfriedensbruch“, krächzte Izzy.„Vielleicht versteckst du ja hier irgendwo Drogen, nach denen wir dringend suchen müssen. Dann ist es legal“, konterte Rico, während er sich bereits in Izzys Appartement umsah. Er entdeckte einige Dinge, bei denen er sich sofort fragte, woher jemand wie Izzy Moreno das Geld hatte, um sich so etwas kaufen zu können, wie den neuen Fernseher, die teure Stereoanlage und das Armani – Jackett, das recht achtlos über der Sofalehne lag.„Ich halte mich von allen verbotenen, halluzinogenen Substanzen fern. Sie beeinträchtigen nur das Denkvermögen und einige andere Dinge, über die ich hier jetzt nicht reden werde“, erklärte Izzy.„Dann kann bei dir ja eigentlich nicht besonders viel passieren“, meinte Sonny trocken, wobei sein Blick anzüglich an Izzy hinunter und wieder hinauf wanderte.„Im übrigen arbeite ich“, fügte Izzy hinzu, Sonnys Blick und die Bemerkung absichtlich überhörend.Sonny, der vor einem sehr abstrakten Gemälde stand und sich gerade vergeblich fragte, was der Künstler wohl damit zum Ausdruck bringen wollte, wandte sich erneut um. Erstaunt zog er die Augenbrauen in die Höhe, während er grinsend fragte: „Du arbeitest?“Izzy straffte sich stolz. „Ich biete einen Begleitservice für Damen mit Verpflichtungen, die einen niveauvollen, gebildeten Partner an ihrer Seite benötigen, während sie repräsentieren.“Rico begann lauthals zu lachen. „Und dann rufen sie ausgerechnet dich an?“„Keine Beleidigungen, bitte, Tubbs. Der Isadore Moreno Begleitservice bietet alles, was die Frau von Welt benötigt...“Sonny blickte von Izzy zu Rico und wieder zurück. „Manche haben´s anscheinend verdammt nötig“, meinte er anzüglich. „Aber jetzt haben wir genug herumgeplänkelt. Hast du schon mal von SOB gehört?“Izzy schlurfte in die Küche hinüber, um die Kaffeemaschine zu befüllen. „Nein“, antwortete er, ohne lange nachzudenken. „Was soll das heißen? Service ohne Bezahlung vielleicht?“Rico folgte ihm und als Izzy die Tür eines Hängeschrankes öffnete, schlug er sie ihm aus der Hand. „Falsch, Moreno, aber ich bin nett und gebe dir noch eine Chance.“„Ich habe noch nie von etwas mit diesen drei Buchstaben gehört, Tubbs“, behauptete Izzy weiterhin.„Wir haben drei übel zugerichtete, tote, mit Drogen vollgepumpte Frauen und eine, die bisher noch am Leben ist. SOB ist die Abkürzung für eine neue Art von Party, Izzy. Snow on the beach! Wir wissen, dass die Opfer auf so einer Party gewesen sind...“Izzy verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick drückte deutlich Verärgerung aus. „Ich weiß nichts darüber, Tubbs. Ich halte mich jetzt in den gehobeneren Kreisen auf.“Sonny hatte sich inzwischen Izzys Schallplattensammlung zugewandt, stellte aber schnell fest, dass sein Geschmack sich sehr deutlich von Izzys unterschied. Deshalb stellte er die LPs wieder ins Regal.„Ich denke, du solltest dich mal für uns umhören, Moreno, denn ansonsten sehe ich mich gezwungen, mich mal genauer mit deiner Lizenz für deine Agentur zu befassen. Du besitzt doch eine Genehmigung, um deinen Begleitservice anbieten zu können, oder?“Izzys Blick huschte hektisch hin und her, ein deutliches Zeichen dafür, dass er keine Ahnung hatte, wovon Crockett da eigentlich sprach. Er kannte die beiden Detectives jedoch gut genug, um zu wissen, dass sie ihm einen Haufen Ärger machen konnten, den er nicht brauchte.Er stieß ein kleines, unsicheres Lachen aus. „He, Crockett, immer schön locker bleiben, ja? Sie wissen, doch, dass ich Ihnen immer helfe, wenn ich kann. Ich höre mich mal um und sage Ihnen dann Bescheid.“Rico tippte Izzy gegen dessen mit einem weißen Unterhemd Marke Feinripp bekleidete Hühnerbrust. „Tu´s bald, Moreno. Wenn´s darum geht, dass miese Typen junge Frauen unter Drogen setzen, vergewaltigen und umbringen verstehen wir keinen Spaß und sind nicht sehr geduldig.“Ohne ein weiteres Wort verließen Rico und Sonny das Appartement, um sich auf die Suche nach Noogie Lamont zu machen. Wie Izzy war er ein Kleinganove, der so ziemlich alles zu Geld zu machen versuchte, was sich nicht wehrte, und der sich tagein, tagaus in der Szene herumtrieb.„Glaubst du Moreno, dass er nichts weiß?“, fragte Rico unterwegs. In den wenigen Monaten, die er nun in Miami lebte und arbeitete, lernte er Izzy wie auch Noogie zwar kennen, aber er wusste noch zu wenig von den beiden Männern, um sie wirklich einschätzen zu können.„Moreno weiß immer etwas“, entgegnete Sonny. „Er ziert sich nur manchmal. Mal sehen, ob der Noogman uns mehr erzählen kann.“

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SECHSNoogi Lamont, der Noogman genannt, lehnte lässig an einem Laternenmast und quatschte mit einigen afroamerikanischen Jungs, als Rico und Sonny ihn endlich nach einer zweistündigen Suche entdeckten. Sie dachten bereits darüber nach die Suche abzubrechen, denn Noogie konnte überall und nirgends sein.„Da ist er!“, rief Rico, als Sonny ihm gerade vorschlagen wollte ins Büro zurückzukehren. Der Nachmittag neigte sich inzwischen nämlich dem Ende zu und Sonny war zu dem Entschluss gekommen, dass es besser war, Noogie nach Einbruch der Dunkelheit in den einschlägigen Bars zu suchen.Außerdem hatte Castillo, ehe sie das OCB verließen, noch erklärt, er wolle sie alle gegen fünf wiedersehen, damit sie die Vorgehensweise für den Abend besprechen konnten.Einer der Jungs, mit denen Noogie sich sehr angeregt mit den Händen herumfuchtelnd unterhielt, trug seinen Ghettoblaster spazieren, aus dem Musik dröhnte: I love Rock n´ Roll: http://www.myvideo.de/watch/98379/Joan_Jett_The_Blackhearts_I_Love_Rock_Roll_1982 Ein anderer bewegte sich leicht im Takt und rief einem Mädchen etwas hinterher, das gerade die Straße entlang eilte. Die Hübsche wandte sich jedoch nicht einmal um, sondern tat, als hätte sie nichts gehört.Als der Daytona die Fahrt verlangsamte, blickten die Jungs zuerst recht interessiert herüber. So einen Wagen sah man in dieser Gegend eher selten. Als der Wagen am Straßenrand anhielt, verabschiedeten sie sich jedoch sehr eilig. Manchmal kam es Rico so vor, als stünde auf seiner Stirn Bulle geschrieben oder als verbreiteten Polizisten einen speziellen Geruch, den nur Kriminelle wahrnahmen. So eine Art Eau de Cop, das man auf Lebenszeit anlegte, wenn man sein Diplom entgegennahm.Noogie blieb, lässig an die Laterne gelehnt, zurück. Er grinste breit, als Rico und Sonny sich zu ihm gesellten und hängte seine Daumen in die Gürtelschlaufen seiner hautengen Jeans. „He, was geht ab, Mann?“, fragte er mit seiner etwas quietschig klingenden Stimme.Rico und Sonny stellten sich rechts und links neben ihn, damit er nicht auf die Idee kam abzuhauen. Hinter Noogie stellte der Laternenmast ein unüberwindbares Hindernis dar.„Das fragten wir dich, Noogie“, erwiderte Sonny und grinste ebenfalls. „Irgendwer hält immer wieder Partys ab, die sich SOB nennen“, meinte Rico. „Du hast doch bestimmt schon davon gehört, oder?“Noogie versuchte sich betont cool zu geben. „Sehe ich aus wie ein Partylöwe?“, kicherte er.Rico rückte Noogie etwas näher auf die Pelle, starrte ihn an und erklärte mit gebleckten Zähnen, aber im freundlichsten Tonfall der Welt: „Für mich siehst du aus wie jemand, der uns unbedingt helfen will, weil wir sonst vielleicht etwas finden, dass dich hinter schwedische Gardinen bringt. Wie siehst du das, Sonny?“Sonny nickte zustimmend. „Recht hast du, Rico. Wir finden bestimmt was und im Knast gibt es eine Menge schwere Jungs, die nur auf knackiges Frischfleisch wie dich warten, Lamont. Was denkst du, finden wir, wenn wir uns mal bei dir zu Hause umsehen, Noogie?“Noogie beugte sich etwas vor. Sofort fasste Sonny nach seinem Arm, um zu verhindern, dass er plötzlich lossprintete. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Lamont versuchte sich aus dem Staub zu machen.Noogie wollte sich jedoch lediglich vergewissern, dass ihn niemand sah, wie er mit den beiden Bullen redete. Das war schlecht für sein Image.„Hört zu“, sagte er leise und eindringlich, wobei er fürchterliche Grimassen zog. „Ich weiß nicht, wer die sind und ich weiß nicht, wie das bei denen läuft. Eigentlich will ich es auch gar nicht wissen, denn alles, was ich sagen kann ist, dass sie verdammt gefährlich sind.“Sonny hielt Noogie weiterhin fest. Er sah förmlich die Anspannung in Noogies Körper. Es schien nicht ausgeschlossen, dass der Ganove bei der ersten Gelegenheit doch davonrannte wie ein Hase. „Warst du schon mal auf so einer Party?“, wollte Sonny wissen, aber Noogie schüttelte den Kopf. „Ich sag doch, dass ich kein Partylöwe bin.“Sonny fischte ein Kärtchen mit seiner Undercover – Telefonnummer darauf aus seiner Jacketttasche. „Versuch was in Erfahrung zu bringen und dann rufst du mich an. Klar?“Noogie blickte von Sonny zu Rico und wieder zurück, ehe er nickte. Er wusste, die beiden kamen zurück, wenn er nicht mitspielte.„Verdammt!“, murmelte er, als er den Detectives nachsah. „Der Tag hätte so schön werden können!“Am späten Nachmittag fand eine weitere Besprechung statt, bei der über die Neuigkeiten des Tages und die Vorgehensweise für den Abend gesprochen wurde.“Die junge Frau im Krankenhaus kam für einen Moment zu sich“, berichtete Gina. „Sie sagte, ihr Name wäre Nicky. Den Nachnamen verriet sie uns leider nicht. Sie und ihre Freundin El... vielleicht Elvira, Ellen oder Eleanor wurde von irgendwelchen Leuten zu einer SOB Party eingeladen. Sie sagte, diese Kerle hätten El, aber mehr konnte sie uns nicht mitteilen.“Rico und Sonny umrissen kurz ihre Begegnungen mit Izzy und dem Noogman, während Stan und Larry sich über die von Stan mitgebrachten Donuts hermachten.„Wir konnten noch nichts herausfinden“, mampfte Stan. „Wir trafen zwar zwei der Jungs, nach denen wir gesucht haben, aber sie wusste angeblich nichts.“„Ich glaube, die leiden alle unter Angst“, mischte sich Larry ein. „Wer auch immer hinter diesen SOB Partys steckt, hat einen verdammt langen Arm und eine Menge Einfluss.“Castillo blickte mit unbewegtem Gesicht in die Runde. „Unsere Hauptsorge gilt im Moment der Frau namens El.“„Finden wir heraus, ob es letzte Nacht wieder einen Tipp auf einen Veranstaltungsort gab. Vielleicht kommen wir der Sache auf diese Weise näher“, schlug Sonny vor.Inzwischen lief die Zeit für El!

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SIEBENNicky und El strebten mit einigen anderen Leuten Richtung Strand, wo die Party steigen sollte. Am „Eingang“ stand ein bulliger Typ, der sie und El interessiert musterte und brummte: „Ihr müsst sofort eure Flaschen abgeben und verschwinden, wenn jemand ruft: Die Party ist zu Ende. Klar?“Nicky nickte. „Klar.“Sie ging mit El an ihm vorbei zum Strand hinunter. Der Sand war warm, vom Meer wehte eine angenehme Brise herüber, die leicht nach Salz roch. Die Party war in vollem Gange. Überall standen Leute, die Getränke in den Händen hielten, redeten, lachten, tanzten und sich amüsierten.Nazareth sangen „This Flight Tonight“: http://www.myvideo.de/watch/4955194/Nazareth_This_Flight_TonightDie Stimmen, das Gelächter und die Musik lullten Nicky ein. Sie ließ den Blick über die Gäste schweifen. Die Party war gut besucht. Etliche Paare tanzten, andere standen nur plaudernd und aus Flaschen trinkend beieinander.Links neben ihr stand ihre Freundin... das heißt, dort sollte sie stehen, aber El war nicht mehr da.Seltsam, sie hatte gar nicht bemerkt, dass die Freundin fortgegangen war.Auf der Suche nach ihrer Freundin drehte Nicky sich langsam im Kreis. Schließlich entdeckte sie El´s zitronenfarbenen Rock zwischen den Tanzenden. Der Mann mit dem sie sich im Takt der Musik drehte, war dunkelhaarig und gut aussehend. – Zumindest, soweit sie das bei dem schummrigen Licht der bunten Lampen beurteilen konnte.Nicky bewegte sich leicht im Takt der Musik, bis jemand dicht an ihrem Ohr wisperte: „Du könntest auch mit mir tanzen.“Sie drehte sich um und sah einen gut aussehenden, dunkelhaarigen, recht großen Mann, der sie anlächelte.„Warum nicht?“ Nicky ließ zu, dass er ihr die Flasche aus der Hand nahm und auf einem der wenigen Klapptische abstellte. Es gab keine richtige Tanzfläche, sondern jeder tanzte dort, wo er sich gerade befand. Die Musik wechselte. Jetzt sangen Asia „Heat Of The Moment“:http://www.myvideo.de/watch/6647311/Asia_Heat_Of_The_Moment_HQ „Wie heißt du?“, fragte Nicky, während er sich erst langsam dann immer schneller mit ihr drehte.„Dominic“, antwortete er. „Und du?“„Nicky!“Inzwischen wirbelte er sie mit fast ungeheurer Geschwindigkeit herum. Nicky merkte, wie es ihr schwindelig wurde, wie alles vor ihren Augen verschwamm. Sie wollte Dominic bitten aufzuhören, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie spürte, wie sie vom Boden abhob. Flog sie? Wurde sie getragen? Etwas lag hart auf ihrem Bauch, presste sie gegen eine unebene Unterlage und quetschte ihre Handgelenke.Sie wehrte sich, schlug um sich und schrie......und dann kam sie zu sich.Eine Schwester beugte sich über sie. „Beruhigen Sie sich“, sagte sie lächelnd und streichelte Nicky sanft über die Wange. „Sie sind in Sicherheit. Es kann Ihnen nichts passieren. Es ist alles in Ordnung.“Nicky lag da und starrte die weiß getünchte Krankenhausdecke an. Nur langsam ließ die Versteifung ihrer Muskeln nach und ihr Atem begann sich zu beruhigen, aber sie wusste, dass überhaupt nichts in Ordnung war. Nicht, solange nicht auch El sich in Sicherheit befand.Das Telefon im Daytona klingelte, als Sonny gerade, vom David T. Kennedy Park kommend, auf den Expressway auffuhr. Rico nahm den Hörer ab und lauschte. Er gab einige erstaunt klingende Laute von sich, ohne die Person am anderen Ende wirklich zu unterbrechen. Ab und zu warf er Sonny einen Seitenblick zu, den dieser nicht wirklich zu deuten vermochte.„In Ordnung, danke“, sagte Rico schließlich und legte auf. „Das war Castillo.Der Tipp wegen der SOB Party ging gegen ein Uhr morgens ein. Die Kollegen fuhren mit zivilen Einsatzfahrzeugen dorthin, aber sie fanden nur einige Leute vor, sie es sich am Strand gemütlich gemacht hatten. Nichts besonderes eigentlich. Von einer Party wussten sie angeblich nichts. Bei zwei Leuten entdeckten die Kollegen Drogen in sehr geringer Menge, aber für eine Verhaftung reichte es nicht aus.“Sonny überholte ein BMW Cabrio mit einer kurzhaarigen Blondine am Steuer. Er blickte um Tubbs herum und schenkte der Frau sein strahlendstes Lächeln, aber sie ignorierte ihn vollkommen. Sie blickte so stur geradeaus, als trüge sie unsichtbare Scheuklappen.Rico schüttelte den Kopf. „Angeblich vergingen vom Eingang des Hinweises bis zum Aufkreuzen der Kollegen im Park etwa 20 Minuten. In dieser kurzen Zeit beseitigten diese Typen alles, was in irgendeiner Form mit einer Party zu tun hat. Unglaublich, oder? Wie geht das?“Sonny nickte. „Das ist allerdings unglaublich, aber irgendwie auch seltsam. Da ruft jemand die Polizei an, um ihnen zu sagen, wo die nächste SOB Party steigt, um im nächsten Atemzug die Organisatoren der Party vor der nahenden Polizei zu warnen. Wo ist da der Sinn?“Einen Moment lang herrschte Stille, ehe Sonny fragte: „Tippt Castillo auf einen Maulwurf?“Rico zuckte die Achseln. „ Der Gedanke lässt sich jedenfalls nicht von der Hand weisen, oder? Das Seltsamste weißt du außerdem noch gar nicht...“Sonny seufzte, während er von der Schnellstraße abfuhr und sich Richtung OCB wandte. Er mochte Rico wirklich, aber er gehörte nicht unbedingt zu den geduldigsten Menschen und Rico schaffte es oft, seine Geduld auf eine sehr harte Probe zu stellen.„Hör mal Kumpel, wenn du noch irgendwas weißt, was ich auch wissen sollte, dann sag´s lieber gleich, OK? Ich hasse dieses um den heißen Brei herumreden.“Rico rückte sich etwas zurecht, um Sonny ansehen zu können, wenn er ihm sagte, was Castillo ihm noch verraten hatte. „Ich rede nicht um den heißen Brei herum, ich warte lediglich, bis du eine ungefährliche Geschwindigkeit fährst.“ Rico holte einmal tief Luft. Zum Glück hielt Sonny gerade an einer roten Ampel. „Um mir was zu sagen, Tubbs?“„Der Anruf bezüglich der Party... er ging bei Anderson zu Hause ein.“

