Bloody Sunday - (Abgeschlossene Geschichte)


Christine

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NEUNZEHNDIENSTAG, 8:30 h Das Pärchen kletterte aus dem Cabrio. Emilia Cordaro kicherte nervös, als sie um den Wagen herumlief und ihrem Freund Benito DaSilva in die Arme flog. Sie waren erst seit sechs Wochen zusammen und Emilia schwankte, ob ihre Entscheidung, mit Benito in das leerstehende Strandhaus zu fahren, wirklich richtig war. Aber Benito, der einundzwanzig war, drängte und behauptet, wenn sie ihn liebte, müsste sie auch mit ihm schlafen wollen. Bei ihm zu Hause hatten sie allerdings keine Möglichkeit allein zu sein. Benito wohnte noch bei seinen Eltern und er hatte vier Geschwister, für die das Wort Privatspähre ein Fremdwort zu sein schien. Andauernd kamen sie in Benitos Zimmer. Sie klopften nie an und machten sich breit, um zu quatschen. Sie merkten nicht, wann sie störten oder sie wollten es nicht merken. Bei Emilia zu Hause war es nicht besser. Ihre Eltern waren seit vier Jahren geschieden. Seit einem Jahr lebte Emilia bei ihrem Vater, aber nur, weil ihre Mutter mit einem Kerl zusammen war, den Emilia nicht leiden konnte. Wenn er sie ansah, hatte sie das Gefühl, dass er sie mit den Augen auszog und manchmal hatte er zweideutige Bemerkungen gemacht, die ihr nicht gefielen. Deshalb zog sie zu ihrem Vater, der sehr häufig von Zuhause aus arbeitete und darauf bestand, dass Emilia ihre Zimmertür offen ließ, wenn Benito sie besuchte."Du bist schließlich erst sechzehn," hatte er gesagt. Das leere Strandhaus hatte Benito zufällig vor etwa einer Woche entdeckt. Ihm war das Unkraut in den Blumenkästen am Verandageländer aufgefallen. Dann hatte er sich umgesehen und war darauf gekommen, dass der Besitzer sich anscheinend aus irgendeinem Grund aus dem Staub gemacht hatte.Das Haus stand recht einsam. Das nächste Haus sah man jedenfalls von hier aus nicht. Der Wind hatte Sand auf die Vorderveranda des weiß getünchten Hauses und auf die Fensterbänke geweht und auch die Fenster waren voller Staub. Spinnweben hingen überall. "Ich glaube, es war keine gute Idee hierzukommen, Benito," meinte Emilia und heftete ihren Blick aus schokoladenbraunen Augen auf die Spinnweben im Türrahmen. Emilia hatte, im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen kein Problem mit Spinnen, aber diese Spinnweben schienen ihr mitteilen zu wollen, sie sollte draußen bleiben. Benito lachte. Er umfasste von hinten Emilia´s schlanke Taille, blies ihre rabenschwarzen Locken zur Seite und küsste sie sanft auf den Hals, während seine rechte Hand den Weg unter das violettfarbene Top suchte."Hast du Angst vor Krabbeltieren, Milly?," raunte er und krabbelte mit den Fingern leicht über ihren Bauch.Emilia hielt seine Hand fest. "Nein, aber...ich denke, es ist zu früh.""Es ist nicht zu früh," murmelte Benito. Der Wind,d er vom Meer kam, drückte gegen die Tür und Benito und Emilia stellten erstaunt fest, dass die Tür offen war."Das ist wie eine Einladung," sagte Benito, als er Emilia ins Haus schob. Drinnen stank es fürchterlich. Irgendwie süßlich. Widerlich. Emilia drehte sich fast der Magen um. Sie hielt sich die Hand vor den Mund und wandte sich um. "Hier kann ich nicht bleiben," würgte sie. "Mein Gott, was ist das?"Aber sie rannte nicht nach draußen. Sie legte beide Hände so gegeneinander, dass sie einen Hohlraum bildeten, in dem sie ihren Mund vergrub. Dann ging sie an einer geschlossenen Tür vorbei in den großen Wohnraum, in dem noch die Möbel des alten Besitzers standen. Sie hörte das dunkle, aufgeregte Brummen von Myriaden von Fliegen. Es wurde lauter und der Gestank unerträglicher. - Und dann sah sie ihn auf dem Boden liegen. Der Bauch war zerfetzt und die Innereien quollen heraus. Überall um ihn herum war getrocknetes Blut. Seine Hände lagen auf dem zerrissenen Bauch, als hätte er kurz vor seinem Tod versucht alles an seinen Platz zurückzuschieben. Die Gedärme bewegten sich durch die vielen Insekten, die darin herumkrochen und Emilia entdeckte mehrere dicke, pechschwarze Käfer, die über eine Darmschlinge krochen, um in der Bauchhöhle zu veschwinden.Schnitte bedeckten die Arme des Mannes und das Gesicht war eine blutige Masse. Emilia stand da. Sie war wie erstarrt, konnte den Blick nicht abwenden von der sich bewegenden Masse, die aus dem Bauch des toten Mannes quoll. Dann aber begann ihr Magen fürchterlich zu rebellieren. Ihre Erstarrung löste sich endlich. Sie wirbelte herum, rannte hinaus und übergab sich auf die Vorderveranda. Sie stand gebeugt da, zitterte wie Espenlaub, rannte dann weiter zum Wasser und fiel dort auf die Knie. Ihre Gedanken rotierten. Sie mussten die Polizei anrufen... - aber dann erfuhr ihr Vater, dass sie mit Benito hierhergefahren war. Er war kein Idiot! Er würde sofort wissen, warum sie und Benito hier herausgefahren waren.Aber der Mann in dem Strandhaus war ermordet worden und sein Mörder lief frei herum! Emilia seufzte. Der Wind wehte ihr in das hübsche, längliche Gesicht. Er spielte mit ihren Haaren und obwohl es warm war bekam Emilia eine Gänsehaut. Ihr Magen kam allerdings langsam zur Ruhe... solange sie nicht daran dachte was sie gerade gesehen hatte. Über ihr schrie eine Möwe und hinte ihr sagte Bnito: "Ich habe die Polizei angerufen."Er kniete neben ihr nieder und nahm sie in die Arme. Emilia legte den Kopf gegen seine Schulter und ihre Arme um seine Hüften."Ich schwöre, das er am Freitag noch nciht da lag, Milly," schwor er. Auch seine Stimme zitterte. "Ich war zwar nicht da drinnen, aber ich habe durch alle Fenster gesehen. Er - wäre mir aufgefallen.""Ich glaube dir," flüsterte Emilia. Billy und Estelle machten sich auf den Weg, als die Nachricht von dem Leichenfund kam. Normalerweise hatte Vice nichts mit Morden zu tun, aber das Strandhaus, in dem die Leiche gefunden worden war, war nicht einfach irgendein Haus. Es gehörte Leonore Chandler, die in ihren Kreisen Lady Chain genannt wurde. Vor sieben Wochen war Leonore verschwunden. Ihre Geschäftspartnerin behauptete, Leonore würde eine längere Urlaubsreise unternehmen, aber ihre Schwester sagte, Leonore wäre nie weggefahren, ohne sich zu verabschieden. Das alles erzählte Billy Estelle, während er mit ihr zum Tatort fuhr. "Ich wohne übrigens nur einen Katzensprung von dem Haus entfernt," sagte er, als sie den Tatort fast erreicht hatten, und deutete auf sein hellblau getünchtes Haus. Als sie am Haus von Leonore Chandler anhielten, stieg Estelle aus, blickte ihn über das Dach des Porsche hinweg an und meinte schnumzelnd: "Die Katzen in Miami können anscheinend verdammt weit springen."Billy grinste. Er mochte Estelle´s Art von Humor. Die Kollegen waren schon da. Sie hatten das obligatorische Absperband angebracht und eine hübsche Blondine untersuchte das Türschloss. Das Graphitpulver überdeckte den Sand. Vor dem Haus parkte ein weißer Mercedes CLK 200 Elegance Coupé. Ein Kollege stand bei einem jungen Pärchen. Billy vermutete, dass der Wagen dem jungen Mann gehörte. Beide wirkten total fertig. Er hatte seinen linken Arm um die Schultern des Mädchens gelegt, sie umklammerte ihn mit beiden Armen. Billy und Estelle gingen zu der Kollegin vom CSI, die sich um das Türschloss kümmerte, wobei sie daraf achteten einen großen Bogen um das Erbrochene zu machen. Sie sah auf, lächelte BIlly an, musterte Estelle jedoch recht kühl."Mandy Westcombe vom Kriminallabor - Detective Estelle Garner von der Mordkommission New Orleans," stellte Billy vor. "Wie sieht´s aus?" Mandy erhob sich. "Da drinnen sieht es furchtbar aus. An dieser Tür habe ich Fingerabdrücke von mehreren Personen sichergestellt. Seine...," sie wies mit dem Kopf zu dem Pärchen hinüber - "...sind definitiv dabei, aber er sagt, die Tür war bereits offen und er hat sie nur weiter aufgestoßen, damit sie hineingehen konnten. Sie sagt, sie hätte nichts angefasst."Billy seufzte. "Dann sollten wir uns mal drinnen umsehen."Mandy schob die Tür mit ihrem Fuß auf. "Schon gefrühstückt?""Nein," sagte Billy."Ja," meinte Estelle, woraufhin Mandy meinte: "Das könte ein Fehler gewesen sein." Die Leiche lag noch so auf dem Boden wie Emilia und Benito sie gefunden hatten. Der Pathologe beendete gerade seine Arbeit. Er streifte die Hanschuhe ab, zog dann ein blütenweißes Stofftaschentuch hervor und wischte den Schweiß von seinem schwarzen Gesicht, als er herüberkam. Carla Scott sicherte weitere Spuren, ein dunkelblonder Mann schoss Fotos."De Hitze wird mich eines Tages umbringen," stöhnte der Doktor. "Nur mit der Verhaftung dürfte es schwierig werden." Dann wurde er ernst. Er blickte kurz zu dem Toten hinüber, der gerade von zwei Männern in einen Lichensack gelegt wurde. "Er starb hier. Vermutlich irgendwann am Wochenende. Ich tippe auf Samstagabend oder Sonntagmorgen, aber das kann ich IHnen erst wirklich genau sagen, wenn wir uns mit den Insekten befasst haben. Die Hitze im Haus erschwert es natürlich den Todeszeitpunkt genauer zu bestimmen..." Um seine Worte zu unterstreichen wischte er sich erneut über das Gesicht. "Man schlitzte ihm mit einem sehr scharfen Gegenstand den Bauch auf und ließ ihn verbluten. Er hat massive Abwehrverletzungen. Der Täter dürfte demnach auch einige Blessuren davongetragen haben." Carla kam herüber. In der rechten Hand hielt sie eine durchsichtige Tüte mit einem Führerschein darin. "Sein Name war Dean Rogers," sagte sie."Dann ist er definitiv erst nach 11:30 h am Sonntagmittag gestorben," entgegnete Estelle. "Oder Shoemaker hat gelogen!""Sagen Sie uns bitte sofort Bescheid, sobald Sie näheres über den Todeszeitpunkt wissen," bat Billy und der Pathologe nickte zustimmend.Billy sah Estelle an. "Ich glaube, wir beide müssen noch mal dringend mit dem Konditor reden."