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ACHT„Anderson?“ Sonny konnte es nicht glauben. Er warf Rico einen ungläubigen Seitenblick zu, weil er das Gefühl hatte der Freund wollte ihn verarschen, aber Tubbs nickte.„Er selbst gab die Information an die Kollegen weiter“, erklärte er.Die Ampel sprang um und Sonny fuhr mit quietschenden Reifen an. Im Radio lief „Ride like the wind“: http://www.myvideo.de/watch/1018203/Christopher_Cross_Ride_Like_The_Wind Eine Weile rauschte Sonny durch die Straßen der Stadt, ohne etwas zu sagen. Er musste Ricos Neuigkeit erst verdauen und die Informationen sortieren. „Anderson rief also gegen eins die Kollegen an, richtig?“, fragte er schließlich.„So ist es“, stimmte Rico zu. „Ich weiß auch, was du noch sagen willst: Vielleicht wusste er zu dem Zeitpunkt bereits seit einer Stunde oder länger von der Party.“Sonny nickte. „Möglich wäre es, aber einen Sinn ergibt es trotzdem nicht. Beim letzten Mal starb eine Undercover – Agentin, die er gut kannte. Seinem Gesichtsausdruck nach würde ich sagen sehr gut.“„Ja, den Eindruck hatte ich auch... und jetzt wird eine junge Frau vermisst.“ Rico stöhnte auf. „Wie kann ihn das kalt lassen?“Sonny parkte den Daytona auf dem Hinterhof des OCB. „Erpressung?“, fragte er, während er und Rico gemeinsam ins Gebäude eilten.Rico zuckte die Achseln. „Das wäre möglich, aber ich glaube, Castillo will sich selbst darum kümmern.“Gina und Trudy warteten bereits. Beide sahen wir immer großartig aus. Trudy trug ein eng anliegendes, hummerfarbenes Kleid, dessen Rückenausschnitt eine handbreit oberhalb des Hinterns endete, und dessen Dekollete tief blicken ließ.Gina hatte sich für ein himmelblaues Kleid entschieden. Es war nicht ganz so spektakulär wie Trudys Kleid, aber Gina stand nun mal nicht auf diese zu auffallenden Klamotten, während Trudy es liebte zu zeigen, was sie zu bieten hatte.„Und dann fand ich heute tatsächlich zufällig diese tollen Schuhe, die genau zu meinem Kleid passen“, sagte sie gerade zu Gina und drehte den rechten Fuß mit dem hummerfarbenen, hochhakigen Schuh etwas, als müsste sie ihrer Kollegin zeigen, was sie meinte.„Die sehen wirklich gut aus, aber ob das so eine gute Idee ist, sie heute Abend zu tragen?“, fragte Gina skeptisch.„Seid ihr so weit, euch ins Getümmel zu stürzen?“, wollte Rico wissen, wobei er Trudy musterte. Sie sah wirklich zum anbeißen aus. Leider ließ er die einzige Gelegenheit, ihr näher zu kommen, an jenem Abend ungenutzt verstreichen, als er unter dem Namen seines Bruders mit seinen jetzigen Kollegen im gleichen Club saß wie Calderone. Damals war er so besessen von dem Gedanken den Mörder seines Bruders zu verfolgen, dass er Trudy leider viel zu wenig Beachtung schenkte.„Sind wir“, erwiderte Gina.„Gibt es Neuigkeiten von der Frau namens El?“, fragte Sonny, aber Gina und Trudy schüttelten die Köpfe.„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie noch lebt“, meinte Trudy. „Auf geht´s!“http://www.mtv.de/videos/259864-call-me.html Rico und Sonny folgten den beiden Kolleginnen unauffällig durch die lauten und verräucherten Bars und Clubs der Stadt. Sie blieben an der Bar, von wo aus sie Gina und Trudy beobachteten.Die beiden Frauen tranken etwas, redeten, lachten, flirteten und tanzten. Glaubten sie, dass es nicht lohnte länger zu bleiben, zogen sie weiter, verfolgt von ihren beiden Schatten.Als der Morgen graute, schmerzten Trudys Füße höllisch, weil es eben keine gute Idee gewesen war, die neuen Schuhe zu tragen. Auch Gina, Rico und Sonny fühlten sich müde. Alle vier wussten, dass es Tage oder sogar Wochen dauern konnte, bis sie Kontakt zu den Organisatoren der SOB – Partys bekamen... viel zu spät für El.„Wir sehen uns“, seufzte Gina, als sie sich am OCB voneinander verabschiedeten.„Ja“, murmelte Rico nur. Er schielte zu Trudy hinüber und dachte für den Bruchteil einer Sekunde – wirklich nicht länger – darüber nach, sie auf einen letzten Drink einzuladen. Dann aber ließ er es. Ein anderes Mal vielleicht.Sonny versuchte sein Glück bei Gina, aber sie lehnte ab. „Alles, was ich möchte, ist eine Dusche nehmen und danach ins Bett fallen. Nichts hören und nichts sehen, Crockett“, erklärte sie, ehe sie in ihren Wagen stieg.Castillo suchte am Abend Lieutenant Anderson zu Hause auf. Vor dem Haus stieg er aus seinem Wagen und ließ seinen Blick umhergleiten.Die Andersons bewohnten ein recht imposantes Anwesen mit einer gepflegten Gartenanlage direkt am Wasser. Vier Garagen gehörten ebenfalls dazu. Castillo wusste nur zu gut, was Anderson verdiente. Von seinem Gehalt konnte er einen solchen Besitz jedenfalls nicht finanzieren.Castillo ging zur Haustür mit dem Rauchglaseinsatz und dem kunstvollen, schmiedeeisernen Gitter davor und klingelte.Ms. Anderson, eine sehr schlanke Afro – Amerikanerin, öffnete nur einen Moment später die Tür. Im Hintergrund lief im Fernseher irgendeine Quizsendung. „Sie haben noch 10 Sekunden Zeit, um zu antworten“, erklärte der Moderator gerade.„Guten Abend. Ms. Anderson“, erklärte Castillo freundlich und brachte sogar ein Lächeln zustande. Castillo lächelte selten. „Ich bin Lieutenant Castillo von Vice. Ist Ihr Mann zu Hause?“Ms. Anderson gab die Tür frei und Castillo betrat das typisch amerikanische Haus, bei dem der Eingangsbereich gleich in den Wohnraum überging. Im Fernsehen gab der Kandidat gerade offensichtlich die richtige Antwort, denn der Moderator jubelte und das Publikum applaudierte frenetisch.„George ist in seinem Arbeitszimmer“, sagte sie. „Den Flur entlang, zweite Tür rechts.“„Danke“, erwiderte Castillo.Er ging den gefliesten Flur entlang und klopfte an die angegebene Tür. Anderson saß an seinem Schreibtisch. Er machte sich gerade irgendwelche Notizen, als Castillo eintrat, klappte den Ordner aber augenblicklich zu.„Das nenne ich eine Überraschung, Lieutenant Castillo“, sagte er, während er mit der rechten Hand einladend auf einen der drei Sessel wies, die zusammen mit einem runden Glastisch vor dem Fenster standen.Er selbst erhob sich, um ebenfalls dorthin zu gehen.„Was kann ich für Sie tun, Lieutenant Castillo?“, fragte Anderson.Castillo ließ sich im Sessel nieder, aber er saß so aufrecht, als hätte er einen Stock verschluckt und sein Blick hielt Anderson fest.„Wie kommt es, dass die Information über die Party auf Ihrem privaten Telefon einging?“, stellte er eine Gegenfrage.Anderson faltete die Hände im Schoss und blickte auf seinen goldenen Ehering hinunter. Etliche Sekunden verstrichen, während er ganz offensichtlich darüber nachdachte, wie viel er preisgeben konnte und wollte. Dann holte er tief Luft. „Ein Informant, mit dem ich erst seit kurzem zusammenarbeite, gab mir den Hinweis“, erklärte er und sah auf.Für Castillo hatte es etwas zu lange gedauert, bis Anderson antwortete, aber er war klug genug, das nicht anzusprechen. Falls es sich bei Anderson um den Maulwurf handelte, war er jetzt ohnehin vorgewarnt. Sollte er also ruhig glauben, dass Castillo ihm die Geschichte mit dem Informanten abkaufte.„Haben Sie seitdem noch mal mit ihm gesprochen, Lieutetnant Anderson?“Anderson schüttelte den Kopf. „Nein, bisher gab es keine Veranlassung dazu.“Nur Castillos Augenbrauen, die sich für den Bruchteil einer Sekunde nach oben bewegten, zeigten sein Erstaunen an.„Keine Veranlassung, Lieutenant?“, hakte er nach. „Haben Sie vergessen, dass ein Opfer dieser Party im Krankenhaus liegt und ein weiteres vermisst wird?“Anderson erhob sich gemächlich auf und ging ans Fenster, wo er sich seitlich stellte, um nicht nur nach draußen sehen, sondern auch Castillo im Auge behalten konnte. „Hören Sie, Castillo, mir tut leid, was mit den beiden Frauen geschehen ist, aber ich habe keine Möglichkeit meinen Informanten zu kontaktieren. Wenn es Neuigkeiten gibt, ruft er mich an!“Er blickte zu Castillo hinüber. „Sollte er sich melden, erfahren Sie es als erster. Mehr kann ich nicht tun.“Castillo erhob sich. Er wusste, dass er im Moment nicht mehr ausrichten konnte. Er vermutete, dass Anderson der Maulwurf war, konnte es aber noch nicht beweisen.Anderson brachte ihn zur Tür. Dort reichten sie einander die Hände.„Ein sehr schönes Anwesen bewohnen Sie, Anderson“, lobte Castillo, den Blick seiner dunkelbraunen Augen fest auf Anderson richtend.In dessen Gesicht bewegten sich kurz die Wangenmuskeln, als der Mann die Kiefer zusammenpresste. „Danke“, erwiderte er. Er verstand genau, was Castillo ihm mitteilen wollte.Castillo ging zu seinem Wagen. Er spürte Andersons Blick in seinem Rücken, drehte sich aber nicht einmal um, bis er einstieg. Erst dann blickte er noch einmal zum Haus hinüber, wo Anderson vollkommen unbewegt in der offenen Haustür stand.Castillo nickte Anderson zu, aber der Mann erwiderte den Gruß nicht.Als Castillo davonfuhr und einen letzten Blick in den Rückspiegel warf, sah er, dass Anderson immer noch dort stand und ihm nachstarrte.Was würde Anderson jetzt tun?

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NEUNDas Läuten des Telefons durchbrach die frühmorgendliche Stille. Schrill und penetrant klingelte es, bis der Anrufbeantworter ansprang. „Hallo, ich bin zurzeit...!“Der Anrufer legte auf.Nur einen Moment später klingelte es erneut.In einem großen Bett im Nebenzimmer regte sich jemand und warf sich seufzend auf die andere Seite. Noch bevor der Anrufbeantworter ansprang, zog die Gestalt sich ein Kissen über den Kopf. Es dämpfte die Geräusche, verhinderte aber nicht, dass er hörte, wie es zum zweiten Mal und schließlich zum dritten Mal zu klingeln begann.Er quälte sich aus dem Bett, eilte auf nackten Füßen nach nebenan ins Arbeitszimmer, wo er sich den dicken Zeh des rechten Fußes am Metallfuß eines Blumenhockers stieß.Einen unflätigen Fluch ausstoßend humpelte er zum Schreibtisch. Er schaltete die moderne Lampe darauf ein, ehe er nach dem Hörer griff.Das Licht der Schreibtischlampe malte einen Lichtkreis auf den Schreibtisch aus Walnussholz und warf gespenstische Schatten an die Wand.„Ja?“, blaffte der Mann, einen schnellen Blick auf die digitale Uhr an der Wand werfend. Halb fünf!Wer auch immer es wagte, ihn um diese Zeit zu wecken, hatte hoffentlich einen triftigen Grund.„Ich bin´s“, antwortete eine männliche Stimme am anderen Ende.„Haben Sie mal auf die Uhr gesehen? Ich hoffe, Sie haben mich nicht aus dem Bett geworfen, um mir einen guten Morgen zu wünschen“, fauchte der Mann.Er hasste es, wenn man ihn weckte, vor allem, wenn er eine amüsante, aber lange Nacht hinter sich hatte.Der Mann am anderen Ende der Leitung ging nicht darauf ein, ebenso wenig wie auf den gereizten Ton seines Gesprächspartners.„Die Dinge haben sich geändert“, erklärte er. „Ich kann Ihnen ab jetzt keine Informationen mehr liefern.“Der Mann sank in seinen ledernen Schreibtischsessel, der leicht knarzte, als er sich nach hinten sinken ließ.„Was soll das heißen?“, fragte er. Mit einem Mal war er hellwach. Von draußen drang der Morgengesang der Vögel herein, untermalt vom Rauschen des Meeres und dem Raunen des Windes in den Bäumen.„Hören Sie, es ist halb fünf morgens! Ich verspüre nicht die geringste Lust auf Ratespielchen. Also, wie kommen Sie darauf, dass Sie mir keine Informationen mehr liefern werden? Haben Sie vergessen, dass ich am längeren Hebel sitze?“Der letzte Satz klang süffisant. Wie kam dieser Trottel darauf, dass er bestimmte, wann Schluss war mit dem Liefern von Informationen?Er schaukelte ein bisschen in dem ledernen Sessel hin und her, um irgendwie seine Ungeduld zum Ausdruck zu bringen, auch wenn das außer ihm niemand sah.Der Mann am anderen Ende der Leitung räusperte sich. „Nein, das habe ich ganz sicher nicht vergessen, aber ich kann keine Einsicht mehr nehmen in Unterlagen, die den Fall betreffen. Die Sache liegt jetzt in den Händen von Vice.“Der Mann in dem Arbeitszimmer hörte auf zu schaukeln. „Vice?“, wiederholte er.„Ja, Vice“, bestätigte der Informant.„Wie konnte das passieren?“ Der Mann im Ledersessel spürte, wie Ärger in ihm aufstieg.Der Informant schnaubte. „Das kann ich Ihnen genau sagen: Zu viel Drogen im Blut der Opfer, zu wenig Erfolg bei der Drogenfahndung und der Mordkommission und schon kommt in der obersten Etage jemand auf die Idee, mal jemand anders auf die Sache anzusetzen. Jetzt liegt der Fall auf Castillos Tisch.“Einen Moment lang war es still. Irgendwo im Haus klappte eine Tür. Der Mann wusste, dass die Haushälterin nun ihren Dienst begann. Die Frau war wirklich zuverlässig wie ein Uhrwerk.„So, wie ich das sehe, gibt es nur zwei Möglichkeiten“, sagte der Mann.„Und die wären?“, hakte der Informant nach und hörte tatsächlich auf zu atmen.Der Mann ließ einen Moment verstreichen, ehe er antwortete. Er wollte sicher sein, dass sein Informant so lange die Luft anhielt, bis seine Lungen beinah platzten.„Sie versuchen weiterhin an brauchbares Material für mich heranzukommen oder...“ Er legte erneut eine Pause ein und ein böses Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich denke, Sie wissen, was sonst geschieht.“„Das können Sie nicht machen!“, protestierte der Informant. „Ich habe alles getan, was Sie wollten, aber jetzt geht es eben nicht mehr...“Der Mann unterbrach ihn barsch. „Das ist nicht mein Problem, aber wenn meine Informationen versiegen, haben Sie ein gewaltiges Problem!“Dann legte er einfach auf.Er drehte den Schreibtischsessel, sodass er den Sonnenaufgang beobachten konnte. Die Strahlen der Sonne tasteten sich über das Meer und schienen es in Gold zu verwandeln. Genau das hatte er auch tun wollen... bildlich gesehen. Und jetzt?Wütend drehte er den Schreibtischsessel herum, griff nach dem erstbesten Gegenstand, einem Bleikristall – Aschenbecher, und knallte ihn gegen die Wand. Das Glas zerplatzte zu Tausenden kleiner Splitter, die überall herumflogen.„Vice!“, fauchte er wütend. „Immer wieder Vice!“Dann aber wurde ihm klar, was das bedeutete. Plötzlich wurde er ruhig und ein Lächeln, das sich zu einem breiten Grinsen ausweitete, zog über sein Gesicht. Er kannte die Visagen dieser Typen, aber sie hatten sein Gesicht höchstens ein oder zwei Mal gesehen und sie wussten nicht, dass er dahintersteckte.Was er brauchte, war ein guter Plan, aber zuerst musste er noch etwas sehr dringendes erledigen.Der Mann sprang auf, rannte ins Schlafzimmer und schlüpfte in seine Klamotten. Wenige Minuten später verließ er leise das Haus.

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ZEHNSonnys Schritte verursachten ein dumpfes Geräusch, als er über den hölzernen Steg zur St. Vitus Dance eilte. Elvis hörte ihn kommen. Er begrüßte seinen Herrn mit einem lauten Brummen und sperrte sein zahnbewährtes Maul auf wie ein hungriges Vogeljunges.„Schon gut“, murmelte Sonny.Er öffnete die Klappe zur Box. „Da werde ich wohl heute noch angeln müssen“, meinte er, holte den letzten Fisch heraus und warf ihn Elvis zu. Der Alligator fing die Beute auf und grummelte erneut, als wollte er sich bedanken.Sonny lief nach unten und fiel nach einer Dusche ins Bett, aber Schlaf fand er nicht. Er dachte dauernd an das, was Rico ihm gesagt hatte. Der Informant rief Anderson zu Hause an. OK, wenn er eng mit der Person zusammenarbeitete, hatte er ihm vielleicht seine Privatnummer gegeben. Warum aber versuchte Anderson nicht über diesen Informanten die Undercover – Agentin zu retten?Außerdem fragte er sich, ob Anderson wirklich sofort die Kollegen angerufen und zum David T. Kennedy Park geschickt hatte.„20 Minuten“, grummelte Crockett. „Wie viele Leute braucht man, wenn man in dieser kurzen Zeit eine verbotene Riesenparty auflösen will?“Er grinste. Wenn man bei der Polizei arbeitete, brauchte man eine Person... na, vielleicht zwei... und ein Auto mit einem Blaulicht.Dann wurde er wieder ernst. Sich auf die andere Seite wälzend stellte er sich die Frage erneut.Man musste sehr gut organisiert und aufeinander eingespielt sein, soviel stand fest. Vielleicht besaßen sie auch eine leicht zu verstauende Ausrüstung: Musikanlage inklusive Schallplatten, Getränke und Gläser für viele Leute, eine Möglichkeit, diese Gläser zu spülen, vielleicht eine Kühlanlage für die Getränke... nein, eine leicht zu verstauende Ausrüstung war das wohl eher nicht.Wieder warf er sich herum, schaltete das Licht an, stand auf und holte sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank.Vielleicht waren die Sachen irgendwo eingebaut. Man musste sie gar nicht verstauen...Plötzlich grinste Sonny.Gegen Mittag holte Sonny Rico ab, um mit ihm zusammen ins OCB zu fahren.Im Radio lief leise: „Who can it be now“: http://www.myvideo.de/watch/2370483/Men_at_Work_Who_Can_It_Be_Now „Ich habe über Anderson und die Organisatoren der Party nachgedacht, Tubbs“, sagte Sonny.„Dann sind wir schon zwei“, erwiderte Rico. „Zu welchem Ergebnis bist du gekommen, Crockett?“„Dass es sich um Erpressung handelt, darüber müssen wir sicher nicht diskutieren, oder?“Rico schüttelte den Kopf. „Absolut nicht. Wenn Anderson tatsächlich dahinterstecken sollte, was wir vermuten, aber nicht wissen, kann es eigentlich keinen anderen Hintergrund haben. Interessanter finde ich die Sache mit der Geschwindigkeit, in der diese Typen alles auf – und wieder abbauen...“Sonny nickte, während er auf den Hinterhof des Gebäudes fuhr, in dem das OCB untergebracht war. „Um so eine Party auf die Beine zu stellen brauchst du eine Menge Sachen, vor allem, weil du vermutlich nie weißt, wie viele Gäste du an dem Abend haben wirst. Ich denke, sie benutzen einen umgebauten Trailer...“„...oder einen Truck“, fügte Rico hinzu.Sonny schaltete den Motor aus und würgte „Men at work“ ab.„Oder einen Truck“, bestätigte er. „Man muss nichts verstauen, weil alles fest darin eingebaut ist. Kommt die Warnung, macht man einfach alle Schotten dicht und verschwindet. Bei der großen Zahl an Trailer und Trucks, die tagtäglich in der Stadt unterwegs sind, dürfte es fast unmöglich sein sie zu erwischen.“Die beiden Detectives marschierten durch das Gebäude zum Großraumbüro, in dem ihre Schreibtische standen. Stan und Larry waren nicht da, Gina telefonierte. Die dampfende Kaffeetasse auf Trudys Schreibtisch machte deutlich, dass sie nur mal kurz weggegangen war.Auf dem Weg zum Büro des Lieutenants passierten Rico und Sonny Ginas Schreibtisch. Sie gab ihnen mit der Hand hektische Zeichen, dass sie warten sollten.„Genauer können Sie es mir nicht sagen?“, fragte sie und lauschte einen Moment. „Ja, das verstehe ich. Danke für die Information.“Gina legte auf. Mit ernstem Gesicht blickte sie von Sonny zu Rico und wieder zurück. Ehe sie jedoch dazu kam zu sagen, worum es in dem Telefonat gegangen war, tauchte Castillo in der Tür seines Büros auf.„Kommen Sie bitte alle in mein Büro“, ordnete er an. „Wo ist Trudy?“In diesem Moment öffnete Trudy die Tür zum Büro. Sie hörte Castillos Frage. „Hier“, antwortete sie.Alle vier folgten Castillo in dessen nüchtern eingerichtetes Büro mit den schwarzen Möbeln.„Ich war gestern Abend bei Anderson“, erklärte Castillo. „Sollte er der gesuchte Maulwurf sein, ist er jetzt gewarnt. Ich möchte, dass Sie sich deshalb vorsichtig verhalten.“Sein Blick wanderte zu Rico und Sonny hinüber, die neben der Tür an der Wand lehnten. „Ich will, dass Sie Gina und Trudy nicht aus den Augen lassen!“Wie auf ein geheimes Zeichen hin nickten Rico und Sonny.Castillo sah Gina und Trudy an. Gina saß auf dem Sofa, Trudy lehnte lässig an dem Aktenschrank. „Sie gehen keine Risiken ein! Tote Helden gibt es schon zu viele.“„Klar, Lieutenant“, sagte Trudy.„Ich hatte gerade einen Anruf aus dem Krankenhaus, Lieutenant“, erklärte Gina. „Nicky ist tot!“

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ELFEinen Moment lang war es so still in Castillos Büro, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Dann fragte Sonny: „Was, zum Teufel, ist passiert? Ihr habt doch gestern erst erzählt, dass sie zeitweise zu sich kam.“Gina nickte. „Stimmt, aber irgendwann in den frühen Morgenstunden schlich sich jemand in Nickys Zimmer und erstickte sie mit einem Kissen“, erklärte Gina. „Als die Nachtschwester gegen vier Uhr nach ihr sah, war noch alles in Ordnung, als ihre Kollegin gegen sieben ins Zimmer ging, war sie tot.“„Und die einzigen, die wussten, dass ein Opfer überlebte, waren Polizisten“, sagte Rico.Sonny blickte den Lieutenant an. „Anderson wusste, dass sie lebt...“„... und Shepherd wusste es ebenfalls“, fügte Larry hinzu.Castillo nickte. „Uns fehlen jedoch die Beweise. Zito, ich möchte, dass sie sich mal die Finanzen der beiden Herrn ansehen. Vielleicht gibt es dort einen Hinweis. Switek, Sie fahren ins Krankenhaus. Wir brauchen ein aussagefähiges Foto von Nicky, mit dem Sie die Vermisstendatei durchgehen können.Crockett, Tubbs, Sie überwachen, wie besprochen Gina und Trudy.“Castillos schwarzes Telefon klingelte. Wer saß, erhob sich, die anderen stießen sich von der Wand oder vom Schrank ab und eilten zur Tür, während Castillo sich meldete.http://www.myvideo.de/watch/5121387/Eddie_Rabbitt_I_Love_A_Rainy_Night Schnell kam der Abend. Trudy eilte, nur mit einem Handtuch um den schlanken Körper zum Kleiderschrank, um die Garderobe für den Abend auszuwählen. Sie entschied sich für ein zitronengelbes, enges Kleid mit einem tiefen Rückenausschnitt und einem gewagten Dekollete. Damit kehrte sie ins Bad zurück.Gina hatte sich für ein saphirblaues Kleid entschieden, das ebenfalls eng saß, aber etwas weniger gewagt war.Sie stand vor dem Spiegel mit der eingeschalteten Beleuchtung und schminkte sich sorgfältig.Trudy legte Holzschmuck an, der ihrer Meinung nach am besten zu der Farbe des Kleides passte, und trug etwas Parfüm auf, ehe sie sich zufrieden betrachtete. Danach verließ sie das Appartement, um zu Gina in den Wagen zu steigen.„Dann wollen wir mal“, sagte Gina, als sie losfuhr.Sonny hatte sich umgezogen und sogar eine Sekunde lang darüber nachgedacht sich zu rasieren, aber dann ließ er es. Er trug eine weiße Leinenhose und ein himmelblaues T – Shirt unter einem dunkelblau – weiß gemusterten Jackett.Mit einem letzten Blick auf die Uhr eilte Sonny an Elvis vorbei, der nahe der Tür zum Bad lag und ihn anstarrte.Es wurde Zeit, Rico abzuholen.Rico hatte sich an diesem Abend für eine Jeans und ein kiwigrünes Hemd entschieden. Er legte seine Uhr an und etwas Duft auf, wobei er immer wieder lauschte. Normalerweise brezelten sich jetzt die beiden Mädels nebenan auf, aber dort blieb alles still. Wenn ihn sein Erinnerungsvermögen nicht trog, reisten sie in zwei Tagen wieder ab.Rico blickte auf seine goldene Armbanduhr. Es war knapp sieben. Vielleicht waren die Damen längst unterwegs, um diese letzten beiden Tage so ausgiebig wie möglich zu genießen.Rico grinste sich im Spiegel noch einmal an, ehe er, das Licht hinter sich löschend, hinauseilte.Sonny kam nur einen Moment, nachdem Rico die Straße vor dem Motel erreichte. Sie fuhren in die Stadt, wo sie mit Gina und Trudy vor dem Asgard verabredet waren.Die beiden Frauen, in deren Handtaschen sich Sender verbargen, waren schon da. Sie unterhielten sich vor dem Eingang, als könnten sie sich nicht einigen, ob sie hineingehen sollten oder nicht.„Da sind sie“, murmelte Gina, als sie Rico und Sonny entdeckte.„OK“, entgegnete Trudy, fasste Gina unter und beide betraten den Club.DuranDuran sangen „Hungry like the wolf: http://www.spike.com/video/duran-duran-hungry/2788010 Stimmen schwirrten und Rauch waberte in der Luft. Unter dem bunten, zuckenden Licht der Discokugel drehten sich etliche Paare zu den Klängen der Musik.Gina und Trudy schlängelten sich zur Bar durch, wo sie Drinks bestellten.Rico und Sonny suchten sich einen anderen freien Platz an der Theke, von wo sie die beiden Frauen beobachten konnten.Es dauerte nicht lange, bis zwei südländisch aussehenden Typen, vermutlich Kolumbianer, sich zu Gina und Trudy gesellten. Der eine sagte etwas, woraufhin die Frauen lachten. Sie ließen sich einen Drink spendieren und tanzten. Einmal schlug Trudy ihrem Verehrer spielerisch auf die Hand, als diese zu frech wurde. Sie sagte etwas, woraufhin er dümmlich grinste.Als beide Frauen Richtung Waschraum marschierten kamen sie nah an Rico und Sonny vorbei. Sonny beugte sich vor und fasste Gina am Arm..„Und?“, fragte er leise.Für die beiden Typen, die alles beobachteten, musste es so aussehen, als versuchte Sonny Gina anzubaggern.Gina seufzte. Sie blickte zu den beiden Kolumbianern hinüber, die sich nun mit einem Mann unterhielten, der gerade erst hereingekommen war. „Harmlose, kleine, kolumbianische Jungs, die nur ein bisschen spielen wollen. Nichts für uns. Wir gehen gleich ins Atlantis.“Dann ging sie weiter, nicht ahnend, dass die Würfel für den Abend längst gefallen waren.

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ZWÖLFGary Numan: Cars: http://vodpod.com/watch/1461866-gary-numan-cars Den Ort für die Party hatte er sich bereits vor einigen Wochen ausgeguckt und immer mal wieder darauf geprüft, ob er sich wirklich eignete. Jetzt rumpelte der Truck im Schutz der Dunkelheit über einen der Zufahrtswege hinunter Richtung Strand.Am erwählten Standort hielt er an, seitlich zum Meer, aber in Fluchtrichtung. Wenn die Warnung einging, musste alles sehr schnell gehen. Dann durften sie sich nicht damit aufhalten, das große Fahrzeug erst zu drehen.Zwei Leute sprangen aus dem Führerhaus des Trucks, während es im Inneren des Anhängers bereits rumorte. Die beiden, die im Führerhaus gesessen hatten, lösten nun die Verankerungen an der rechten Seite. Scharniere schabten leise über Metall, ehe die Männer die komplette rechte Seite herunterklappten. Innen war eine Treppe angebracht, die sie ausklappten. Das Geländer wurde aufgerichtet und rastete ein. Dach nahm einer der Männer von einem der beiden Männer im Inneren des Trucks einige Stehtische entgegen. Der vierte Mann kümmerte sich inzwischen um die Bar, die sich zusammenschieben ließ. Die Getränkeflaschen waren in Kühlboxen untergebracht, wo sie auch verblieben, bis die Gäste sie orderten. Gläser gab es keine. Alles, was sie später aufhalten konnte, musste vermieden werden.Das Aufbauen dauerte nur etwas mehr als eine halbe Stunde. Die vier Männer, die kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten, blickten auf ihre goldenen Armbanduhren und grinsten sich an. „Das macht uns keiner nach“, behauptete einer von ihnen.Im Inneren des Trucks wurde der erste Song aufgelegt.http://www.myvideo.de/watch/4421102/Hot_Stuff_Donna_Summer Über den Zufahrtsweg rumpelte ein unauffälliger, weißer Lieferwagen ohne Aufschrift heran. Er stoppte hinter dem Truck und ein südländisch aussehender, junger Mann sprang heraus. „Hier ist Nachschub“, sagte er, während er mit einem schabenden Geräusch die Seitentür aufschob. „Eine Menge hübsches Ocean Blue und einige andere nette Sachen.“Er zog einen größeren Karton aus dem Fahrzeug, den er einem der Männer reichte.„Der Preis bleibt wie verabredet, Estefan?“, fragte der Mann, der den Karton entgegennahm.Estefan nickte und griff nach dem großen, braunen Umschlag, den ihm ein anderer Mann reichte. Nachdem er ihn öffnete, zog er ein Bündel Geldscheine hervor, dass er schnell durchblätterte. Dann schob er es in den Umschlag zurück, schloss die Seitentür und umrundete das Fahrzeug. Einen Moment später verschwand der Lieferwagen in der Dunkelheit.Fest entschlossen diese Lokalität und die beiden kolumbianischen Jungs hinter sich zu lassen, verließen Gina und Trudy den Waschraum. Es war jetzt beinah Mitternacht und sie verspürten nicht die geringste Lust, ihre Zeit weiterhin zu vertrödeln.Sie lächelten Rico und Sonny zu, als sie an den Beiden vorbeigingen und die Kollegen erwiderten die Geste.„Es war nett euch kennen gelernt zu haben, aber wie beide haben beschlossen, dass wir hier verschwinden“, erklärte Trudy, als sie die Kolumbianer erreichten.„Ja, es ist nicht besonders viel los in diesem Club“, erwiderte einer der Männer und drehte beinah gedankenverloren sein Glas in der Hand, in dem sich nur noch ein Schluck befand.„Warum kommt ihr nicht mit uns auf eine tolle Party unten am Strand?“, fragte der andere. „Ein Freund von uns war gerade hier und lud uns ein.“„Eine Party am Strand?“, hakte Gina nach. „Ja, das klingt toll. Was meinst du?“ Sie sah Trudy an und diese nickte.Als sie gemeinsam den Club verließen, sah Trudy sich noch einmal nach Rico und Sonny um. Ausgerechnet jetzt drängte ein Pulk Touristen herein, sodass sie befürchtete, die beiden Kollegen sähen vielleicht nicht, dass sie hinausgingen.Sie bemerkte jedoch, dass Rico sich streckte.„Gina und Trudy gehen“, wandte er sich an Sonny.Schnell bezahlten sie die Rechnung, ehe sie ebenfalls hinausdrängten. Sie entdeckten die beiden Kolleginnen, die gerade in einen schwarzen BMW einstiegen.Die Fahrt dauerte etwa eine viertel Stunde und endete in einem Park direkt am Meer. Schon von weitem wehten Musikfetzen herüber.http://www.myvideo.de/watch/4674606/Jump_Pointer_Sisters „He, passt auf, Mädels“, meinte der Mann, der zuvor Interesse an Trudy signalisierte. „Wir müssen noch was geschäftliches erledigen. Ihr könnt ja hier auf uns warten.“Trudy schnaubte. „Sehen wir aus, als hätten wir es nötig zu warten?“ Sie fasste Gina am Arm und beide gingen einfach davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.Rico und Sonny mischten sich unter die Gäste. Vom Autotelefon aus hatte Sonny Castillo darüber informiert, wo die Party dieses Mal stattfand.„Gut“, hatte Castillo geantwortet. „Verlieren Sie Gina und Trudy nicht aus den Augen!“Ehe sie ausstiegen meinte Sonny: „Du passt auf Trudy auf, ich behalte Gina im Auge.“Rico nickte nur.Weitere Gäste fanden den Weg zur Party. Die Musik wechselte.http://www.dailymotion.com/video/x34fja_alan-parsons-project-eye-in-the-sky_music Rico und Sonny versuchten die beiden Kolleginnen nicht aus den Augen zu verlieren, aber das war alles andere als einfach. Sie hatten keine Ahnung, woher all die Leute wussten, dass eine Party stieg, aber Rico und Sonny schätzten, dass sicherlich bereits um die 40 Leute den Strand, die Stehtische und die Plätze um den Truck herum bevölkerten.Einige tanzten, andere standen nur herum, tranken aus Flaschen und amüsierten sich.Jemand stupste Rico an und meinte: „Wenn es heißt: Die Party ist zu Ende bringt ihr unverzüglich eure Flaschen zum Truck und verschwindet. Klar?“„Sicher“, antwortete Rico, während Sonny nur die Augenbrauen hochzog.Erst, als der Kerl weitermarschiert war, raunte Sonny Rico zu: „Straff durchorganisiert.“Rico nickte. „Nur so lässt sich erklären, wieso man sie bisher nie erwischte.“Er und Sonny suchten nach Gina und Trudy. Sie sahen, dass jemand Gina ansprach. Sie nickte und beide gingen dorthin, wo bereits einige Paare tanzten.Die Musik wechselte erneut. http://www.myvideo.de/watch/2003231/Foreigner_Urgent_1981 Er stand an einem der Stehtische und ließ den Blick über die Gäste schweifen. In seinem Inneren kribbelte es. Das war immer so, seit er herausgefunden hatte, dass er es liebte, Frauen zu jagen. Er brauchte diesen Kick regelrecht. Sie hilflos in seiner Gewalt zu haben, turnte ihn mehr an als alles andere.Mit einem Mal entdeckte er die beiden Bullen. Sie standen etwas unschlüssig herum, hatten die Hände in den Hosentaschen vergraben und blickten sich ebenso um wie er es tat.Ihm war jedoch klar, dass sie aus einem anderen Grund taten. Sie überwachten jemanden, vermutlich eine Polizistin, da war er sicher. Aber wen?Der Gedanke, sich vielleicht vor den Augen dieser beiden Cops die Polizistin zu schnappen, klang verlockend. Es reizte ihn mit der Polizei zu spielen, sie an der Nase herumzuführen und ihnen zu zeigen, dass sie machtlos waren.Seine Augen wanderten über die Gäste. Er war sicher, dass er sie erkannte, wenn er sie sah. Und dann entdeckte er wirklich eine Frau, die aussah, als könnte sie ein Bulle sein... und sie war genau seine Kragenweite. Er stupste ein Mädchen an, dass er kannte, weil sie bei jeder Party auftauchte. Sie warf eine Menge von den bunten Pillen ein und wenn sie kein Geld hatte, bezahlte sie mit Gefälligkeiten.Nachdem er ihr etwas ins Ohr flüsterte nickte sie und nahm begeistert als Bezahlung zwei Tabletten Ocean Blue entgegen, die sofort in ihrem Mund verschwanden. Wenn man das Zeug im Mund zerfallen ließ, nahmen die Schleimhäute es noch schneller auf. Er ließ sie stehen, besorgte zwei Drinks, ließ unbemerkt eine Tablette Ocean Blue in einen hineingleiten und wartete einen Moment, bis sie zerfallen war. Dann schlängelte er sich zwischen den Gästen durch.Rico sah die ganze Zeit zu Trudy hinüber, bis er plötzlich spürte, dass jemand ihn beobachtete. Bevor er den Kopf etwas drehte, erhaschte er für den Bruchteil einer Sekunde den Blick eines Mannes, der ihm bekannt vorkam. Der Mann grinste ihn sogar an und nickte ihm freundlich zu, setzte aber seinen Weg fort.Wo habe ich den schon mal gesehen? , dachte Rico. Als sein Blick dem Mann folgte, begegnete er den Augen einer jungen, gutaussehenden Frau, die ihn interessiert musterte.Sein Blick wanderte an ihr hinunter. Schmales Gesicht, gut gebauter Körper, der sich unter einem weißen, engen Kleid mit tiefem Dekollete abzeichnete.Sie lächelte ihn an und deutete auf die Tanzenden, um ihn zu fragen, ob er Lust hätte ebenfalls zu tanzen.Rico hätte gern ja gesagt, aber er war nicht zu seinem Vergnügen hier. Deshalb setzte er ein bedauerndes Gesicht auf und schüttelte den Kopf. Mist, warum liefen ihm solche süßen Frauen immer über den Weg, wenn er im Dienst war? Oder er traf sie, weil sie irgendwas mit dem Fall zu tun hatten, an dem er gerade arbeitete.Die junge Frau hob ihre Flasche, um ihm zuzuprosten. Rico zeigte ihr an, dass er kein Getränk hatte und sie wies Richtung Truck, um ihm zu verdeutlichen, dass er dort etwas bekommen könnte. Wahrscheinlich hoffte sie, dass er ihr auch etwas mitbrachte.Dann kam sie auf ihn zu. Ihr Gang war nicht mehr besonders sicher und ließ die Vermutung zu, dass sie bereits etliche Drinks intus hatte. Mehrmals knickte sie um, denn die hochhakigen Schuhe, die sie trug, eigneten sich nicht für den Strand.Ricos Interesse sank. Frauen, die tranken, waren nicht sein Fall, egal, wie hübsch sie waren.Sie stolperte auch prompt gegen jemanden, der sie instinktiv auffing. Sofort schenkte sie diesem Mann ihre Aufmerksamkeit und vergaß Rico, der nun den Blick dorthin wandte, wo Trudy gerade eben gestanden hatte...Sie war weg!