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ZWANZIG DIENSTAG 9:30 hSonny hatte nur eine Chance. Er trat auf die Bremse, sprang aus dem Wagen und brüllte: "In meinem Wagen liegt eine Handgranate!" Dann rannte er los, quer über die stark befahrene Straße.Fahrzeuge bremsten mit quietschenden Reifen, Fahrer hupten proestierend, als Sonny fast auf ihrer Motorhaube landete. Er brüllte immer wieder: "Raus aus dem Wagen!" "Was macht Ihr Kollege da vorn? ,"wunderte sich Sam. Sie und Ben waren sieben Autos hinter Sonny gewesen und hatten nicht gesehen, was passiert war. Aus den beiden Wagen, die unmittelbar hinter Sonny fuhren, sprangen nun jedoch ebenfalls die Insassen. Schreiend rannten sie über die Straße. Eine Frau wurde von einem Wagen erfasst und scheuderte wie eine Puppe davon, direkt vor die Reifen eines Trucks. Eine andere Frau hatte mehr Glück. Sie lief in einen Wagen, der bereits abgebremst hatte. Dennoch schleuderte sie der Aufprall zu Boden. Fast im gleichen Augenblick explodierte die Handgranate in der Corvette. Der Wagen wurde auseinandergerissen, einzelne Teile flogen herum und ein Feuerball schoss in den Himmel hinauf. Zwei weitere Fahrzeuge - ein kanarienvogelgelber Van von einer Zoohandlung und ein Porsche Cayenne - hoben durch die Druckwelle vom Boden ab und wurden nach hinten katapultiert."Ach, du Sch...!," entfuhr es Ben, als der zitronengebe Van genau auf ihn und Sam zugeflogen kam. Ein Blick in den Spiegel sage ihm, dass hinter ihm eine recht große Lücke war. Er knallte den Rückwärtsgang rein und setzte zurück, wobei er immer wieder nach vorne auf das heranfliegende Auto sah und abbremste, als er vor der Stoßstange eines uralten Kombi ankam.Weitere Leute flohen schreiend aus ihren Fahrzeugen. Sam schnappte sich das Funkgerät und gab Alarm, während der Van in das Fahrzeug knallte, das vor Ben gewesen war. Zum Glück haten die Insassen den Wagen bereits verlassen.Der Porsche Cayenne donnerte auf die Straße, wo er sich überschlug, auf dem Dach drehte und dann liegen blieb. Sam drückte Ben das Funkgerät in die Hand und sprang aus dem Wagen, um nach den Verletzten zu sehen. Sie rannte zwischen den beschädigten und unbeschädigte Wagen durch, blickte in jedes Fahrzeug hinein und war erleichtert, wenn sich niemand mehr darin befand. Die Corvette stand in Flammen, Teile des Wagens waren überall auf der Straße verteilt. Das Lenkrad und einige andere herumfliegende Teile hatten mehrere Schaufenster zerschlagen, Autos standen quer und immer noch schrien Menschen.Eine Traube von Menschen stand um den Lastwagen herum, vor dessen Reifen eine Frau gelandet war, die andere Frau, die mehr Glück gehabt hatte, saß unter Schock mitten auf der Straße. Sie blutete am Kopf, schien es aber nicht wahrzunehmen.Ein Mann saß auf der Bordsteinkante. Sein weißes Hemd war voller Blutflecken und er hielt ein weinendes, ebenfalls blutendes Kind im Arm. Sonny stand am Straßenrand. Er hatte vollkommen fassungslos beobachtet wie sein geliebtes Auto explodierte, wie der Feuerball in den Himmel stieg. Bilder eines anderen, schwarzen Wagens schossen durch seinen Kopf.Er sah die Leute fliehen, hörte sie schreien und spürte die Hitze des Feuers. Er duckte sich automatisch, als das Lenkrad an ihm vorbeischoss und mit lautem Klirren eine Schaufensterscheibe durchschlug. Ein Rad rollte vorbei und schepperned landete die Fahrertür knapp vor seinen Füßen. Sein Blick folgte dem gelben Van, der, sich permanent drehed, durch die uft flog und mit einem lauten Knall auf einem anderen Wagen landete.Es war wie in einem Horrorfilm! Dann entdeckte er Samantha Doyle, die sich bemühte den Verletzten Erste Hilfe zu leisten. Endlich löste sich sein Entsetzen und er rannte zu dem Mann, der sich mit dem blutenden Kind im Arm am Straßenrand niedergelassen hatte. Er fragte den Mann, wie es ihm ginge und was mit dem Kind war.Der Mann sah ihn an. Sein Gesicht war kalkweiß. "Ich bin OK, aber mein Kind...!"Sonny besorgte Verbandszeug und während er den Verband auf der Stirn des kleinen Mädchens befestigte, hörte er in der Ferne bereits die Sirenen der Feuerwehr und mehrerer Rettungswagen. "Sind Sie OK, Sonny?" Plötzlich tauchte Ben neben ihm auf."Ja," antwortete Sonny knapp und richtete sich auf. Er betrachete sich das Chaos ringsum, sah zwei Streifenwagen von der einen und Feeurwehr und Rettungswagen von der anderen Seite kommen. "Wer auch immer hinter der Geschichte steckt, er meint es verdammt ernst!" Es dauerte 35 Minuten, ehe sie die Fahrt in Bens Chevrolet Blazer fortsetzen konnten. Sonny musste erklären, was passiert war, und sie mussten darauf warten, dass eine Gasse in dem Chaos geschaffen wurde, die groß genug war, dass sie durchfahren konnten. Sonnys Gedanken wirbelten herum. Nach wie vor wusste er ncht, ob Gina den feigen Anschlag überlebte oder tot war und er fragte sich, wer hinter all diesen Scheußlichkeiten steckte. Kurz dachte er sogar an Curtis Walker. Er wusste, dass Walker entkommen war. Wie er das genau angestellt hatte, konnten sie nicht herausfinden. Vermutlich hockte er auf dem Boden seiner Limousine und schaffte es in dem Riesenchaos irgendwann die Tür aufzustoßen, sich herausfallen zu lassen und hinter einem Strauch, einem Container oder sonstwo in Sicherheit zu bringen, ehe sein Wagen explodierte.Eigentlich aber glaubte Sonny nicht, dass Walker dahintersteckte, denn die Anschläge mit der Pikrinsäure