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DREIZEHN „Als ich sie zuletzt sah, stand sie unweit des Stehtisches“, sagte Rico, nachdem sie Gina informiert hatten, und deutete auf den Tisch, der am weitesten vom Truck entfernt stand.„Sie redete mit einem Kerl“, erinnerte sich Gina. „Das konnte ich beim tanzen sehen.“„Kannst du ihn beschreiben?“, wollte Sonny wissen, aber Gina schüttelte den Kopf. Er sagte nicht, dass er ebenfalls für einen kurzen Moment abgelenkt gewesen war, weil ein Mädchen gegen ihn taumelte. Sie hing sich an seinen Hals und er musste ihr sehr deutlich klarmachen, dass er nicht an einer näheren Bekanntschaft mit ihr interessiert war.In diesem Moment tauchten die von Castillo informierten Kollegen auf. Dieses Mal hatte anscheinend niemand die Organisatoren gewarnt, sodass keine Zeit blieb, um alles zusammenzupacken und zu verschwinden.Panik brach aus. Die Stehtische stürzten um, Flaschen landeten auf dem Boden, der Inhalt versickerte im heißen Sand. Etliche Leute versuchten erfolglos zu fliehen.Rico, Sonny und Gina sonderten sich von den anderen ab, um Castillo zu treffen. Der Lieutenant blickte einen nach dem anderen an und fragte: „Wo ist Trudy?“Rico holte tief Luft. „Verschwunden. Ich habe einen Moment lang nicht aufgepasst.“„Orten wir den Sender“, befahl Castillo, wandte sich ab und eilte mit langen Schritten zu seinem Wagen.Rico überschüttete sich mit Selbstvorwürfen, während er mit Gina und Sonny zum Daytona eilte. Er hätte nicht wegsehen dürfen. Es war seine Aufgabe gewesen Trudy im Auge zu behalten. Stattdessen flirtete er mit irgendeiner hübschen Frau, die nicht mehr gerade auf ihren Beinen stehen konnte.„Gina fährt mit mir“, sagte Castillo, als sie ihre Fahrzeuge erreichten. Seine Stimme klang ruhig wie immer, und doch hatte Rico das Gefühl einen wütenden Unterton herauszuhören. Vollkommen berechtigt, wie er fand.Im Daytona sitzend schaltete Rico das Ortungsgerät ein. Er fragte sich, was genau passiert war. Trudy wäre nie freiwillig mit jemandem mitgegangen, aber er konnte sie auch nicht weggetragen haben. „Ich habe nur einen Moment lang woanders hin gesehen, Sonny“, erklärte Rico. „Wie brachte er sie dazu mit ihm zu gehen?“Das Ortungsgerät begann leise zu piepen, das kleine rote Licht blinkte in regelmäßigen Abständen auf.„Verdammt, in welche Richtung soll ich fahren, Tubbs?“, fragte Sonny.„Zuerst mal raus aus dem Park“, erwiderte Rico, ohne nachzudenken.Sonny gab Gas. „Sehr witzig, Tubbs! Wirklich!“http://www.youtube.com/watch?v=abZIWqVelzg Sonny fuhr in viel zu hohem Tempo die Wege entlang Richtung Straße. Er kniff die Lippen aufeinander und starrte angestrengt durch die Scheibe nach draußen. Die Bäume wirkten wie gigantische Ungeheuer, deren Zweige nach dem Daytona zu greifen schienen.„Wie lange hast du sie aus den Augen gelassen, Tubbs? Fünf Minuten? Zehn?“„Ich denke nicht, dass es fünf Minuten waren“, antwortete Rico. „Vielleicht drei... vier. Verdammt, Crockett, woher hätte ich wissen sollen, dass der Killer es schafft, sie in so kurzer Zeit kampfunfähig zu machen und wegzuschleppen, ohne dass jemand es sieht?“Der Daytona schoss auf die Straße zu.„Rechts oder links?“, fragte Sonny.„Rechts“, entgegnete Rico, ohne wirklich darüber nachzudenken. Er schenkte seine ganze Aufmerksamkeit dem kleinen Gerät auf seinem Schoss und hoffte, dass es ihm schnellstens die Nähe des Senders anzeigte.Gleichzeitig versuchte er sich zu erinnern, ob irgendjemand sich Trudy näherte, bevor er abgelenkt wurde. Plötzlich fiel ihm der Mann ein, der ihn angelächelt hatte. Er war ihm bekannt vorgekommen, aber woher? Andererseits kannte Rico viele Leute und das allein reichte nicht aus, um jemanden zu verdächtigen... und doch!Sonny raste mit quietschenden Reifen nach rechts und bremste einen anderen PKW aus. Der Fahrer drückte auf die Hupe, aber Sonny knurrte nur: „Ja, du mich auch!“„Da war ein Kerl...“, begann Rico. „Südländer. Jung. Höchstens Mitte 20. Etwa unsere Größe. Er ging in Trudys Richtung.“Sonny machte eine wegwerfende Handbewegung, wobei er Rico einen ironischen Seitenblick zuwarf. „Der dürfte nicht schwer zu finden sein. Von der Sorte laufen höchstens ein paar Tausend in Miami herum.“„Mach dich nicht lustig über mich, Sonny! Ich weiß selbst, dass ich Mist gebaut habe...“„Und wenn nicht ein Wunder geschieht, wird der Kerl Trudy so zurichten wie er es bei den anderen Frauen getan hat, ehe er sie irgendwohin wirft wie Müll“, knurrte Sonny.Das Gerät piepte weiter, das kleine Licht blinkte und tauchte Rico in regelmäßigen Abständen in sein rotes Licht.Er dachte nach. Sonny hatte natürlich recht. In Miami wimmelte es von Typen, die aus irgendeinem lateinamerikanischen Land gekommen waren, aber Rico wusste, dass er diesen Mann schon mal gesehen hatte. Wenn ihm nur einfiele, wo!Trudy versuchte krampfhaft ihre Augen offen zu halten und ihre Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken, aber es gelang ihr nicht. Sie spürte, dass sie sich bewegte, vermochte aber nicht zu sagen, ob sie ging oder fuhr. Alles schien irgendwie in Watte gepackt zu sein. Die Geräusche klangen dumpf, die Musik entfernte sich zuerst und verstummte dann ganz.Oder entfernte sie sich von der Musik?Trudy versuchte sich zu bewegen, aber ihre Arme und Beine schienen schwer wie Blei zu sein. Normalerweise hätte sie das in Panik versetzen müssen, aber stattdessen begann sie zu kichern. Es spielte jetzt auch keine Rolle mehr, dass sie nicht klar denken konnte und dass ihre Augen immer wieder zufielen.„Lach nur!“, sagte jemand. „Wir werden noch eine Menge Spaß haben... ich wahrscheinlich mehr als du, aber mit Ocean Blue ist dir das egal.“Trudy lachte erneut, als hätte der Mann einen guten Witz erzählt.Neonlichter zuckten über sie weg, das Licht der Straßenlaternen erhellte in regelmäßigen Abständen das Innere des Wagens, in dem der Mann sie transportierte.Trudy dämmerte weg.

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VIERZEHNIm Funkgerät knisterte es. „Tubbs? Crockett? Hören Sie mich?“, ertönte Castillos Stimme.Rico nahm das Funkgerät. „Klar und deutlich, Lieutenant.“„Gina sagte, sie hätte einen Mann gesehen, der zu Trudy hinüber ging und ihr einen Drink reichte. Hat einer von Ihnen diesen Mann auch gesehen?“„Ja“, brummte Rico. „Ich weiß auch, dass ich ihn zuvor schon mal irgendwo gesehen habe, aber ich erinnere mich nicht daran, wo das war.“Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr ärgerte er sich, aber es half ihm nicht weiter.„Hoffen wir, dass es Ihnen wieder einfällt“, erwiderte Castillo nur.Sonny raste Richtung Stadt, während Rico weiter sein Hirn durchforstete. Wenn Trudy etwas zustieß, war es allein seine Schuld. Wer, zum Teufel, war dieser Kerl, den er gesehen hatte?Im nachhinein erschien ihm dessen Lächeln auch irgendwie hämisch, so, als hätte der Mann genau gewusst, dass Rico Polizist war.Und wenn es so war?Plötzlich hatte Rico eine Idee!„Er gehört zu den Organisatoren, Sonny!“, rief Rico plötzlich.Vor Überraschung trat Sonny auf die Bremse. Sie kreischten protestierend und hinter Sonny hupte jemand, ehe er überholte. Im Schein einer Straßenlaterne sah Sonny, dass der Fahrer ihm einen Vogel zeigte, aber er reagierte nichts darauf.„Wie kommst du darauf, Rico?“ Sonny fuhr langsamer weiter, während Rico erklärte: „Jemand, vermutlich Anderson, informierte jedes Mal einen der SOB – Organisatoren, wenn die Polizei im Anmarsch war, richtig?“„Richtig!“, bestätigte Sonny.„Ganz sicher sagte er ihm auch, dass der Fall an uns übergeben wurde und ich bin davon überzeugt, dass wir diese Typen kennen. Immerhin verhökern sie auch Drogen.“http://www.youtube.com/watch?v=QZ_KbwEVBjU Der Daytona fuhr durch das Vergnügungsviertel der Stadt. Rico blickte aus dem Fenster auf die Nutten, die gelangweilt herumstanden und auf Kunden warteten. Ein roter Pick – Up hielt gerade am Straßenrand vor ihnen an und eine Nutte mit wasserstoffblond gefärbten Haaren stolzierte mit schwingenden Hüften und Kaugummi kauend auf das Fenster auf der Beifahrerseite zu.„Die Typen, die geschnappt wurden, verraten aber sicher keinen Kumpel, der entkommen konnte“, gab Sonny zu bedenken.Das Ortungsgerät piepste immer noch, die blinkenden Neonreklamen tauchten den Wagen in unterschiedlichste Farben.Ein Polizeiwagen raste mit jaulender Sirene und rotierendem Blinklicht an ihnen vorbei.„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht“, widersprach Rico. „Sie organisierten die Partys und verkauften Drogen, aber das, was dieser Kerl macht, nennt man Vergewaltigung und Mord. Ich könnte mir vorstellen, das die anderen damit nichts zu tun haben wollen.“Rico schnappte sich das Telefon und rief Stan an, der sich zusammen mit Larry um die Verhafteten kümmerte. „Quetsch die Typen aus, Stan“, sagte Rico. „Einer von denen fehlt und dieser Mistkerl hat Trudy. Mach ihnen klar, was ihnen blüht, wenn sie einen Vergewaltiger und Mörder schützen.“„Denkst du, das interessiert die, Tubbs?“, fragte Stan. „Was wir bei denen an Stoff gefunden haben reicht aus, um die Typen für 20 Jahre hinter Gitter zu schicken.“„Vielleicht sind sie ja bereit einen Deal zu machen. Versuch alles, um sie zum Reden zu bringen. Wir müssen Trudy retten!“Rico legte den Hörer auf, den Blick starr auf das kleine, rote Licht am Ortungsgerät gerichtet, als versuchte er es zu hypnotisieren. Wenn es aufhörte zu blinken und nur noch leuchtete hieß das, sie hatten Trudys Spur aufgenommen. Es hörte aber nicht auf.Seine Gedanken wandten sich wieder dem Mann zu, der mit den Drinks in der Hand auf Trudy zugegangen war. Wer war er?„Es hat keinen Sinn, Tubbs“, sagte Sonny in seine Gedanken hinein. „Wenn wir nicht wenigstens einen Anhaltspunkt haben können wir Stunden hier herumfahren, ohne ihr auch nur nahe zu kommen. Fahren wir ins Präsidium. Schnappen wir uns diese Kerle selbst!“In diesem Moment hörte das rote Licht auf zu blinken. „Sonny!“, rief Rico.Sonny wandte kurz den Blick von der Straße auf das Ortungsgerät. Er drosselte das Tempo, fuhr langsam die Straße entlang, bis das Gerät wieder zu blinken begann.„Du bist zu weit gefahren“, sagte Rico.Sonny nutzte eine Haltebucht am Straßenrand, um den Daytona zu wenden. Er fuhr den gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren. Das Licht blinkte, leuchtete dann nur noch... und begann schließlich erneut zu blinken.Fast verzweifelt sah Rico sich um. Hier reihten sich ein Club und eine Bar an die andere. Wenn der Kerl Trudy in irgendeins der Gebäude geschleppt hatte, konnte es Stunden dauern sie zu finden.„Halt an!“, bat er.Kaum kam der Daytona zum Stehen, sprang er hinaus, das Ortungsgerät umklammernd. Rico eilte die Straße entlang. Vielleicht hatte er Glück und konnte den Radius wirklich bis auf ein oder zwei Gebäude einschränken.Das Gerät begann erneut zu blinken. Rico wandte sich um, ging zurück... und entdeckte im Schein einer Straßenlaterne etwas, dass er zuvor übersehen hatte.Auf dem Boden unter einem Mülleimer lag Trudys Handtasche.Er hob sie auf und kehrte zum Daytona zurück.Fahren wir ins Präsidium“, sagte Sonny mit belegter Stimme.Und er drehte den Daytona mit quietschenden Reifen mitten auf der Straße, um mit hoher Geschwindigkeit Richtung Polizeipräsidium zu fahren.

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FÜNFZEHNTrudy kam teilweise zu sich. Sie registrierte, dass sie auf einem weichen Untergrund lag, aber sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Ihr Unterbewusstsein signalisierte jedoch Gefahr. Sie beschloss instinktiv still liegen zu bleiben und nachzudenken. Was war geschehen?Sie erinnerte sich an die Party am Strand. Sie hatte Gina beobachtet, die mit irgendeinem Kerl tanzte. Als sie sich weiter umsah, bemerkte sie, dass es im Truck, dessen rechte Seite sich herunterklappen ließ, anscheinend eine Verkaufsstelle für die Drogen gab. Der DJ schien auch dafür zuständig zu sein, denn Trudy glaubte nicht, dass all die Leute sich um ihn herumdrängten, weil sie einen Musikwunsch hatten.Sie blickte zu Rico und Sonny hinüber, aber Sonny schenkte seine ganze Aufmerksamkeit Gina.Dann entdeckte sie den jungen Mann, der mit zwei Getränken in der Hand lächelnd auf sie zukam. Sie kannte ihn nicht, aber er sah nett aus.„Na, so allein?“, fragte er.Seine Stimme klang sanft und seine dunkelbraunen Augen musterten sie freundlich. Dennoch blieb Trudy vorsichtig.„Nein, meine Freundin tanzt gerade“, antwortete sie.Er reichte ihr die Flasche, in der sich ein alkoholfreies Mixgetränk befand. „Ich wusste nicht, was du magst. Deshalb habe ich dir erst mal das hier mitgebracht“, entschuldigte er sich, als er ihr zuprostete.Trudy zögerte. Er grinste und fragte: „Was ist? Traust du mir nicht? Wir können die Flaschen auch tauschen, wenn du willst. In beiden ist das gleiche drin.“„Wie heißt du?“, wollte Trudy wissen.„Estefan“, erwiderte der Mann. „Und du?“„Trudy.“Sie tauschten die Flaschen nicht und Trudy trank.„Tanzen wir?“, fragte er, nachdem beide die Flaschen wieder absetzten.Er nahm Trudy ihre Flasche aus der Hand und deponierte sie auf einem Stehtisch. Schon in diesem Moment spürte Trudy, dass etwas nicht stimmte. Sie wollte sprechen, aber sie konnte nicht. Wollte davonlaufen, aber ihre Beine gehorchten nicht.Stattdessen ließ sie sich von ihm zu einem Wagen führen, der auf der anderen Seite des Trucks geparkt war.Trudy hatte keine Ahnung, ob ihre Kollegen mitbekommen hatten, was gerade geschah. Sie konnte es nur hoffen. Obwohl sie wusste, dass sie in Gefahr schwebte, fand sie die Situation komisch.Sie dachte: Oh, verdammt! Wie konnte ich so dämlich sein und den Drink annehmen? Ich hätte wissen müssen, dass er die Opfer mit irgendwelchen Drogen gefügig macht! Er wird mich vergewaltigen, misshandeln und dann umbringen!Während diese schrecklichen Dinge durch ihren Kopf schossen, kicherte sie jedoch die ganze Zeit albern vor sich hin.Jetzt lag sie gefesselt auf dieser Matratze oder was auch immer es sein mochte und ihr war klar, dass Estefan ihr vermutlich Ocean Blue in ihr Getränk gemischt hatte. Trudy zweifelte nicht daran, dass dies sein richtiger Name war. Er konnte ihn ohne Angst nennen, denn er plante ja nicht sie laufen zu lassen.Trudy dachte an die Droge und sie erinnerte sich daran, was sie über den Stoff gelernt hatte:Geschmacksneutral und sehr schnell wirksam, da er bereits im Mund von den Schleimhäuten aufgenommen und direkt ins Blut geleitet wurde.Es beeinflusste den Willen, hellte, zumindest in der ersten Wirkungsphase, die Stimmung extrem auf.„Man findet alles witzig“, hatte der Chemiker gesagt. „Jemand könnte Ihnen die Hand abhacken und sie würden darüber lachen und vermutlich anfangs auch keinen Schmerz empfinden. Die erste Phase hält etwa eine Stunde an. Danach folgen in den meisten Fällen Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Depressionen, weshalb vermutlich viele Konsumenten sofort die nächste Pille einwerfen.“Trudy lauschte. Sie fühlte sich weder müde noch depressiv, sondern wütend. Wahrscheinlich war es mit diesem Zeug wie mit verschiedenen Medikamenten auch: Manche reagierten paradox. Bei ihr traf es anscheinend zumindest auf die zweite Wirkungsphase, oder wie man das nennen wollte, zu.Um sie herum war es still. Es schien, als wäre sie allein. Dennoch wartete sie einen Augenblick, ehe sie es wagte, vorsichtig den Kopf zu drehen. Zuerst hielt sie die Augen weiter geschlossen, sodass jemand, der sie beobachtete, vielleicht glaubte, sie hätte sich unbewusst bewegt.Wieder lauschte Trudy, bevor sie die Augen einen winzigen Spalt weit öffnete, dann etwas weiter. Schließlich öffnete sie die Augen ganz und sah sich um. Sie befand sich in einem Raum, vermutlich einer Hütte. Über einem groben Holztisch brannte eine nackte Glühlampe, die Licht auf das einfache Mobiliar warf.Wem auch immer diese Hütte gehörte, er schien keinen Wert auf Komfort zu legen.Es gab nur eine Tür und zwei Fenster, deren Schlagläden jedoch geschlossen waren. Um den Tisch in der Mitte des Raumes standen vier Stühle aus hellem Holz mit mitternachtsblauen Polstern auf den Sitzen. Das Lager, auf dem Trudy lag, befand sich rechts von der Tür, links davon stand ein alter Buffetschrank.Trudy betrachtete die Fessel, einen groben Strick, an ihrem rechten Handgelenk, vor allem den Knoten, aber er wirkte sehr fest. Das Seil selbst war sehr sorgfältig um ihr Handgelenk geschlungen und bot keine Möglichkeit die Hand herauszuziehen.Sie drehte die Hand dennoch probehalber und zerrte leicht daran, aber der Strick saß sehr stramm. Sie wandte sich der Fessel an der linken Hand zu. Irgendwie hatte Trudy das Gefühl, als säße der linke Knoten weniger fest als der rechte. Vielleicht lag es daran, dass ihr Entführer über sie drüber reichen musste, um den Knoten zu schlingen. Vielleicht hockte er dabei auch sich selbst im Licht und merkte nicht, dass er unachtsamer arbeitete. Jedenfalls konnte dies ihre Chance sein sich zu befreien.Trudy lauschte kurz mit angehaltenem Atem, aber alles, was sie hörte, war das plätschern von Wasser. Sie vermutete deshalb, dass sie sich in einem Bootshaus befand.Trudy rutschte etwas mehr nach links, um näher an den Strick heranzukommen. Ihre einzige Chance war zu versuchen, den Knoten irgendwie mit den Zähnen aufzuziehen. Dabei durfte sie aber nie aufhören zu lauschen, denn sobald jemand kam, musste sie sich schlafend stellen. Sie hoffte, dass der Kerl sie in Ruhe ließ, solange er glaubte, dass sie noch bewusstlos war.Trudy begann mit ihrer mühsamen Arbeit!