hatten, wenn sein Erinnerungsvermögen ihn nicht trog, bereits im April des vergangenen Jahres begonnen und außerdem passte es nicht zu Walker. Ben hatte den Wagen kaum am Krankenhaus gestoppt, als Sonny bereits heraussprang. Er dachte jetzt nur noch an Gina. Während er dem Eingang zustrebte und als er durch die Gänge zur Intensivstation lief, schossen die unterschiedlichsten Bilder durch seinen Kopf. Gina an ihrem allerersten Arbeitstag bei Vice. Jung, unerfahren, aber mit einem offenen Lächeln und dem Willen, jede Herausforderung anzunehmen. Gina auf seinem Boot: In einem weißen Kleid... seinem roten Shirt... und sclafend unter seiner Decke. Er sah ihr gequältes Gesicht an dem Tag, als sie Lupo Ramirez getötet hatte, als Sean Caroon starb, als sie erfuhr, dass er Caitlin heiraten würde und später, als er ihr sage, dass er Miami verlassen würde. Ihm war nicht entgangen, wie sie ihn ansah, als sie sich im April wiedertrafen. Die Nacht nach dem Barbecue in Billys Garten verbrachten sie zusammen und sie hatte gestrahlt, als er zwei Wochen später spontan vor ihrer Tür gestanden hatte. Sonny stieß die Tür auf und stürmte auf die Station. Eigentlich hatte Castillo gesagt, er solle sich am Stationszimmer melden, aber Sonny eilte weiter zu dem Einzelzimmer, in dem Gina gestern noch gelegen hatte."Hallo?,"rief hinter ihm eine Schwester, aber Sonny reagierte nicht. "Wo wollen Sie denn hin?"Er stieß die Tür auf, schloss die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. In dem Bett lag Gina.
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EINUNDZWANZIG DIENSTAG,10:30Die Adresse, die Alessandro DeLa Rosa angegeben hatte, als er aus der Haft entlassen wurde, gehörte zu einem Trailer - Park außerhalb der Stadt. Das Gelände war mit einem zwei Meter hohen Maschendrahtzaun eingefriedet, der an vielen Stellen ausgebeult und mit Ackerwinde fast zugewuchert war. Die Einfahrt war offen, das Tor, das vermutlich irgendwann mal automatisch funktionierte, stand, halb aus den Schienen gehoben, an der Seite und war ebenfalls von Unkraut überwuchert. Der Trailer - Park selbst war voller Kontraste. Es gab gepflegte Trailer mit hübchen Vorgärten und weiß getünchten Gartenzäunen, aber auch das genaue Gegenteil: heruntergekommene Trailer mit zerbrochenen Scheiben, die notdürftig mit Pappe verschlossen worden waren, Unkraut, das die Vorgärten überwucherte und prall gefüllte Müllsäcke, die achtlos neben den Türen lagen und von Insekten umschwirrt wurden. Damian stoppte den Jaguar neben einem älteren Mann, der gerade auf einem Schemel sitzend seinen Gartenzaun tünchte. Douglas ließ die Scheibe herunter."Guten Morgen," sagte er freundlich.Keine Reaktion."Guten Morgen!,"wiederholte er lauter und deutlicher.Endlich sah der Mann über die Schulter. Dann griff er an sein rechtes Ohr, um, enschuldigend lächelnd, sein Hörgerät einzuschalten. "Ja?""Alessandro DeLa Rosa, können Sie mir sagen, wo wir ihn finden. Er soll hier wohnen."Das Lächeln verschwand. Wieder griff der Mann an sein Ohr, diesmal, um das Hörgerät auszuschalten. "Nein," raunzte er, ehe er sich wieder dem Streichen des Zaunes widmete. Damian stieg aus. Er ging um den Wagen herum, zückte seine Dienstmarke und hielt sie dem Alten unter die Nase. Der Mann schielte von der Dienstmarke zu Damians Gesicht und zurück, ehe er sein Hörgerät wieder einschaltete und aufstand. Er war nicht größer als eins - fünfundsechzig und musste den Kopf in den Nacken legen, um Damian ansehen zu können, der immerhin eins - zweiundneunzig groß war. "DeLa Rosa ist ein Schwein, ein Dreckskerl, den man für immer hätte wegsperren müssen. Man sollte ihn kastrieren," wetterte der alte Mann und sein Gesicht nahm vor Wut allmählich die Farbe einer überreifen Tomate an."Wo finden wir ihn?,"fragte Damian leicht ungeduldig.Der Mann zuckte die Achseln. Er schnaubte wütend, wies dann auf einen vollkommen heruntergekommenen, halb verrosteten Trailer, der am Ende der "Straße" stand. "Er war seit Tagen nicht mehr hier und wir sind froh darüber. Wir wollen ihn nicht hier haben. Nicht so einen!""Wohnt da noch jemand?,"wollte Damian wissen."Nicht mehr, seit der alte DeLa Rosa besoffen in ´ne Glasflasche fiel und verblutete." Damian bedankte sich, stieg in seinen Wagen und fuhr zu dem Trailer, der alles andere als einladend aussah. Gemeinsam mit Doulas ging er zur Tür, die allerdings abgeschlossen war. Auch die Fenster gewährten keinen Einblick ins Innere des Trailers. Damian zog seine Waffe und richtete sie auf das Schloss der sich nach außen zu öffnenden Tür. Der Schuss zerriss die Stille des Morgens und ließ mehrere Leute neugierig, aber auch erschrocken aus dem Fenster blicken. Dann aber zogen sie sich schnell zurück, weil sie mit DeLa Rosa und allem, was mit ihm zusammenhing, nichts zu tun haben wollten. Damian zog die Tür auf und er und Douglas betraten den Trailer. "Mann, was für eine Müllhalde!,"stöhnte Douglas. Er wandte sich dem Schlafzimmer zu, während Damian sich Küche und Wohnbereich ansah. Es gab zwei Schlafzimmer, ein größeres und ein kleineres. Beide Räume waren zugemüllt. Schmutzige, stinkende Kleidung lag auf dem Boden, dem Bett und sie hing über einem Stuhl. Leere Bierdosen, Fast - Food - Verpackungen, Saftflaschen mit schimmelndem Inhalt, leere Pizzakartons und welche mit schimmeligen Resten darin, und mehrere Heftchen mit nackten Frauen in eindeutigen Posen lagen wild verstreut herum. In den Räumen, die Damian inspizierte, sah es kaum besser aus. Der Staub lag überall zentimeterdick, Dreck und Schimmel bedeckten jeden möglichen Platz.Mit angewidertem Gesichtsausdruck öffnete Damian mit spitzen Fingern Schranktüren und Schubladen, aber er fand nichts besonderes. Im Wohnraum stand allerdings eine Art Seemannskiste, die seltsamerweise sauberer wirkte als der Rest. Entweder stand sie noch nicht sehr lange hier oder sie wurde häufig benutzt. Damian öffnete den Deckel. Sein Blick fiel auf vergilbte Tischdecken, de sehr unordentlich übereinander lagen. Er hob sie an - und grinste."Doug, ich hab was!," rief er. Douglas polterte herüber und sah zu, wie Damian zehn Tüten aus der Kiste holte. Jede gefüllt mit kleinen Pillen und damit es nicht langweilig wurde hatte jede Tüte andersfarbige Pillen."Summerdream," sagte Damian. "Der Marktwert dieser Pillen hier beläuft sich garantiert auf zweihunderttausend, wenn nicht mehr." Das laute Dröhnen eines schweren Motorrades ertönte. Es kam rasch näher. Douglas blickte durch die Gardine hinaus. Eine BMW R 1150 kam die Straße entlang. Der Fahrer bremste und starrte auf den Jaguar, der parallel zum Trailer geparkt war. Dann wendete er hektisch."Er haut ab!,"schrie Douglas."Holen wir ihn uns," knurrte Damian, während er bereits nch draußen rannte.
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ZWEIUNDZWANZIGRon Shoemaker saß an seinem Schreibtisch, auf dem, neben einem Teller mit belegten Brötchen, eine große Tasse mit dampfendem Kaffee stand. Vor ihm lag, aufgeschlagen, der Herald, der sich auch heute mit dem Bombenanschlag auf die Hochzeitsgesellschaft beschäftigte. Das hatte zum einen damit zu tun, dass Maria Montoya auf Grund ihres unermüdlichen sozialen Einsatzes in allen möglichen Bereichen recht bekannt war und zum anderen hatte eine Reporterin, Sandy Mallon herausgefunden, dass ähnliche Anschläge in anderen Städten verübt worden war. Leider hatte Sandy Mallon aber auch erfahren, dass er der Konditor gewesen war, der die explosive Torte gebacken hatte. Sie erwähnte sogar seinen Namen und heute Morgen hatte sie die Unverfrorenheit besessen in seiner Konditorei aufzutauchen und ihn um ein Interview zu bitten. Er hatte sie natürlich wutentbrannt hinausgeworfen und mit rechtlichen Schritten gedroht. Danach hatten drei weitere Journalisten nach Interviews gefragt. Eben hatt er seinen Freund Jonathan Collins, einen Rechtsanwalt, angerufen. Er hatte ihn gefragt, ob es möglich war die Nennung seines Namens zu verbieten."Sicher könntest du das, Ron," hatte Jonathan geantwortet, "aber der Schaden ist längst angerichtet. Du würdst dieser Reporterin nur Nahrung für weitere Spekulationen geben. Glaub mir, die Leute werden sich viel schneller beruhigen, wenn du ruhig bleibst. Die explosive Torte in Philadelphia stammte schließlich nciht aus deiner Konditorei." Das Telefon klingelte. Shoemaker meldete sich knapp und genervt klingend. Wenn das wieder einer der Pressefritzen war, würde er das Telefon ausschalten. Aber am anderen Ende war kein Journalist. Ron lauscht egespannt und fragte dann: "Wirklich?"Er griff mit der freien Hand nach der Kaffeetasse und genehmigte sich einen Schluck, während der Teilnehmer am anderen Ende redete. Die Tasse in der Schwebe haltend erklärte er dann in leicht ungehaltenem Ton:" Unsere Abmachung bleibt wie sie ist. Erledigen Sie Ihren Auftrag, dann bekommen Sie den Rest. Und rufen Sie mich erst wieder an, wenn alles erledigt ist."Er stellte die Tasse so hart ab. dass der Inhalt überschwappte. Mit wütender Miene zog Ron ein Taschentuch aus der Kitteltasche, klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und wischte den Kaffee fort. Der Schreibtisch war ein selbstgebautes Erbstück seines Großvaters und allein deswegen von unschätzbarem Wert für Ron."Wenn Sie Ihren Job gut machen, zahle ich freiwillig 10.000 obendrauf," bot Ron an, ehe er auflegte. Billy und Estelle hatten zuerst Benito, der sich sträubte und eigentlich selbst fahren wollte, nach Hause gebracht. Estelle hatte Benitos Mercedes CLK 200 Elegance Coupé gefahren, während Benito und Emilia sich auf dem Beifahrersitz des Wagens aneinanderkuschelten. Emilia war immer noch vollkommen aufgelöst und weinte, während Benito erstarrt zu sein schien. Billy war ihnen in seinem Porsche gefolgt. Die DaSilvas bewohnten ein riesiges Haus mit einer parkähnlichen Anlage am Meer, zu der auch ein eigener Anlegesteg gehörte.Vor dem Haus stiegen sie aus dem Wagen. Benito bedankte sich mit leiser Stimme fürs Nachhausebringen, umarmte Emila und wandte sich dann ab. Estelle fasste Emilia an den Schultern. Sie dirigierte das Mädchen zu Billys Porsche, der hinter dem Mercedes stand. Auf dem Notsitz war es natürlich unbequem, aber Emilia merkte es nicht. Sie nannte nur schluchzend ihre Adresse, die in der gleichen Gegend lag. Die Villa der Cordaros war ebenfalls riesig und strahlendweiß, nur das Dach leuchtete erdbeerrot. Die lange, gewundene Zufahrt war sauber, kein Blatt und keine heruntergefallene Blüte waren zu sehen. Bäume und blühende Sträucher säumten die Auffahrt, die sich vor dem Haus zu einem Platz in der Größe zweier Baseball - Felder verbreiterte. Links gab es eine Garage in der Größe eines luxuriösen Einfamilienhauses. Davor putzte gerade ein kräftiger Mann mit dunkelblonden Haaren und einer auffallenden Knollennase die Limousine der Cordaros. "Ich kann