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SECHZEHNMan hatte die Männer, die zu den SOB – Organisatoren gehörten, auf die verschiedenen Verhörräume aufgeteilt. Rico und Sonny betraten erst einmal einen Raum, von dem aus sie einen Blick in den ersten Verhörraum werfen konnten. Gina und Castillo waren bereits dort.„Das ist der DJ“, erklärte Gina. „Soweit ich das beim tanzen immer mal wieder beobachten konnte, verkaufte er auch die Drogen. Da war ein Andrang wie im Supermarkt, wenn die Sonderangebote reinkommen.“Der DJ saß ziemlich locker und selbstbewusst auf seinem Stuhl, lehnte sich zurück und grinste provozierend.„Ich weiß nicht, was Sie wollen“, behauptete er. „Ich habe bloß Musik gemacht. Seit wann ist das verboten?“Larry stützte die Hände auf dem Tisch ab und blickte den Mann ernst an. „Und was ist mit den Drogen, die Sie verkauft haben?“Der DJ zog nur scheinbar erstaunt die Augenbrauen hoch. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Mann. Ich habe nur für Stimmung gesorgt.“„So kann man es natürlich auch nennen“, knurrte Sonny. „Wie heißt der Witzbold?“Gina nahm eine Akte zur Hand. „Dominic Cordey“, las sie. „24. Sohn der Staranwältin Evelyn Tyler – Cordey und des Schönheitschirurgen Dr. Eric Cordey. Er hat´s eigentlich nicht nötig, den DJ auf einer Drogenparty zu spielen.“Rico tat erstaunt. „Der Junge will sich eben eine eigene Karriere aufbauen“, sagte er, wurde dann aber wieder ernst. „Schnappen wir ihn uns und erklären ihm, wo er in Zukunft seine Platten auflegen kann.“Gemeinsam mit Sonny verließ er den Raum. Sonny stürmte, wie oft, vorweg und er stieß die Tür zum Verhörraum so schwungvoll auf, dass sie krachend gegen die Wand flog.Dominic zuckte zusammen... genau, was Sonny beabsichtigte. Das Bürschchen sollte ruhig von der ersten Sekunde an wissen, dass er vor Wut kochte.Larry trat einen Schritt zurück. Er verschränkte die Arme vor der Brust und meinte grinsend: „Tja, Jungchen, hättest mal besser mit mir geredet. Die Beiden hier sind nicht zu Scherzen aufgelegt.“ Sonny packte Dominic sofort am Kragen. Er hebelte ihn beinah mühelos aus dem Stuhl, der krachend umfiel, und schleuderte Dominic gegen die Wand.„Wenn meine Mutter kommt, wird sie Hackfleisch aus euch Scheißbullen machen!“, drohte DominicSonnys Faust klemmte an Dominic Hals, seine Augen sprühten vor Zorn. „Der kleine Junge schreit also nach seiner Mama, sobald es brenzlig wird!“, zischte er. „Aber ich sage dir was, Dominic, Baby, einer deiner Kumpels vergewaltigt und tötet Frauen. Er hat eine Polizistin entführt und wenn er ihr auch nur ein Haar krümmt, wird Mama dich nicht mehr vor dem Knast retten können. Dann bist du dran wegen Mitwisserschaft.“Dominic wand sich wie ein Wurm. „Das können Sie nicht beweisen!“Sonny zog Dominic wenige Zentimeter von der Wand ab, um ihn dann erneut dagegen zu schleudern. „Du kannst mir nicht erzählen, dass du nichts über die abartigen Hobbys deiner Kumpels weißt!“, brüllte er. „Komm schon! Sag mir, welcher deiner Freunde darauf steht Frauen zu misshandeln, zu vergewaltigen und umzubringen!“Unbemerkt von Sonny war Castillo hereingekommen.„Crockett!“, sagte er. Seine Stimme klang nicht laut, aber sie drang dennoch bis in Sonnys überhitztes Gemüt vor. Gleichzeitig legte Rico ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. „Zerknittere ihm nicht seinen teuren Anzug, Sonny“, meinte Rico leise.Sonny verstand, was Rico ihm sagen wollte. Die Frau Staranwältin würde jede grobe Behandlung ihres Söhnchens nutzen, um sie gegen die Polizisten zu verwenden. Am Ende verließ Dominic als freier Mann das Präsidium, während Trudy sich immer noch in der Hand des Vergewaltigers befand. Das mussten sie dringend verhindern.Obwohl es Sonny schwer fiel, ließ er Dominic los. „Setzen!“, befahl er.Gehorsam kehrte Dominic zu dem Stuhl zurück, den Rico wieder aufgestellt hatte, und ließ sich darauf nieder.„Sie sollten Ihren Freund besser unter Kontrolle halten“, wandte er sich an Rico.„Und Sie sollten uns besser einige Informationen geben“, mischte sich Castillo ein. „Ihr Freund hat eine Frau in seiner Gewalt und wenn sie zu Schaden kommt, sind Sie wegen Mitwisserschaft dran.“Dominic beugte sich etwas vor. Eindringlich sah er von Rico zu Sonny, ehe sein Blick an Castillo hängen blieb. „Ich weiß nicht, von wem Sie reden und deshalb können Sie mir nichts anlasten. Es ist traurig, wenn sich ein Mann an Frauen vergreift, aber wer auch immer es ist, ich bin nicht sein Kindermädchen.“In Sonny begann es wieder zu brodeln. Rico bemerkte es und er legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.„Wer gehört alles zu den Organisatoren der Party?“, fragte Rico.Dominic lehnte sich wieder bequem zurück. Auf seinem Gesicht breitete sich das selbstsichere Grinsen eines Menschen aus, der sich auf der sicheren Seite wähnt.„Keine Ahnung“, behauptete er. „Ich bin nur der DJ!“Es klopfte, dann trat Evelyn Tyler – Cordey ein. Obwohl sie recht klein war, verströmte sie eine Menge Autorität. Ihre dunklen Augen blickten streng in die Runde. Es gab keine höfliche Begrüßung und kein freundliches Hände schütteln.„Ich will mit meinem Sohn allein reden!“, verlangte sie.Castillo nickte nur.Draußen verdrehte Sonny die Augen. Ein Stöhnen entrang sich seiner Brust. „Er wird nichts sagen, sondern sich hinter Mamas Rockschößen verstecken“, behauptete er. „Inzwischen ist Trudy seit...“- Er blickte auf seine goldene Armbanduhr... – fast zwei Stunden in der Gewalt dieses Dreckskerls.“Rico schwieg. Sein schlechtes Gewissen schlug ungefähr so laut wie Big Ben und er dachte permanent darüber nach, ob er etwas übersehen hatte.Stan gesellte sich kurz zu ihnen. „Kein Wort bekommt man aus denen raus!“, knurrte er. „Man könnte damit drohen sie in einen Tümpel voller ausgehungerter Alligatoren zu werfen und sie bekämen die Zähne nicht auseinander.“„Sie haben Angst“, stellte Castillo fest. „Die Person, die dahintersteckt, hat einen langen Arm.“Gina gesellte sich zu ihnen. „Ich habe nachgedacht“, sagte sie. „Während ich tanzte, beobachtete ich den Mann, der später zu Trudy hinüberging. Er sprach mit einem Mädchen, das ich schon mal irgendwo gesehen habe. Ich bin mir sogar sicher, dass er ihr irgendwas gab, aber ich weiß nicht, was es war. Das konnte ich nicht sehen.“„Und?“, fragte Rico knurrig. Das alles half ihnen nicht weiter. Sein schlechtes Gewissen würde erst beruhigt sein, wenn sie Trudy aus den Fängen des Vergewaltigers befreit hatten.Ginas Blick hing an Sonny. „Du hast sie auch gesehen. Die Kleine hat sich doch regelrecht an deinen Hals geworfen.“Sonny wusste sofort, wen Gina meinte. Die kleine Blonde hatte kaum noch gerade auf den Beinen stehen können und ein Blick in ihre Augen genügte ihm, um zu sehen, dass sie vollkommen zugedröhnt war. Das Mädchen hatte sich an ihn geklammert, gedrängt und er hatte sie nur mühsam davon abhalten können, ihm öffentlich an seine persönlichsten Körperteile zu fassen.Er hielt kurz den Atem an. „Oh, verdammt!“, entfuhr es ihm, als ihm klar wurde, was das alles bedeutete. „Versuch dich zu erinnern, woher du das Mädchen kennst, Gina“, bat er eindringlich. „Sie stolperte nicht zufällig gegen mich. Der Kerl, der Trudy entführte, wusste, dass wir Polizisten sind.“Rico dachte andauernd an den Kerl, der ihm bekannt vorgekommen war und der ihn angrinste. Wenn er nur wüsste, woher er ihn kannte!In Gedanken ging Rico noch mal die Szene durch. Er hatte sich umgesehen, weil er sich beobachtet fühlte. Dabei kreuzte er den Blick des Mannes, der mit zwei Getränken in der Hand irgendwohin ging. Zu dem Zeitpunkt ahnte er ja nicht mal, dass der Kerl zu Trudy wollte.Rico hatte sofort gewusst, dass er ihn schon mal gesehen hatte und der Gesichtsausdruck dieses Mannes sagte das gleiche.Sonny hatte recht! Der Kerl hatte gewusst, dass sie Polizisten waren! Das hieß aber, dass sie irgendwann mit ihm zu tun gehabt hatten. Ricos Gefühl sagte ihm, dass es noch nicht sehr lange her war. Seine Fantasie gaukelte ihm Bilder vor...Er und Sonny betraten ein großes Haus mit Marmorböden und einer freischwingenden Treppe aus blank poliertem Walnussholz. Jemand kam die Treppe hinunter und Rico hob den Blick. „Ich muss sofort ins OCB!“, sagte er. „Kannst du mich fahren, Sonny?“Sonny zuckte die Achseln. „Sicher, aber verrätst du mir auch den Grund?“„Unterwegs!“, erwiderte Rico, während er bereits kehrt machte. Sonny wusste kaum dem Freund zu folgen.„Erin Cogan!“, rief Gina ihnen nach.Rico und Sonny blieben kurz stehen und wandten sich um.„Der Name der Blondine lautet Erin Cogan. Ich werde sehen, ob ich sie finden kann!“, erklärte Gina.„In Ordnung“, erwiderte Sonny, ehe er Rico endgültig nach draußen folgte.

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SIEBZEHNTrudy streckte sich seitlich. Sie versuchte vorsichtig mit ihren Zähnen nach dem Knoten zu fassen, aber die Angelegenheit erwies sich als sehr schwierig. Trudy befürchtete, sie könnte das falsche Ende erwischen und den Knoten strammer ziehen statt ihn zu lockern.Immer wieder nahm sie den Kopf etwas zurück, betrachtete sich den Knoten und prägte sich ein, an welcher Stelle sie ihre Zähne ansetzen musste. In regelmäßigen Abständen lauschte sie auf Geräusche außerhalb der Hütte.Das Wasser gluckerte, aber ansonsten blieb es erst mal still. Es war immer noch dunkel. Selbst die Vögel schliefen noch, sodass sie vermutete, dass der Morgen noch weit entfernt war.Wann würde er kommen? Vor Tagesanbruch? Danach?Bis dahin wollte sie die Fessel gelöst haben. Selbst, wenn sie sich nur mit einer Hand verteidigen konnte, war es besser, als hilflos zu sein.Mit Schaudern dachte Trudy an die Fotos, die Lieutenant Anderson herumgereicht hatte, und an Nicky, die einfach nur grauenhaft ausgesehen hatte. Der Kerl musste sehr sadistisch veranlagt sein, wenn es ihn anturnte, eine Frau derart übel zuzurichten.Mit mir nicht! , dachte sie, obwohl sie genau wusste, wenn der Kerl jetzt auftauchte, hatte sie keine Chance.Plötzlich hörte sie etwas! Ein Fahrzeug näherte sich. Schritte knirschten über einen steinigen Untergrund... und sie hatte den Knoten immer noch nicht auf bekommen!Trudy stellte sich bewusstlos. Sie konnte nur hoffen, dass er sie in Ruhe ließ, wenn er glaubte, sie sei noch von den Drogen benebelt. Sie ahnte jedoch, dass dies ein frommer Wunsch war.Sie lag da, wagte kaum zu atmen und lauschte.Die Schritte kamen auf die Tür zu. Stoppten. Jemand klimperte mit einem Schlüsselbund, als fände er nicht auf Anhieb den richtigen Schlüssel.Ein weiteres Geräusch wies darauf hin, dass es ihm heruntergefallen war. Der Mann fluchte.Plötzlich hörte sie eine Stimme, die einem anderen Mann gehörte. Was er rief verstand sie nicht, weil das Holz der Tür die Stimme zu sehr dämpfte.„Ich komme!“, sagte der Mann, der vor der Tür stand, ziemlich genervt.Auch seine Stimme klang dumpf, aber da er genau auf der anderen Seite stand, hörte Trudy ihn deutlicher. Es war die Stimme des Mannes, der sie auf der Party angesprochen hatte. „Na, so allein?“, hatte er gefragt.„Dreckskerl!“, wisperte Trudy recht verzweifelt.Die Tatsache, dass er offensichtlich jemandem bei irgendwas helfen sollte, gab ihr jedoch die Gelegenheit, weiter an der Fessel zu arbeiten. Sie musste den verdammten Knoten aufbekommen, ehe der Kerl zurückkam.Und während Trudy sich wieder zu dem Knoten an ihrem Handgelenk hinüberbeugte, stimmten draußen die Vögel ihr erstes Morgenlied an.