allein ins Haus gehen," behauptete Emilia, die plötzlich sehr nervös wirkte. Ihr Blick huschte über alle Fenster auf dieser Seite der Villa, als befürchtete sie, jemand könnte sie aus diesem Fahrzeug steigen sehen."Das halte ich nicht für eine gute Idee," widersprach Billy."Hören Sie, mein Dad will nicht, dass ich mich mit Jungs treffe. Er sagt...," begann Emilia, aber da öffnete sich die Eingangstür und ein Mann in einem weißen Leinenanzug kam heraus.Emilia schrumpfte zusammen, während Estelle den Mann ungeniert musterte. Er mochte Anfang bis Mitte vierzig sein, war recht groß und wirkte sehr dynamisch. Mit federnden Schritten sprang er die fünfstufige Außentreppe hinunter und kam raubtiergleich auf den Porsche zu.Er besaß ein schmales, ebenmäßiges Gesicht mit einer geraden Nase und - wie Estelle feststellte, als er ans Auto trat - schokoladenbraune, melancholisch wirkende Augen. Lackschwarzes, leicht gewelltes Haar rahmte sein beinah schön zu nennendes Gesicht ein. Er musterte Estelle so nteressiert, als wäre sie eine Beute. Estelle hielt ihm ihre Dienstmarke unter die Nase und sein Interesse verwandelte sich augenblicklich in eine Mischung aus Erstaunen und Erschrecken."Die Polizei?,"fragte er mit einer angenehmen, dunklen Stimme, aus der man den südländischen Akzent eindeutig heraushören konnte. Sein Blick wanderte zu Emilia. "Hat meine Tochter etws angestellt?" Estelle stieg aus, damit auch Emilia den Wagen verlassen konnte. Das Mädchen wirkte nun vollkommen eingeschüchtert und starrte auf den Boden.Der Autowäscher, Billy vermutete, dass er der Chauffeur war, sah interessiert herüber.Estelle erklärte, dass Emilia zufällig eine Leiche gefunden hatte und unter Schock stand. Deshalb hätten sie Emilia lieber nach Hause gebracht.Senor Cordaro blieb äußerlich ruhig, aber Estelle sah, wie ein Muskel in seinem Gesicht wütend zu zucken begann. eEr bedankte sich sehr freundlich, wünschte einen schönen Tag und zerrte Emilia zum Haus. Er redete leise auf spanisch auf sie ein und die Worte "Herumtreiberin", "Schlampe" und "Hure" drangen herüber. Als Estelle einstieg meinte Billy ironisch: "Es ist immer wieder ein Erlebnis zu sehen, wie besorgt manche Eltern um ihre Kinder sind. Fahren wir zu Shoemaker. Mal sehen, was er uns zu sagen hat." Als sie die nur angelehnte Tür zum Büro des Knditormeisters aufstießen, legte Shoemaker gerade den Hörer auf und sah Billy wie aufgewühlt der Mann war. Shoemaker wusste selbst, dass man in seinem gesicht wie in einem offenen Buch lesen konnte und verbarg sich hinter seiner Tasse, um seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen.Ich wüsste gern mit wem er gerade telefoniert hat, dachte Billy. Shoemaker stellte scheinbar erstaunt die Tasse ab. "Schon wieder die Polizei?" Er bot Billy und Estelle keinen Platz an. Deshalb bauten sie sich vor seinem Schreibtisch auf."Ich habe Ihnen gesagt, was sich weiß," behauptete Shoemaker und lehnte sich zurück.Billy stützte die Hände auf den Schreibtisch und sah Shoemaker fest an. "Sie haben uns eben nicht alles gesagt. Sie haben uns zum Beispiel verschwiegen, dass Dean Rogers am Sonntag nicht zur Arbeit erschienen ist...""Da war er nämlich bereits tot," fügte Estelle hinzu. Verunsichert blickte Shoemaker zwischen Billy und Estelle hin und her, aber er wirkte weder überrascht noch entsetzt. Schließlich besann er sich auf die Frage, die er jetzt stellen musste. "Tot? Wie denn? Was ist passiert?""Er wurde ermordet," antwortete Billy, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Er spürte, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Er war angeblich Marias Verehrer, schickte dem Enkel aber eine hochexplosive Torte. Er hatte Maria bisher nicht besucht und er hatte behauptet, Dean Rogers wäre am Sonntag um 11:30 h losgefahren, obwohl Dean vermutlich bereits im Laufe des Samstagabends getötet worden war. Außerdem hatte Billy gehört, dass er jemandem am Telefon zusätzlich 10.000 Dollar für die Erledigung eines Auftrags zahlen wollte. Was für ein Zufall, dass jemand an diesem Morgen versucht hatte seinen Vater mit einer Handgranate zu töten. Nicht zu reden von Tubbs, der ohne Damians und Douglas´ zufälliges Auftauchen ebenfalls gestorben wäre. Shoemaker verbarg sein Gesicht erneut hinter der Tasse. Der Belag der Wurst - und Käsebrötchen vor ihm trocknete bereits aus und wellte sich und auf dem Käsebrötchen kroch eine Fliege herum. Er sah es nicht. "Warum sagen Sie uns nciht die Wahrheit?,"drängte Estelle. "Wir können Sie natürlich mit aufs Präsidium nehmen. Die Presse würde sich mit Freuden darauf stürzen," fügte Billy hinzu.Sheomaker erhob sich fast drohend. Automatisch nahmen BIlly und Estelle eine Abwehrhaltung ein, die Hand an der Waffe. Shoemaker wies auf die Wand hinter sich. Am Ende des Korridors, der sich dahinter befand, gab es einen Lieferanteneingang. "Am Sonntag stand der weiße Lieferwagen dort vor der Tür. Das machen wir immer so, wenn besondere Bestellungen ausgeliefert werden müssen. Ich habe die Torte persönlich in den Lieferwagen gebracht und dort gesichert. Ein Meisterwerk mit gelben und rosafarbenen Rosen. Dean habe ich nicht gesehen, aber das ist nicht ungewöhnlich, weil er oft in die Bäckerei geht, um sich ein Brötchen oder ein Teilchen zu holen. Ich sah den Lieferwagen pünktlich um halb zwölf davonfahren und ich schwöre, dass ich davon überzeugt war, Dean hätte am Steuer gesessen!"