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ACHTZEHNRico und Sonny sprangen in den Daytona. Im Osten zeigten sich die ersten zaghaften Sonnenstrahlen, die das schwarze Tuch der Nacht nach und nach zur Seite schoben.„Also, erklär´s mir!“, verlangte Sonny, als der Wagen mit quietschenden Reifen vom Parkplatz schoss.„Ich habe den Kerl gesehen, der zu Trudy hinüber ging“, antwortete Rico, hob aber sogleich abwehrend die Hände. „Ich wusste nicht, wohin er gehen wollte, OK? Ich sah einen Mann mit zwei Getränken in der Hand. Er hätte überall hingehen können. Wir sahen einander kurz an, er nickte, grinste mich an und ich dachte, dass ich ihn irgendwoher kenne. Dann lenkte mich diese Frau ab...“Sonny schnaubte.„Du warst genauso abgelenkt“, warf Rico ihm vor. „Er wusste, dass wir Polizisten sind und ich denke, er wusste auch, dass wir jemanden überwachen, der ihm eine Falle stellen soll. Vergiss nicht, dass er mit Anderson in Kontakt steht. Von ihm erfuhr er, dass sich jetzt Vice um die Sache kümmert!“Rico drehte sich etwas zur linken Seite, um Sonny leichter ansehen zu können. „Ich glaube, dass der Kerl einer unserer Kunden ist und dass wir erst kürzlich mit ihm zu tun hatten. Deshalb erkannte er uns.“Sonny schaltete die Sirene auf dem Armaturenbrett ein, die es ihm ermöglichte rote Ampeln einfach zu ignorieren. „Du meinst, er wählte Trudy absichtlich aus? Weil er wusste, dass auch sie eine Polizistin ist?“Rico nickte. „Ja, das denke ich. Muss doch für so einen miesen Kerl ein besonderer Kick sein, sich vor den Augen der Polizei eine Polizistin zu schnappen, oder?“„Ja“, knurrte Sonny. „Und du denkst, dass du ihn wiedererkennst, wenn dir seine Visage in unserer Verbrecherkartei begegnet?“Rico schnaubte. „Dort oder in den Unterlagen irgendeines Verbrechens, dessen Akte kürzlich auf meinem Schreibtisch lag.“Schließlich erreichten sie den Hinterhof des OCB. Rico sprang bereits aus dem Wagen, kaum dass die Räder zum Stillsand gekommen waren. Mit langen Schritten eilte er ins Gebäude. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend sprang er die Treppe hinauf und stürmte ins dunkle Büro.Er drückte auf den Lichtschalter und die kalten Neonröhren flammten auf. Die Frage war, wo er mit seiner Suche beginnen sollte.Genau das war auch Sonnys Frage. „Wo sollen wir anfangen?“„Bei Rimigio“, erwiderte Rico spontan. „Von da arbeiten wir uns langsam zu den weiter zurückliegenden Fällen vor.“„Und worauf soll ich achten? Ich habe den Mann nicht gesehen, Rico!“Rico dachte kurz nach. „Er war höchstens Mitte 20, schlank, Südamerikaner und ein Frauentyp.“Sonny stöhnte auf und verdrehte die Augen. „Tubbs, hast du ´ne Ahnung, wie viele Typen in Miami herumlaufen, auf die diese Beschreibung passt?“„Konzentrier dich nur auf den Teil, den wir kürzlich kennen gelernt haben, Crockett“, erwiderte Rico, während er sich bereits die Akte Rimigio schnappte.Automatisch wanderte sein Blick zur Uhr. Trudy befand sich inzwischen seit fast drei Stunden in den Händen dieses Verrückten. Was mochte er in dieser Zeit mit der Ärmsten angestellt haben?Rico durfte nicht darüber nachdenken. Deshalb senkte er schnell den Blick auf die Akte vor sich.Leonardo Rimigio war 48 und allein die Vorstrafen seiner Jugendzeit hätten gereicht, um eine ganze Rolle Toilettenpapier damit zu beschriften. Mit 10 landete er zum ersten Mal in einem Heim für schwer Erziehbare, weil seine Mutter nicht mit ihm klar kam. Er stahl, was sich nicht wehrte, und wenn es sich wehrte, schlug er es zusammen. Er erpresste seine Klassenkameraden und kam mit 14 zum ersten Mal mit Drogen in Berührung. Allerdings nicht als Konsument. Laut seinen Unterlagen hatte er nie selbst Drogen genommen, aber er fand heraus, dass es ein sehr lukratives Geschäft war.Mit 16 ging er wegen der Drogen, die man bei ihm fand, für knapp ein Jahr ins Gefängnis. Mit 18 folgte eine Strafe wegen Körperverletzung. Mit 20 wurde er Vater, landete kurz danach für zwei weitere Jahre im Gefängnis und verschwand anschließend aus Miami, um in Chicago wieder aufzutauchen. Angeblich gelang es ihm dort tatsächlich, sich ein Vermögen aufzubauen, ohne krumme Dinger zu drehen, was Rico allerdings bezweifelte. Es gab eine Menge einflussreiche Kriminelle, denen es immer wieder gelang, ihren Namen aus den krummen Geschäften herauszuhalten, die sie abschlossen.Kurz dachte er an Calderone, schob den Gedanken aber wieder weg. Der Mann war tot. Geschichte. Vergangenheit.Als Rimigio vor zwei Jahren nach Miami zurückkehrte war er ein vermögender Mann. Die Stadtväter von Miami verwehrten ihm dennoch anfangs den Kauf einiger heruntergekommener Clubs, aber dann plötzlich erhielt er doch die Genehmigung. Es wurde gemunkelt, er habe höhere Summen als Spenden an ein Waisenhaus und einige andere karitative Einrichtungen getätigt, und auch seine finanzielle Unterstützung bei verschiedenen öffentlichen Projekten zugesagt.Dafür aber gab es keinerlei Beweise.Es gab anonyme Hinweise darauf, dass Rimigio sowohl im Drogen – wie auch im „Pferdchen“ – Geschäft tätig war. Deshalb hatten sie ihn überwacht. Larry gelang es sogar einen Job bei Rimigio zu bekommen. Er hatte den Kollegen von der Drogenlieferung erzählt, die reinkommen sollte und Vice schlug zu. Dem Fahrer des Fahrzeugs gelang jedoch die Flucht, bis ihn auf der Straße ein Truck stoppte, und der Beifahrer starb beim Schusswechsel.Rimigio behauptete, er habe keine Ahnung von dem Treiben seiner beiden Angestellten gehabt und sein gewiefter Anwalt brachte Papiere bei, die belegten, dass der Van einige Wochen zuvor verkauft worden war. Ein Privatmann mit Namen Peter Smith hatte das Fahrzeug erworben und bar bezahlt... was auch sonst?Rico blätterte langsam die Akte durch. Es gab etliche Fotos von Rimigio und seinen Geschäftspartnern, die während der Überwachung geschossen wurden. Der Mann spendierte seinen Geschäftspartnern gern Abende in noblen Restaurants und Clubs.Ihm gegenüber rückte Sonny geräuschvoll seinen Schreibtischstuhl zurecht.„Und wenn er nicht dabei ist, Tubbs?“, fragte Sonny nach wenigen Minuten. „Was ist, wenn du ihn von einem länger zurückliegenden Fall her kennst?“Rico blickte auf. „So lange arbeite ich noch nicht in Miami, Crockett.“Sonny schnaubte. „Nein, aber wir haben bereits mehr Fälle zusammen bearbeitet, als wir beide Finger und Zehen haben. Hast du eine Ahnung, wie viele Leute da irgendeine Rolle spielten?“Rico beugte sich seufzend wieder über Leonardo Rimigios Akte. „Sag´s mir lieber nicht, Crockett. Ich bin sowieso schon frustriert genug.“In diesem Moment klingelte Sonnys Telefon. Lustlos nahm er den Hörer ab und meldete sich.„Ich habe hier jemanden, den ihr unbedingt kennen lernen solltet, Sonny“, hörte er Ginas Stimme durch die Leitung.Sonny setzte sich kerzengerade hin und blickte zu Rico hinüber. Der hob nun ebenfalls den Kopf und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe. „Wir kommen!“, sagte Sonny nur und legte auf.

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NEUNZEHNTrudy hatte keine Ahnung, was der andere Mann von dem Kerl wollte, der sie hier gefesselt hatte, aber ihr war klar, dass er sich nicht lange würde aufhalten lassen. Ihr blieben höchstens wenige Minuten, ehe er endgültig hereinkam, um...Nein, sie wollte lieber nicht darüber nachdenken.Sie konzentrierte sich auf den verdammten Knoten, spuckte immer wieder, wenn sie wieder Fasern von dem Seil auf der Zunge spürte, und lauschte angestrengt.Der Knoten wollte sich nicht lösen lassen.Trudy spürte Panik aufkommen. Sie dachte an Nicky und ihre Verletzungen. Nein, so wollte sie keinesfalls enden! Aber was sollte sie tun, wenn sie diesen verdammten Knoten wirklich nicht aufbekam?Der Kerl würde hier hereinmarschieren und alles mit ihr machen, wonach ihm der Sinn stand, ohne dass sie irgendetwas dagegen tun konnte.Die ersten Sonnenstrahlen tasteten sich durch einen Spalt in einem der Schlagläden ins Innere der Hütte.Trudy lauschte wieder. Sie fragte sich, warum der Mann ihr keinen Knebel zwischen die Zähne gesteckt hatte. Die Antwort erschien ihr einfach: Er rechnete nicht damit, dass jemand anders sich in der Nähe aufhielt oder er glaubte, sie wäre durch die Drogen zu benebelt, um zu schreien.Während sie weiterarbeitete, kreisten ihre Gedanken weiter um diese Information. Es lenkte sie von der Panik ab, die sich immer mehr in ihr ausbreitete.Die Hütte, vielleicht handelte es sich auch tatsächlich um ein Bootshaus, lag vermutlich auf einem Privatgrundstück. Wahrscheinlich gehörte es dem Mann, der sie hierher brachte. Deshalb befürchtete er auch keine Entdeckung.Erneut spuckte Trudy, als sie eine Sisalfaser in ihrem Mund spürte. Es war ekelhaft und reizte sie zum würgen.Fang bloß nicht an zu kotzen! , dachte Trudy. Reiß dich zusammen, Joplin! Denk an den Kerl, der dir den Drink reichte! Er war jung... höchstens Mitte 20 und eigentlich überhaupt nicht dein Typ Mann...Wieder spuckte sie, aber es bedeutete, dass sich der Strick allmählich aufzulösen begann. Ein gutes Zeichen! Sie wünschte nur diese Auflösung des Seils ginge schneller vonstatten. War die eine Hand erst mal frei, stellte die andere nur noch ein kleines Problem dar.Trudys Zähne rissen an dem Strick. Sie spuckte, riss weiter. Zwischendurch lauschte sie, aber anscheinend dauerte die Sache, wegen der sich der Entführer wieder entfernte, länger.Plötzlich war die linke Hand frei! Am liebsten hätte Trudy gejubelt, aber das wagte sie nicht. Stattdessen begann sie an der anderen Fessel herumzufummeln. Sie zitterte vor Aufregung, aber auch vor Furcht, er könne doch zu früh auftauchen.Der Knoten am rechten Handgelenk saß fester und ihre Ungeduld half nicht unbedingt dabei ihn zu lösen.Erneut hielt Trudy inne, um zu lauschen. Sie musste es schaffen! Musste diesen verdammten Knoten rechtzeitig aufbekommen!Sie hörte seine Stimme! Er sprach mit jemandem, vermutlich dem Mann, der ihn gerufen hatte. Er lachte und sie hörte auch den anderen Mann lachen.„Ich versuch´s noch mal!“, rief der andere Mann.Nur eine Sekunde später vernahm sie das satte Brummen eines Bootsmotors, das sich entfernte. Das war es also gewesen! Sie befand sich also tatsächlich in einem Bootshaus und irgendetwas hatte nicht mit dem Boot gestimmt, das dem Mistkerl gehörte, der sie hierher verschleppte.Dumpfe Schritte zeigten an, dass sich jemand über einen hölzernen Steg entfernte. Danach knirschte Kies unter dem Druck der Schuhsohlen. Das feine Klimpern eines Schlüsselbundes drang an Trudys Ohr.„Oh, bitte, nein! Ich brauche noch etwas Zeit!“, flüsterte Trudy. „Eine Minute oder zwei...!“Sie nestelte verzweifelt an dem Knoten herum, beuge sich hinüber, fasste ihn mit den Zähnen, zog, nahm dann wieder die Fingernägel zur Hand. Zwei brachen ab, aber sie kümmerte sich nicht darum. Was war schon ein abgebrochener Nagel neben dem, was er ihr antun würde, wenn er hereinkam?Der Knoten löste sich, ließ sich endlich auseinanderziehen.Der Mann erreichte die Tür.Trudy hörte ihn mit dem Schlüssel herumklimpern. Ihre Finger zitterten nun noch schlimmer als zuvor. Sie war so nah dran sich zu befreien!Er steckte knirschend den Schlüssel ins Schloss...Der Knoten war auf! Trudy zerrte den Strick von ihrem Handgelenk und sprang auf. Hektisch huschte ihr Blick herum auf der Suche nach einer Waffe, die sie benutzen konnte. Es gab aber nur die Stühle, die am Tisch standen.Trudy lief zu dem erstbesten Stuhl. Sie griff ihn und rannte hinter die Tür, während sich knirschend der Schlüssel im Schloss drehte.Trudys Herz jagte, als sie den Stuhl über den Kopf hob. Sie wusste, sie hatte nur eine Chance und sie war fest entschlossen sie zu nutzen!

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ZWANZIGhttp://vlog.xuite.net/play/YVZwZjFMLTEzNjk0ODAuZmx2 Rico und Sonny rasten vom OCB Richtung Präsidium, das sich auf der anderen Seite der Stadt befand. Rico saß stocksteif neben Sonny, der immer wieder riskant rechts oder links überholte, je nachdem, wie es ihm gerade am passendsten erschien.„Was hat Gina denn gesagt?“, wollte Rico wissen. „Himmel, sie muss doch irgendwas besonderes gesagt haben, oder rast du so, weil du solche Sehnsucht nach ihr hast?“Ein kurzer, abschätziger Blick von Sonny traf ihn, ehe dieser sich wieder auf die Straße konzentrierte. Wenn man so sehr aufs Gaspedal drückte, durfte man sich nicht allzu lange ablenken lassen.„Neidisch, Tubbs?“„Nein, neugierig“, konterte Rico. „Also, warum fahren wir wie die Verrückten durch die Stadt?“„Weil Gina uns unbedingt jemanden vorstellen will. Ich kenne sie schon einige Jahre und ich weiß, sie würde nicht drängen, wenn es nicht wirklich wichtig wäre“, entgegnete Sonny.Einen Moment lang schwieg Rico, während Sonny auf sehr riskante Weise einen Lastwagen, der dem Aufdruck auf der Plane nach Früchte geladen hatte, überholte. Ihnen kam ein anderer Truck entgegen, dessen Fahrer warnend auf die Hupe drückte.Rico hielt die Luft an und versteifte sich. Er sah den dunkelblauen Lastwagen auf sich zukommen, während er, wenn er nach rechts schielte, den Lastwagen mit der weißen Plane neben sich sehen konnte.Sie passten so gerade eben zwischen den beiden Fahrzeugen durch. Wahrscheinlich hätte man nicht mal den Sportteil des Herald dazwischen klemmen können.„Oh, verdammt, Crockett!“, stöhnte Rico, als Sonny wieder auf die rechte Spur einscherte.„Ich weiß gar nicht, was du hast, Tubbs“, meinte Sonny. „Passte doch prima!“Rico verkniff sich einen Kommentar deswegen, kam stattdessen auf das wesentlich wichtigere Thema zu sprechen. „Hoffentlich ist es jemand, der uns wirklich wegen Trudys Verbleib weiterhelfen kann!“„Ja“, grummelte Sonny nur. Es lag ihm auf der Zunge zu sagen: „Wenn du dich nicht hättest ablenken lassen...“ – Aber es wäre unfair gewesen. Er selbst hatte schließlich auch nicht immer aufgepasst. Es hätte ebenso gut Gina treffen können, während er sich mit der angetrunkenen oder zugedröhnten Frau herumschlug... falls sie betrunken oder zugedröhnt gewesen war. Vielleicht tat sie nur so als ob, um ihn abzulenken, so, wie die andere Frau vermutlich engagiert worden war, um Ricos Aufmerksamkeit von Trudy abzulenken.Wenig später liefen Rico und Sonny durch die Gänge des Präsidiums zu den Verhörräumen, wo Gina sie bereits auf dem Gang erwartete. Sie sah genervt aus.„Wen willst du uns vorstellen?“, fragte Sonny.Gina seufzte. „Erin Cogan... ihr wisst schon, die Frau, die sich Sonny an den Hals warf, aber...“ Sie stieß einen weiteren Seufzer aus, während sie mit Rico und Sonny zum Verhörraum vier ging.„Aber?“, hakte Rico nach.Gina zuckte die Achseln. „Ich bezweifle, dass sie uns helfen kann. Sie gehörte mit zu denen, die am Strand aufgegriffen wurden. Allerdings lief sie nur deshalb nicht weg, weil sie viel zu zugedröhnt ist, um irgendwas zu tun. Seht sie euch an!“Gina stieß die Tür auf und ließ ihre beiden Kollegen eintreten.Erin Cogan hing wie eine weggeworfene Marionette mit durchgeschnittenen Fäden auf dem Stuhl am Tisch. Ihre Arme baumelten neben dem Körper, den Blick hielt sie zur Decke gerichtet. Sie atmete nur flach.„Oh je“, murmelte Rico.Sonny marschierte zu Erin hinüber. „Hi, Erin“, sagte er und versuchte fröhlich zu klingen. „Sieh mich an!“Erin reagierte nicht sofort und Sonny wiederholte seine Aufforderung.Sehr langsam wandte Erin den Blick von der Decke ab und ihm zu. Ihre Pupillen waren etwa so groß wie fliegende Untertassen. Sie musterte ihn sehr langsam.„Erinnerst du dich an mich?“, fragte Sonny.Die Frage war vermutlich überflüssig, denn in diesem Zustand erinnerte Erin sich wahrscheinlich nicht mal an ihre eigene Mutter, aber er musste irgendwie versuchen Kontakt aufzunehmen.„Wurde sie bereits so aufgegriffen?“, raunte Rico Gina zu.Gina beugte sich zu ihm hinüber und entgegnete ebenso leise: „Die Kollegen sagen, sie wäre ziemlich angeturnt gewesen, aber als sie nach ihr griffen steckte sie sich noch schnell etwas in den Mund. Wahrscheinlich hielt sie noch eine Tablette Ocean Blue oder so etwas in der Hand und wollte verhindern, dass man es ihr abnahm. Festgenommen wurde sie...“ – Gina blickte kurz auf ihre Armbanduhr – „... vor etwa 45 Minuten. Die Hauptwirkungsphase von Ocean Blue hält in der Regel etwa eine Stunde an, ehe sie abflaut... außer, man benutzt das Zeug regelmäßig. Dann lässt die Wirkung schneller nach, sagt der Chemiker.“Rico stöhnte auf. „Das sind etwa weitere 15 Minuten, in denen wir nichts für Trudy tun können!“„He, Erin!“, startete Sonny einen weiteren Versuch, da Erin auf seine erste Frage überhaupt nicht reagiert hatte. Sie saß nur da, ließ immer wieder den Blick langsam an ihm hinunter und wieder hinaufgleiten, schien aber nicht zu begreifen, wer er war und worum es ging.Sonny zog sich einen Stuhl heran. Er setzte sich neben Erin und klopfte ihr sanft gegen die linke Wange. „Erde an Erin, bitte melden!“, sagte er.Erin blinzelte und atmete plötzlich tief durch, als ob doch endlich irgendetwas die Watte durchdrang, die ihr Hirn ummantelte. „Komm schon, Erin, schalte dein Hirn wieder ein! Wir brauchen deine Hilfe!“Rico schnappte sich einen Stuhl, um sich auf Erins anderer Seite niederzulassen. Sie registrierte die Bewegung durchaus und wandte ihren Kopf im Zeitlupentempo in Ricos Richtung. Sie blinzelte, drehte den Kopf erneut und sah Sonny an. Dann breitete sich allmählich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.„Bullen!“, nuschelte sie. Es klang, als wäre sie kaum imstande Vokale auszusprechen.Sonny nahm in einer energischen Geste ihr Gesicht in beide Hände. Er zwang sie ihn anzusehen. „OK, wir sind Bullen und du hast Mist gebaut, Erin“, erklärte er streng. „Begreifst du das?“Erin grinste ihn an. „Bullen“, wiederholte sie schon deutlicher. „Scheißbullen!“Rico griff unter Erins Kinn, Sonny ließ los, und Rico drehte Erins Gesicht in seine Richtung. „Die Scheißbullen werden dafür sorgen, dass du wegen Beihilfe zum Mord im Gefängnis landest, wenn du nicht bald dein Hirn einschaltest und den Mund aufmachst!“, drohte er.Er wusste, dass sie damit vor Gericht niemals durchkommen würden, aber Erin wusste das nicht. „Vielleicht verbringst du dann den Rest deines Lebens im Knast oder du wartest die nächsten 10 bis 15 Jahre auf deine Hinrichtung. Wie gefällt dir das?“Gina stellte sich auf die andere Tischseite. „Ich weiß nicht, Jungs, vielleicht möchte sie ja gern in den Knast“, meinte sie. „Wenn ich so an die Stimme ihres Vaters am Telefon denke, könnte ich mir vorstellen, sie hätte lieber ein paar Gitterstäbe zwischen sich und ihm.“Anscheinend ließ die Wirkung der Drogen tatsächlich bereits nach. Zumindest schien es, als drängen Ginas und auch Ricos Worte in Erins Hirn vor.„Mein Vater?“, fragte sie leise, drehte den Kopf und sah Rico an. „Hinrichtung? He, Mann, wovon... reden Sie?“Sonny nahm erneut ihr Gesicht in beide Hände. „Erin“, sagte er eindringlich. „Erinnere dich an die Party heute Abend! Erzähl uns, was passiert ist!“Erin klimperte wieder mit den Augenlidern wie eine der Puppen aus den Siebzigern, die ihre Augen schlossen und wieder öffneten, wenn man die Puppe hin und her kippte.„Die Party“, murmelte sie, wobei ihr Blick durch Sonny durchzugehen schien. „Die Partys sin´ immer cool. Ich geh´ immer ins Asgard... das is´ ´ne Disco. Da erfährt man, wo ´ne Party stattfindet.“„Von wem?“, wollte Sonny wissen.Erin verstummte erst mal und ihre Lider sanken herab. Einen Moment lang sah es so aus, als wäre sie eingeschlafen. Obwohl Sonny sie am liebsten geschüttelt hätte vor Ungeduld, riss er sich zusammen. Er würde gar nichts erreichen, wenn er sie ängstigte. Stattdessen blickte er sie eindringlich an und sagte: „Erin, du musst uns helfen! Hat dir jemand etwas geschenkt, damit du mich ablenkst?“Erin öffnete die Augen wieder. „Ja“, kam es dann langsam über ihre Lippen. Sie lächelte. „Er war... wirklich nett zu mir. Hat mir... zwei Pillen Ocean Blue geschenkt. Er sagte: Der blöde Bulle da will mich ärgern. Mach ihn mal ´n bisschen heiß, damit ich verschwinden kann. Das hab ich gemacht!“ Sie sah Sonny an und er hatte das Gefühl, dass ihr Blick weiter aufklarte.„Erin, er hat eine Frau entführt, die er töten wird, wenn du uns nicht hilfst“, sagte Sonny.Vor der Tür wurde es laut. Jemand rief: „Ich will zu meiner Tochter!“„Ich kümmere mich darum“, erklärte Gina und eilte hinaus.Es schien, als gelänge es Sonny tatsächlich langsam in Erins Hirn vorzudringen. Sie holte tief Luft und fragte: „Eine Frau? Warum sollte er das tun? Das hat er nicht nötig!“„Offensichtlich braucht er das aber: Frauen zusammenschlagen, vergewaltigen und dann umbringen“, mischte sich Rico ein. „Erin, die Zeit läuft ihr davon! Wer ist der Mann, der dir sagte, du sollst Sonny ablenken?“

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EINUNDZWANZIGDie Tür öffnete sich und der Mann kam herein. Er registrierte sofort, dass Trudy nicht mehr gefesselt auf dem Lager lag und dass ein Stuhl fehlte. Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte er.Trudy zögerte nicht länger, obwohl die Tür im Weg war und sie erst einen Schritt nach vorne gehen musste.Sie schlug zu, verfehlte den Schädel des Mannes aber, der sich blitzschnell zur Seite drehte. Laut krachend zerbrach der Stuhl auf seinem Rücken. Nur die beiden Stuhlbeine, an denen Trudy ihn über den Kopf gehoben hatte, verblieben in ihren Händen, während der Rest des Stuhls auf den Boden knallte und sich überall verteilte.„Verdammtes Miststück!“, schimpfte er.Mit einem Knall flog die Tür ins Schloss, während der Entführer herumwirbelte und mit erhobenen Armen den nächsten Angriff abwehrte. Das Stuhlbein, das Trudy in der rechten Hand hielt, zerbrach auf dem Unterarm des Mannes.Es gelang ihm, ihr rechtes Handgelenk zu packen, aber mit dem Stuhlbein, das Trudy links in der Hand hielt, schlug sie ihm kräftig ins Gesicht. Die Augenbraue platzte auf und es knackte, als sein Nasenbein brach. Blut schoss aus seiner Nase und traf Trudys Gesicht. Sie ignorierte es, versuchte stattdessen einen weiteren Treffer zu landen. Der Kerl war jedoch darauf vorbereitet. Er griff von unten zu, schnappte sich ihren Arm und drückte ihn zur Seite. Er quetschte ihre beiden Handgelenke und der Schmerz brachte sie dazu, das Stuhlbein in der linken Hand fallen zu lassen.Trudy stöhnte auf, als der Entführer sie gegen die Wand donnerte. In ihrem Schädel explodierte ein ganzes Universum.Mit vor Wut blitzenden dunkelbraunen Augen sah er sie an, während das Blut aus der Platzwunde über sein Gesicht lief und sich mit dem Blut aus der Nase vermischte. „Das hast du dir so gedacht, du Miststück!“, knurrte er. „Mir entkommst du nicht!“Trudy stand da, den Rücken fest gegen die Wand gepresst, die Arme rechts und links neben seinem Kopf. Seine Finger umklammerten ihre Handgelenke wie Schraubstöcke. Ihr Hirn arbeitete jedoch auf Hochtouren. Wenn es ihm gelang sie erneut zu fesseln, hatte sie verloren. Er gab ihr sicher nicht noch einmal die Chance einen Knoten aufzubekommen. Vielleicht tötete er sie jetzt sofort, obwohl... wenn er das tat, brachte er sich um das „Vergnügen“ sie weiter misshandeln und später vergewaltigen zu können.Der Überlebenswille ließ sie reagieren, ohne dass sie darüber nachdachte. Ihr Knie ruckte hoch, um ihn dort zu treffen, wo es richtig weh tat. Er gab auch sofort einen sehr dumpfen Laut von sich und klappte zusammen... genau an der Tür, der einzigen Möglichkeit zu fliehen.Dennoch zog und zerrte Trudy an der Tür in der Hoffnung, ihn irgendwie wegzuschieben und durch einen Spalt zu fliehen.Der Mann erholte sich erstaunlich schnell. Vielleicht trieb ihn aber nur seine Furcht, ihr könnte die Flucht gelingen, wieder auf die Beine.Plötzlich verspürte Trudy einen entsetzlichen Schmerz im rechten Oberschenkel. Der Schmerz breitete sich rasend schnell im ganzen Bein aus. Sie fühlte Blut, das warm an ihrer Haut herunterlief, und wie er das Messer aus der Wunde zog, die er ihr beigebracht hatte.Das Bein wollte sie nicht mehr tragen. Es knickte ein und sie musste sich zwingen, stehen zu bleiben.Der Mann kam auf die Beine. Trudy sah das blutverschmierte Messer in seiner rechten Hand und, als sie den Blick zu seinem Gesicht hob, die Mordlust in seinen Augen.Im nächsten Moment packte er sie und schleuderte sie quer durch den Raum. Trudy krachte auf den Tisch, der unter ihr zerbrach. Der Aufprall nahm ihr die Luft und für einen Moment sah sie nur Sterne.Sie spürte, wie er sie in die Höhe riss, wobei er ihr fast den Arm auskugelte. Dann schlug er ihr mit der Faust ins Gesicht, ehe er sie zu dem Lager hinüberstieß.Trudy konnte sich nicht mehr wehren. Sie fiel auf die Matratze. Im nächsten Moment kniete er auf ihr, um sie wieder zu fesseln. Sie wusste, dieses Mal machte er es richtig. Er ging nicht noch mal das Risiko ein, dass sie es schaffte sich zu befreien.„Du kommst nur hier raus, wenn ich es will“, knurrte der Mann. „Wenn ich genug von dir haben, aber damit es etwas einfacher für dich wird, habe ich noch ein Geschenk für dich!“Im nächsten Augenblick spürte Trudy einen Einstich. Etwas rann mit leichtem Brennen in ihre Vene... und dann dämmerte sie weg.

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ZWEIUNDZANZIGCastillo hatte beschlossen, Anderson einen weiteren Besuch abzustatten. Dieses Mal nahm er tan und Larry mit, denn er brauchte Zeugen für das Gespräch mit seinem Kollegen.Er wies sie an, ihm mit Stans Wagen zu folgen, denn wenn Anderson den Namen seines Informanten tatsächlich preisgab war es sinnvoll, wenn Switek und Zito gleich dorthin fahren könnten.Das Haus der Andersons lag in tiefer Dunkelheit, was nicht ungewöhnlich war angesichts der frühen Zeit von fünf Uhr morgens.Castillo parkte seinen Wagen und zu dritt marschierten sie zu dem Eingang. Der melodische Ton der Klingel tönte durch das Haus, aber Catillo musste drei weitere Male auf die Klingel drücken, ehe drinnen Licht aufflammte.Einen Moment später öffnete Ms. Anderson einen Spalt beit die Haustür. Eine Kette verhinderte, dass man sie ganz aufstoßen konnte. Sie wirkte verschlafen, ihr Haar war ungekämmt."Lieutenant Castillo?", fragte sie überrascht. "Haben Sie mal auf die Uhr gesehen?""Entschuldigen Sie bitte, Ms. Anderson", antwortete Castillo. "Leider sind wir gezwungen, Sie und Ihren Mann zu dieser nachtschlafenden Zeit zu stören. Es ist sehr wichtig. Können wir ihn sprechen?""Natürlich!"Ms. Anderson schloss die Tür, um die Kette auf Seite schieben zu können, öffnete sie dann erneut. Sie trug einen pinkfarbenen Morgenmantel aus Satin, den sie eng um den Körper zog, als die drei Männer hereinkamen.Sie schloss die Tür, um gleich danach die Arme vor der Brust zu verschränken."Was ist denn passiert, dass Sie uns zu so früher Stunde aufsuchen?", wollte sie wissen."Würden Sie bitte Ihren Mann wecken, Ms. Anderson?", bat Castillo statt einer Antwort. "Es gilt, keine Zeit zu verlieren."Ms. Anderson blickte ihn an. Sie erkannte den absoluten Ernst der Lage und nickte. Nachdem sie irhe Arme entknotete, fuhr sie sich mit der rechten Hand von vorn nach hinten durch das schwarze Lockenhaar, ehe sie zu den Räumen im hinteren Teil des Hauses eilte."Ziemlich nobel", murmelte Zito, während sie da standen und darauf warteten, dass Lieutenant Anderson auftauchte.Castillo antwortete nicht, aber Stan meinte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Lieutenant so viel Geld verdient, dass er sich so einen Schuppen leisten kann.""Vielleicht hat seine Frau das Geld mitgebracht", vermutete Larry.Castillo wandte sich kurz um. Er bedachte seine beiden Detectives mit einem strafenden Blick und sie verstummten augenblicklich wie ertappte Schuljungen.Weiter hinten im Haus klappte eine Tür, wenig später eine zweite. Webig später wurde erneut eine Tür geschlossen, ehe Ms. Anderson zurückkehrte."Mein Mann kommt gleich. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Ich könnte eine Kanne Kaffee kochen."Larry grinste sie an. "Für mich klingt das sehr gut. Danke."Dieses Mal übersah er den strafenden Blick seines Bosses.Ms. Anderson bot ihnen einen Platz im Wohnzimmer an, bevor sie selbst in der Küche verschwand. Sie hörten Wasser rauschen und eine Schranktür klappen. Auch weiter hinten im Haus wurde es unruhig. Dann tauchte Anderson auf. Er trug ebenfalls einen Bademantel, aber seiner bestand aus Frotteestoff und war dunkelblau.Missmutig betrat er das Wohnzimmer, überging die freundliche Begrüßung und knurrte:"Ich hoffe, Sie haben eine verdammt gute Erklärung dafür, warum Sie anständige Leute zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett werfen, Castillo!"Ms. Anderson kam mit einem Tablett, auf dem Tassen, ein Milchkännchen und eine Zuckerdose standen, herein. Wortlos huschte sie zum Tisch, während Castillo erwiderte: "Genügt es, dass eine weitere Polizistin von dem Kerl entführt wurde, der seine Opfer auf den SOB - Partys sucht und bereits Detective Angela Kissling auf dem Gewissen hat?"Ms. Anderson riss in einer entsetzten Geste die Hand an den Mund, Anderson sank in einen der beiden Sessel. Dicke Ringe lagen unter seinen Augen, als hätte er noch nicht allzuviel Schlaf gefunden in dieser Nacht."Wann?", fragte er."Nach Mitternacht", antwortete Castillo, der sich ebenfalls in einem Sessel niedergelassen hatte, während Switek und Zito auf dem Sofa saßen.Castillos Blick hing einen Momet gedankenverloren an Ms. Anderson, ehe er sich seinem Kollegen zuwandte. "Sie müssen mir den Namen Ihres Informanten nennen, Anderson. Nur er kann uns helfen, die entführte Kollegin wiederzufinden, ehe es zu spät ist."Anderson schwieg. Er starrte auf die Rauchglasplatte, atmete flach und dachte nach.Ms. Anderson ließ sich auf einem ledernen Hocker nieder, den Blick unverwandt auf ihren mann gerichtet, die Hand weiterhin vor den Mund gepresst."Anderson", sagte Castillo eindringlich. "Inzwischen gibt es vier Opfer, denn die Frau namens Nicky wurde im Krankenhaus mit einem Kissen erstickt. Jetzt hat er Detective Joplin und auch sie stirbt, wenn Sie uns nicht helfen!""George?", fragte Ms. Anderson leise mit zittriger Stimme.Endlich hob Anderson den Kopf. "Wie ich Ihnen bereits sagte kenne ich den Namen des Informanten nicht. Eines Tages rief er hier an und fragte, ob ich an Informationen aus der Szene interessiert wäre. Ich fragte nach seinem Namen, aber er ging nicht darauf ein. Ich wollte ihn treffen, aber er wehrte ab. Da ich unbedingt herausfinden wollte, wer hinter diesen Partys stckt sagte ich, ich wäre sehr an seinen Informationen interessiert. Er rief mich immer an, sobald er wusste, wann und wo die nächste Party stieg, aber er redete nie lange, nannte nur den Ort und legte auf.""War an seiner Stimme etwas auffälliges? Ein Akzent vielleicht?", wollte Castillo wissen.Einen Moment lang starrten die beiden Männer einander an."Sie glauben mir nicht", stellte Anderson dann fest. Er ließ den Blick durch das geschmackvolle, teuer eingerichtete Wohnzimmer schweifen, ehe er wieder Castillo ansah. "Deswegen! Sie fragen sich, woher ein Lieutenant das Geld hat, um so zu leben, stimmt´s? Und in Ihren Augen sind Korruption oder vielleicht noch eine reichte Heirat die einzigen Möglichkeiten, um zu Geld zu kommen, richtig?"Castillos Miene blieb unbewegt. "Darüber können wir uns unterhalten, sobald Detective Joplin in Sicherheit ist", antwortete er. "Seine Stimme!""Ja, er hat einen Akzent. Irgendwas lateinamerikanisches. Er klingt... geschwollen, vornehm, wenn er redet."Stan und Larry sahen sich an und Larry sagte: "Ich glaube, ich ahne, von wem hier die Rede ist!""Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?", erkundigte sich Castillo, aber der Kollege schüttelte den Kopf.Castillo erhob sich. Stan und Larry blieb ebenfalls keine andere Wahl als aufzustehen. Bedauernd hing Larrys Blick an den leeren Tassen auf dem Tisch. Ms. Anderson war nicht dazu gekommen, den frisch aufgebrühten Kaffee zu holen.Castillo entschuldigte sich noch einmal für die frühe Störung und bat Anderson sehr eindringlich, ihn sofort anzurufen, sobald ihm noch irgendwas einfiel. Dann verließen sie das Haus."Fahren Sie zu Moreno", ordnete Castillo an. "Machen Sie ihm Dampf, falls unsere Vermutung stimmt.Stan und Larry nickten wie auf ein geheimes Kommando hin."Worauf Sie sich verlassen können, Lieutenant", erwiderte Stan mit grimmiger Miene. "Wir falten den Kerl so zusammen, dass er in eine Streichholzschachtel umiehen kann!"Dann stiegen sie in ihre Fahrzeuge.George Anderson stand am Wohnzimmerfenster und blickte zu den drei Männern hinaus. Er sah sie miteinander sprechen, ehe sie in die beiden Wagen stiegen. Er hätte es ihnen sagen müssen, auch wenn er nicht glaubte, dass sie Detective Joplin noch retten konnten, aber vielleicht war es auch noch nicht zu spät.George wandte sich um. Seine Frau stand mitten im Raum, den Blick starr auf ihn gerichtet."Ihnen konntest du etwas vormachen, George, aber mir nicht", sagte sie. "Ich frage mich nur, warum du ihnen nicht die Wahrheit gesagt hast."George antwortete nicht, sondern eilte in sein Büro im hinteren Teil des Hauses.
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DREIUNDZWANZIGEinen Moment lang schien der Name im Raum zu hängen wie eine kleine Rauchwolke. Rico und Sonny blickten sich ungläubig an.„Bist du sicher, Erin?“, hakte Sonny nach.Erin nickte. „Bin ich.“ Sie wandte den Kopf etwas und blickte auf die geschlossene, weiße Tür. „Ich weiß, dass mein Vater da draußen ist. Er... soll nicht erfahren, was ich so treibe, OK?“„Keine Sorge“, versicherte Rico nur, aber das schien Erin bereits zu genügen.„Ich habe nicht immer das Geld für den Stoff, den ich brauche. Also, tu ich den Jungs schon mal einen Gefallen.“ Sie schnaubte. „Ich war bisher allerdings immer froh, wenn Estefan mich in Ruhe ließ, denn er ist ein übler Typ. Er steht drauf Frauen zusammenzuschlagen. Letzte Nacht kam er und bot mir Ocean Blue an, wenn ich dich dafür ein bisschen ablenke...“Ihr Blick wanderte an Sonny hinauf und hinunter und man sah deutlich, dass sie mit dieser Ablenkung gern fortfahren würde.„Mehr sagte er nicht?“, fragte Sonny, den anzüglichen Blick absichtlich ignorierend.Erin zuckte die Achseln. „Nein, wozu auch? Er gab mir zwei Tabletten Ocean Blue für diese Gefälligkeit! Hast du ´ne Ahnung, was ich sonst dafür tue?“Sonny seufzte. „Ich will´s gar nicht wissen.“Rico fasste ihn an der Schulter. „Gehen wir! Schnappen wir uns das Bürschchen und stellen ihm etliche unangenehme Fragen!“Sonny nickte und gemeinsam eilten sie hinaus.Auf dem Flur stand Gina mit Mr. Cogan, der nun mit besorgter Miene auf die beiden Detectives zutrat. „Was ist mit meiner Tochter? Wieso wurde sie verhaftet? Ihre Kollegin sagte etwas von einer verbotenen Drogenparty?“„Da hat unsere Kollegin vollkommen recht, Mr. Cogan“, erwiderte Rico.„Das muss ein Irrtum sein. Meine Tochter hat nichts mit Drogen zu tun!“, behauptete Mr. Cogan und hielt Sonny am Arm fest.Sonny platzte der Kragen. „Ihre Tochter war bis an den Stehkragen zugedröhnt und außerstande auch nur ihren Namen zu nennen und jetzt entschuldige Sie uns bitte...!“, fauchte er, ehe er sich befreite.Rico und Sonny eilten durch die Gänge des Präsidiums nach draußen.„Ich könnte mir selbst in den Hintern treten“, schimpfte Rico. „Ich wusste die ganze Zeit, dass ich den Kerl schon irgendwo gesehen habe und jetzt ist mir auch klar, wo. An dem Tag, als wir Rimigio verhafteten, kam sein Sohn die Treppe herunter. Ich sah ihn direkt an!“Sonny antwortete nicht. Was hätte er auch sagen sollen?Sie sprangen in den Daytona und Sonny griff zum Telefon. Er wählte Castillos Büronummer, danach die von dessen Autotelefon.„Der Kerl, der Trudy entführte, ist Estefan Rimigio, Leonardo Rimigios Sohn“, sagte er, als Castillo den Hörer abnahm. „Wir brauchen einen Durchsuchungsbeschluss für Rimigios Besitz.“Der Daytona schlidderte inzwischen bereits mit quietschenden Reifen um eine Kurve Richtung Expressway.„In Ordnung!“, sagte Sonny und legte auf. Dann erklärte er: „Castillos kümmert sich darum. Wir sollen allerdings außerhalb von Rimigios Anwesen auf sein Eintreffen warten.“Rico stöhnte auf. „Verdammt, wir haben keine Zeit, Sonny. Trudy hat keine Zeit!“Sonny schaltete das Blaulicht ein, um sich den Weg freizumachen. Er wollte zumindest so schnell wie möglich am Ziel ankommen, auch wenn es dann hieß zu warten. Weit genug von Rimigios Besitz würde er die Sirene wieder ausschalten.„Ich weiß, Rico, aber Castillo hat recht. Ohne Durchsuchungsbeschluss macht Rimigio uns nicht mal das Tor auf, aber sein Sohn wäre vorgewarnt, wenn wir zu früh in Erscheinung treten. Das dürfen wir nicht riskieren.“Rico antwortete nicht, aber er fragte sich, wie er klarkommen sollte, falls es ihnen nicht gelang Trudy zu retten.Schnell schob er den Gedanken weg. Sie durften nicht zu spät kommen!„Wir sollten Gina bitten uns weitere Informationen über den Rimigio – Sprössling zukommen zu lassen“, überlegte er, während er bereits zum Telefon griff.Nach dem dritten Klingeln nahm bereits jemand im Präsidium den Hörer ab. Er fragte nach Detective Gina Calabrese von Vice und eine weitere halbe Minute später hatte er sie am Hörer.„Wir brauchen Informationen über Estefan Rimigio. Er hat Trudy. Besorg uns auf die Schnelle alles, was du über ihn finden kannst“, bat er.„In Ordnung“, sagte Gina und legte auf.Trudy befand sich inzwischen seit vier Stunden in den Händen ihres Entführers.