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DREIUNDZWANZIGRico fühlte sich schon viel besser, auch wenn er erstaunt darüber war wie lange er geschlafen hatte. Es war bereits Mittag. Dabei war er normalerweise ein Frühaufsteher. Die Schmerzen in seinem Kopf hielten sich in Grenzen und als er in den Spiegel über dem Waschbecken blickte, erkannte er sich tatsächlich wieder. Er hatte geglaubt, der Kerl hätte ihm die Nase gebrochen, aber dem war offensichtlich nicht so. Seine Zähne waren auch noch alle da. - Zum Glück! Er war sehr stolz darauf noch seine eigenen Zähne zu besitzen. Viele Polizisten, die im Untergrund arbeiteten - oder gearbeitet hatten - verloren ihre Zähne bei irgendwelchen Schlägereien oder handgreiflichen Festnahmen schon in jüngeren Jahren. Er hatte immer Glück gehabt.Seine Unterlippe war allerdings an zwei Stellen aufgeplatzt und an einer genäht worden und seine rechte Wange war geschwollen und sehr schmerzempfindlich. Rico durchforstete die Tasche, die Damian und Douglas ihm ins Krankenhaus gebracht hatten. Er fand seine Kulturtasche und Handtücher und verschwand im Bad.Während das Wasser auf ihn niederprasselte, versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Wer auch immer hinter diesen Anschlägen steckte war gut informiert. Er wusste immer, wo er zuschlagen musste, um so viele Polizisten wie möglich zu töten. Außerdem hatte er seine Finger in allen möglichen kriminellen Machenschaften. Rico würde darauf wetten, dass sie auch an der Westküste passende Fälle fanden, wenn sie danach forschten. Rico drehte das Wasser aus und griff nach dem Handtuch. Er dachte an Walker. Tot ist nur, wer wirklich begraben ist, hatte auf der Trauerkarte gestanden. Nachdem Rico die Karte damals an Stan weiterreichte hatte es weitere Untersuchungen gegeben. Die Villa war durchsucht, die Passagierlisten auf den Flughäfen kontrolliert worden, nachdem man in der Villa Hinweise darauf fand, dass Walker möglicherweise nach Europa wollte. Man hatte nichts gefunden und Ramona beharrte darauf nichts zu wissen. Aber Walker hatte nie etwas mit Menschenhandel und Prostitution am Hut gehabt. Sein Gebiet waren die Drogen. Nachdem er sich angezogen hatte beschloss er zur Intensivstation zu gehen, Alaina zu besuchen, Maria Hallo zu sagen und ein paar Wote mit Stan zu wechseln. Als er den Seitengang entlang ging, sah er Sonny im Laufschritt zur Station eilen. Er wirkte total hektisch. Das beunruhigte Rico so sehr, dass er einen Schritt zulegte. Eine Schwester schoss aus dem Stationszimmer, schenkte aber nicht ihm, sondern Snny ihre Aufmerksamkeit. "Hallo? Wo wollen Sie denn hin?,"rief sie hinter Sonny her, aber der drehte sich nicht mal um, sondern rannte zu Ginas Zimmer. Als Rico ihn einholte, stand er neben Ginas Bett und hielt ihre rechte Hand in seinen händen. "Sonny?," fragte Rico.Sonny sah Rico an, Rico blinzelte. Sonnys weiße Hose war schmutzig und wies mehrere Riss auf. Der rechte Ärmel des grauen Jacketts war halb herausgerissen und es war ebenso schmutzig wie die Hose.Sonny schüttelte verständnislos den Kopf. "Verdammt, Rico, in was für ein mieses Spiel sind wir da hineingeraten?""Keine Ahnung, Mann." Rico kam ins Zimmer. Er blieb am Fußende von Ginas Bett stehen und legte die Hände auf den Metallrand."Jemand hat letzte Nacht versucht sie zu töten, indem er den Atemschlauch löste und das EKG ausschaltete," sagte Sonny leise. "Ds heißt, ich dachte, sie wäre tot. Castillo klang so. Bei einem Mann namens Sam Swintek machte es der Mörder genauso. Swintek ist tot!" Ein Arzt kam herein. Sonny wies sich aus und er und Rico hörten zu, als der Arzt erzählte, was geschehen war. "Mrs. Calabrese hatte großes Glück, weil ihr Zustand sich bereis sehr stablisiert hatte und sie in der Lage war allein zu atmen. Die Beatmung sollte ab heute sowieso schrittweise abgebaut werden. Mr. Swintek hatte leider weniger Glück." Rico ging in das Zimmer, in dem Sam Swintek gelegen hatte. Carla Scott war gerade dabei alles zu untersuchen, aber sie schüttelte den Kopf, als Rico eintrat. "Nichts zu machen. Dies ist die Intensivstation. Hier tragen alle Handschuhe, Hauben und Mundschutz. Aber in einem Container wurde OP - Kleidung gefunden, die nicht dorthin gehört. Wir untersuchen das." Als Rico das Zimmer verließ, um