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VIERUNDZWANZIGTrudy schwebte durch einen schwarzen, luftleeren Raum. Geräusche drangen an ihr Ohr, aber sie konnte sie nicht definieren. Sie verspürte Angst, wusste aber nicht wovor. Immer wieder schoss ein Schmerz durch ihren Körper, dem sie zu entkommen versuchte, aber es gelang ihr nicht. Ab und zu schaffte sie es ihre Augen zu öffnen, aber sie gewahrte nur Schatten ohne Gesicht und hörte dumpfe Stimmen unverständliche Worte sprechen. Es war, als befände sie sich irgendwo unter Wasser.Außerdem schien sie an irgendetwas festzukleben.Trudy wollte sprechen, aber auch ihre Lippen ließen sich nicht auseinanderbringen.Was... los? , dachte sie und merkte, dass nicht mal ihre Gedanken sich ordnen ließen. Nichts wollte funktionieren. Eigentlich sollte sie das in Panik versetzen, aber stattdessen hätte Trudy am liebsten laut losgelacht... - wenn es denn ginge.Irgendetwas traf sehr schmerzhaft ihr Gesicht. Ihr Kopf flog zur linken Seite und ein Stöhnen drang an ihr Ohr. Sie wusste nicht, dass es von ihr selbst stammte. Im nächsten Moment spürte sie etwas warmes über ihre Wage laufen.Von irgendwoher drang eine Stimme zu ihr vor. Auch wenn sie die Worte nicht verstand, erkannte sie den Zorn, der darin lag. Eine andere Stimme antwortete nicht weniger wütend. Nur einen Atemzug später schoss der Schmerz durch Trudys Oberkörper. Er nahm ihr die Luft, drückte ihren ganzen Körper zusammen und ließ sie sich aufbäumen. Trudy spürte jedoch, dass die Worte allmählich deutlicher wurden, und dass sie ihre Umgebung wieder mehr wahrnahm.Sie befand sich immer noch in dieser Hütte oder dem Bootshaus. Sie hatte versucht ihren Entführer kampfunfähig zu machen, aber es war ihr nicht gelungen. Stattdessen hieb er ihr ein Messer ins Bein, schleppte sie zu diesem Lager, fesselte sie und verabreichte ihr Drogen.„Du musst verrückt sein!“, hörte sie jemanden sagen. Die Stimme klang noch etwas verschwommen, aber verständlich.Trudy beschloss, nicht zu erkennen zu geben, dass die Wirkung der Drogen bereits nachließ. Alles, was sie im Moment wollte, war überleben. Überleben und fliehen!„Wenn ich verrückt bin, dann bist du es auch, Alf! Du machst schließlich mit! Ihr alle mach auf die eine oder andere Art mit!“Trudy erkannte die Stimme. Sie gehörte Estefan, dem miesen Dreckskerl, der ihr den mit Drogen versetzten Drink in die Hand drückte.„Du wirst uns die Bullen auf den Hals hetzen, Estefan. Ich habe keine Lust deinetwegen auf dem elektrischen Stuhl zu landen!“Trudys Verstand klarte erstaunlich schnell auf. Sie musste herausfinden, wer dieser Alf war, damit sie auch ihn identifizieren konnte, sobald sie hier raus kam. Dass ihr das gelang, davon war sie felsenfest überzeugt.Langsam, als wäre sie noch lange nicht bei sich, drehte sie den Kopf, die Lider einen Spalt breit geöffnet. Viel erkennen konnte sie nicht, zumal einer der beiden Männer die Lampe verdeckte.„Die Bullen wissen gar nichts!“, knurrte Estefan und schlug Trudy erneut ins Gesicht, dass ihr Kopf wieder zur Wand ruckte. Sie stöhnte auf. Mindestens einer ihrer Zähne hatte sich inzwischen gelockert und sie schmeckte Blut im Mund. Jetzt begann sich ein Brennen über ihren ganzen Körper auszubreiten, aber ihr blieb keine Zeit, um darüber nachzudenken. Sie musste sich konzentrieren.„Estefan, hör auf damit! Die verdammten Bullen wissen mehr, als du denkst“, sagte Alf eindringlich. „Lass sie uns einfach irgendwohin werfen. Du hast ihr gleich Drogen unter den Drink gemischt und sie hat dein Gesicht nicht wirklich gesehen. Ich wette, sie erinnert sich nicht mehr an dich, wenn sie zu sich kommt. Mach nicht den gleichen Fehler wie bei dem anderen Bullen!“Estefan schnaubte. „Ich dachte, du wärst ein Mann, aber wenn ich dir jetzt zuhöre, dann erkenne ich, dass du nicht mehr bist als ein jammerndes Etwas. Niemand, Alfonso, wirklich niemand wir uns je auf den elektrischen Stuhl bringen und weißt du, warum?“„Nein!“Es klang gepresst, wie unter großer Beherrschung hervorgebracht.„Weil wir schlauer sind als die verdammten Bullen! Weil sie uns nie erwischen werden!“, erklärte Estefan angeberisch.Einen Moment lang herrschte Stille. Trudy fühlte, dass die Beiden noch da waren, aber keiner sagte etwas. Sie schienen nicht einmal zu atmen. Am liebsten hätte Trudy erneut den Kopf gedreht, aber sie befürchtete, es könnte zu auffällig sein. Stattdessen öffnete sie die Augen einen kleinen Spalt breit, um sich die Fessel an ihrem linken Handgelenk zu betrachten.Entsetzt hielt sie den Atem an, zwang sich dann aber normal weiterzuatmen. Was war nur geschehen? Sie sah rohes Fleisch auf ihrem Unterarm. Blut war an der Haut heruntergelaufen und es roch verbrannt. Allmählich wurde ihr bewusst, was das Brennen auf ihrer Haut bedeutete. Anscheinend hatte Estefan sie mit einer Zigarettenkippe misshandelt.„Ich mache nicht mehr mit, Estefan“, erklärte Alfonso mit einem Mal.„Du kannst nicht einfach aussteigen, Alf“, antwortete Estefan.„Wie willst du mich denn daran hindern? Willst du mich zusammenschlagen, wie du es bei den Frauen getan hast? Mich fesseln? Umbringen?“, fragte Alfonso ironisch.Trudy spürte, wie Estefan, der bisher auf der Matratze kniete, aufstand. Sie wagte es, den Kopf wieder ganz langsam zu drehen, die Lider eine Winzigkeit weit geöffnet.Sie sah den Rücken eines Mannes, wahrscheinlich Estefan. Von dem zweiten Mann konnte sie nichts erkennen. Vermutlich stand er irgendwo in der Nähe der Tür.„Ja, warum nicht?“, fragte Estefan provozierend. „Wenn du nicht mehr für mich bist, bist du gegen mich und Gegner kann ich nicht gebrauchen.“Trudy hörte ein metallisches Klicken. Offensichtlich war Estefan bewaffnet und so, wie es aussah, würde er gleich den einzigen Menschen töten, der versuchte, sich für sie einzusetzen.„Hör den Scheiß auf, Estefan!“, sagte Alfonso. „Das kannst du nicht tun!“Trudy hörte die Unsicherheit aus seiner Stimme heraus. Anscheinend war er sich nicht sicher, ob Estefan wirklich davor zurückschreckte ihn zu töten.„Ich tu´s, Alf! Zuerst bringe ich dich um und wenn ich genug von ihr habe, auch den Bullen!“Estefan schoss. Der Hall des Schusses schmerzte in Trudys Ohren. Jemand stöhnte auf, ehe ein schwerer Körper mit einem dumpfen Laut zu Boden polterteTrudys Herz schlug schneller, als ihr bewusst wurde, was das Geräusch bedeutete: Jetzt war sie an der Reihe!

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FÜNFUNDZWANZIGIzzy war nicht zu Hause. Stan und Larry hatten etliche Male so fest gegen die Tür gehämmert, dass sie beinah aus den Angeln hüpfte. Irgendwann tauchte ein Mann auf, der nebenan wohnte. Er trug ein weißes Unterhemd zu einer verwaschenen, hellgrauen Jogginghose und schrie: „Wenn Sie nicht sofort aufhören, rufe ich die Polizei!“Grinsend zog Stan seinen Dienstausweis hervor, ließ ihn aufschnappen und verkündete: „Da soll noch mal jemand behaupten, die Polizei wäre langsam! Wir sind so schnell, dass Sie nicht mal dazu kamen zum Telefon zu greifen!“Der Mann murmelte etwas, dass wie eine Entschuldigung klang, ehe er schleunigst in seiner Wohnung verschwand.„Siehst so aus, als wäre Moreno nicht da“, meinte Larry und gähnte hinter der vorgehaltenen Hand.„Ratten kehren nach Hause zurück, wenn es hell wird. Setzen wir uns ins Auto und warten auf ihn“, schlug Stan vor. „Ich besorge uns da drüben am Coffee – Shop zwei Becher Kaffee. Was sagst du?“„Dreifacher Espresso“, erwiderte Larry.Larry machte es sich schon mal in Stans Auto gemütlich, von wo aus er Izzys Haustür im Auge behielt.Stan kehrte einen Moment später mit den zwei Bechern zurück, von denen er Larry einen reichte. Dann warteten sie, aber Izzy kam nicht.Rico und Sonny saßen im Daytona unweit der Zufahrt zu Leonardo Rimigios Haus und warteten ebenfalls. Im Funkgerät knisterte es ab und zu und hin und wieder kam eine Durchsage von einem Kollegen, gepackt in Codes.Etwa eine viertel Stunde, nachdem Sonny den Motor ausschaltete, klingelte das Telefon. Rico nahm den Hörer ab.„Ich bin´s“, sagte Gina. „Ich versuche mich kurz zu fassen. Estefan Rimigio, 28 Jahre alt. Sein Vater verließ Miami nicht lange nach seiner Geburt, um seine Karriere in Chicago aufzubauen, aber er sorgte aus der Ferne dafür, dass sein Sohnemann nur die allerbesten Internate und Universitäten besuchte. Vor acht Monaten schlug Estefan eine junge Frau, Milly Miranda Steele, krankenhausreif. Sie zeigte ihn an, zog die Anzeige dann aber wieder zurück. Behauptete, sie wäre gestürzt und nicht durch Schläge verletzt worden. Allerdings weiß ich beim besten Willen nicht, wie man sich bei einem Sturz Würgemale zuzieht.“„Eine gute Frage“, meinte Rico. „Hat man sie gefragt?“„Keine Ahnung. Davon steht hier nichts“, erwiderte Gina und fuhr fort: „Zu Estefans engen Freunde zählen jene Typen, die wir letzte Nacht als Organisatoren der SOB – Party verhafteten und die im Moment versuchen uns einzurden, dass sie einander nie zuvor sahen.“Sie schnaubte abfällig.„Dominic Cordey, 28 Jahre alt. Unser DJ von letzter Nacht gehört zum Club. Er fing bereits etliche Studiengänge an, scheint aber hauptberuflich bisher Sohn zu sein. Er wurde mehrmals wegen Nötigung, Erpressung und Körperverletzung angezeigt, aber Mami rettete ihm jedes Mal den Hintern.Der Truck ist zugelassen auf Patrick und Leon Bell. Die Zwillingsbrüder konnten wir ebenfalls erwischen. Ronald Bell, dem Vater der Beiden, gehört eine sehr gut gehende Spedition. Allerdings gibt es über die Zwillinge bisher keine Akte bei uns...“„Erstaunlich“, meinte Rico überrascht.„Du sagst es“, stimmte Gina zu. „Ich denke, auch Ryan Wilson, der den Truck fuhr, gehört mit zum engen Freundeskreis Estefan Rimigios, obwohl Wilson aus einfachen Verhältnissen stammt. Seine Mutter arbeitet seit sehr vielen Jahren als Haushälterin bei den Rimigios, sein Vater ist dort Chauffeur.Einer fehlt allerdings: Alfonso Mendes, Besitzer des Clubs Atlantis. Er ist wohl Estefans engster Freund...“„Sagt wer?“, wollte Rico wissen.Gina lachte leise. „Die Klatschpresse, Rico. Manchmal sind Arzttermine wirklich für etwas gut, denn man kann im Wartezimmer sitzen und sich die neuesten Meldungen in den einschlägigen Boulevardblättern zu Gemüte führen.“„Da kommt Castillo“, sagte Sonny.Rico sah die Fahrzeuge ebenfalls. Castillos schwarzer Wagen fuhr vorne weg, vier Polizeiwagen und ein Mannschaftswagen folgten. „Dann wollen wir uns mal einreihen“, meinte Sonny und startete den Motor.Lieutenant Castillo betätigte die Klingel in der Wand neben dem Tor. Es dauerte einen Moment, ehe eine weibliche Stimme erstaunt fragte: „Ja, bitte?“„Lieutenant Castillo, Miami Vice. Ich habe einen Durchsuchungsbescheid. Öffnen Sie das Tor!“Es knackte kurz in der Gegensprechanlage, dann schwang langsam das große, schmiedeeiserne Tor auf.Wenig später hielten die Fahrzeuge vor der großen, weißen Villa, deren Vordach von dicken Säulen getragen wurde.Alle stiegen aus und Castillo gab den Männern Anweisungen sich zu verteilen. Er selbst marschierte zusammen mit Rico, Sonny und vier Beamten zum Eingangsportal, das ihnen erst geöffnet wurde, nachdem er läutete.„Pure Schikane“, grummelte Sonny. „Die haben uns doch gesehen!“Ms. Wilson, die Haushälterin, öffnete die Tür. Sie musterte die drei Männer, ließ sie aber erst mal draußen stehen.Castillo hielt ihr die richterliche Anordnung unter die Nase. „Wo ist Mr. Rimigio?“Ms. Wilson, eine Frau um die fünfzig, holte tief Luft. „Ich habe Mr. Rimigio geweckt und er wird gleich hier sein.“Endlich öffnete sie die Tür weit, um sie einzulassen. „Sie können gern so lange im weißen Salon warten.“„Wir warten nirgendwo, sondern fangen an“, bestimmte Castillo. „Wo ist Estefan Rimigio?“Man sah Ms. Wilson an, dass sie innerlich kochte über diese Unverschämtheit, aber natürlich wagte sie nicht, sich über eine richterliche Anordnung hinwegzusetzen. „In seinen Räume, nehme ich an. Es ist sehr früh am Morgen!“„Wo sind seine Räume?“, wollte Rico voller Ungeduld wissen. Diese ganze Hinhaltetaktik zerrte gewaltig an seinen ohnehin völlig überreizten Nerven.Ms. Wilson wies in die obere Etage. „Der rechte Flügel!“Rico sprang, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Natürlich glaubte er nicht, dass Trudy sich dort oben aufhielt, aber wenn Estefan dahintersteckte, dann würde er aus dem Mistkerl herausbekommen, wo er sie verborgen hielt.Rico schenkte es sich, höflich anzuklopfen. Er platzte gleich in Estefans Räumlichkeiten. Seine Hand fand den Lichtschalter. Die Beleuchtung flammte auf und zeigte ihm die teure Einrichtung eines Wohnzimmers, das mindestens viermal so groß war wie sein Motelzimmer und einen atemberaubenden Blick über den Ozean bot.Rico stieß die nächste Tür auf. Sie führte in ein riesiges Schlafzimmer mit einem großen, unbenutzten Bett und der gleichen fantastischen Aussicht. Er öffnete eine Tür, die in ein luxuriöses Bad führte und er eilte einen kurzen Gang entlang, der sowohl zu einem Büro mit Meerblick wie auch zu dem begehbaren Kleiderschrank führte, den man auch vom Bad aus betreten konnte.Estefan war nirgendwo.Fluchend kehrte er ins Erdgeschoss zurück, wo inzwischen ein sehr aufgebrachter Leonardo Rimigio in einem seidenen Morgenmantel mit seinem schnurlosen Telefon seinen Anwalt anrief.„Sie werden sofort hier auftauchen und wenn es in der Unterhose ist, klar?“, brüllte er in den Hörer. „Ich bezahle Sie nicht, damit sie sich den Hintern in Ihren Seidenlaken platt liegen!“Dann drückte er das Gespräch weg und hob den Blick zu Rico, der die Treppe hinunterpolterte.„Wo ist Ihr Sohn, Mr. Rimigio“, fragte Rico.„Wenn er nicht in seinem Bett liegt, weiß ich es nicht“, fauchte Leonardo Rimigio. „Mein Sohn ist aus dem Alter raus, wo er mir über jeden seiner Schritte Rechenschaft ablegen muss, Mr. Detective.“Rico hatte Mühe sich zu beherrschen, aber er wusste, dass er nicht die Geduld verlieren durfte. Rimigio würde jeden noch so winzigen Fehler für seine Zwecke ausnutzen. „Ihr Sohn hat eine Polizistin in seiner Gewalt, Mr. Rimigio, und er trägt die Schuld am Tod von vier anderen Frauen“, behauptete er.„Das müssen Sie erst noch beweisen!“, knurrte Rimigio.„Das werden wir!“, ließ sich Castillos entschlossene Stimme hinter Rimigio vernehmen. „Besitzt Ihr Sohn ein eigenes Haus? Eine Yacht? Eine Jagdhütte?“Leonardo Rimigio blickte wütend in die Runde. „Ich sage nichts, was meinen Sohn belastet!“„Das müssen Sie auch nicht“, sagte Sonny von der Eingangstür her. „Gina rief gerade an. Sie gab mir die Adresse einer Villa mit eigenem Strand und Bootssteg nicht weit von hier entfernt, die Sie Ihrem Sohn kürzlich kauften, die aber noch nicht bezugsfertig ist. Fahren wir, Tubbs!“Mit langen Schritten eilten Rico und Sonny hinaus. Wenig später rasten sie mit quietschenden Reifen davon. Beide spürten ihre wachsende Ungeduld und stellten sich die gleiche quälende Frage: Kamen sie noch rechtzeitig?

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