zu Alaina zu gehen, stieß er fast mit Amber zusammen, die aus einem anderen Zimmer kam. Sie musterte ihn von oben bis unten. "Was tust du hier, Rico?""Ich arbeite."Amber fasste ihn am linken Arm. Ihre bernsteinfarbenen Augen blickten ihn fest an. "Du hast in den letzten Tagen einige ziemlich heftige Schläge gegen den Kopf bekommen, Rico. Damit ist nicht zu spaßen. Du solltest dich erst mal erholen."Rico erwiderte ihren Blick. Dann hob er die rechte Hand und legte sie an Ambers linke Wange. "Das kann ich nicht. Sieben Menschen starben am Sonntag und letzte Nacht wurde versucht zwei Polizisten hier in der Klinik zu töten."Amber nickte. Sie wusste natürlich was geschehen war. Im ganzen Krankenhaus wurde darüber geredet und alle waren geschockt. Sie hob die rechte Hand, legte sie sanft an Ricos Wange. "Pass auf dich auf, ja?"Rico lächelte, fasste ihre Hand und erwiderte: "Mache ich doch immer." Auf der Station wurde umgeräumt. Die Personen, die auf der Hochzeitsfeier verletzt worden waren, wurden zusammengelegt, oder, falls möglich, entlassen. Elena konnte bei einer Freundin unterkommen und einige der verletzten deutschen Gäste würden in ihr Hotel umziehen. Trudy und Fiona Switek wurden ebenfalls entlassen, Fiona von Giannas Eltern mitgenommen. Vor dem Zimmer der anderen würden ab jetzt zwei Polizisten Wache halten und es durften nur bestimmte Ärzte und Schwestern hinein.Rico hatte eine Menge damit zu tun Alaina zu beruhigen und ihr klarzumachen, dass es sich um eine Vorsichtsmaßnahme handelte. Dass ein Mann getötet worden war sagte er ihr nicht. Stan war vollkommen am Boden zerstört. Sammy ging es schlecht. Giannas Zustand war zwar unverändert, was aber leider bedeutete, dass es nicht aufwärts ging, und nun war ein Mann gestorben, nur weil ihre Namen ähnlich klangen. Ben fuhr Rico und Sonny zum Präsidium, wo Alessios Hummer parkte. Douglas hatte ihn nach der Attacke auf Rico dort abgestellt, weil der Parkplatz bewacht war.Sonny war trotz der Erleichterung wegen Gina in Beerdigungsstimmung. Die Corvette war sein Traumauto gewesen. Vor allem war es wirklich sein Wagen gewesen. Er dachte an den Daytona, der sich damals ebenfalls mit einem Riesenknall verabschiedet hatte. Er war geschockt gewesen, entsetzt und fassungslos, aber dann bekam er einen neuen Wagen, der ihn wieder froh stimmte. Wer aber ersetzte ihm seine Corvette? "Weiß man eigentlich schon irgendwas über den Kerl, der mich angegriffen hat?," fragte Rico, als er mit Sonny auf das Präsidium zueilte. Ben und Sam hatten offensichtlich einen anderen Auftrag bekommen, denn sie rasten gerade mit quietschenden Reifen und jaulender Sirene davon.Sonny zuckte die Achseln. "Keine Ahnung, Tubbs. Castillo erzählte von dem Anschlag auf Gina und ich bin einfach losgerast."Plötzlich hörte er ein Geräusch. Ein Knacken! Möglicherweise das Entsichern einer Waffe. Genau konnte er es nicht sagen, weil im gleichen Moment die Schubumkehr eines Flugzeugs aufheulte."Tubbs, pass auf!," schrie Sonny, warf sich hinter einen parkenden Wagen und zog seine Waffe.
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FÜNFUNDZWANZIGDer Jaguar raste hinter dem Motorrad her auf die Schnellstraße. Douglas gab, soufliert von Damian, die Position des Motorrades durch und bat um Verstärkung sowie um ein Team, das sich den Trailer vorknöpfte.Alessandro DeLa Rosa fuhr Slalom. Er drehte sich nicht einmal um, während er jede Lücke nutzte, die sich ihm bot. Damian holte alles aus dem Wagen raus und er war froh, dass er eine transportable Sirene dabei hatte, die ihm den Weg frei machte. Allerdings gab es genug Leute, die ihre Musikanlagen bis zum Anschlag aufdrehten, selten in den Rückspiegel blickten und ihn deshalb nicht bemerkten. Genau vor Damian zog jemand seinen Pickup auf seine Spur und bremste Damian aus. "Verdammt!," fluchte Damian und drückte auf die Hupe, aber es war umsonst. Der Pickup fuhr nicht schneller, sondern überholte in aller Ruhe einen Lastzug.Douglas versuchte die ganze Zeit das Motorrad im Auge zu behalten, aber es war unmöglich. Als Damian endlich an dem Pickup vorbeiziehen konnte, schien DeLa Rosa wie vom Erdboden verschluckt zu sein.nur drei Tote gegeben. Nur einen Atemzug zuvor war ein vollbesetzter Bus unter der Brücke durchgefahren. Die Insassen hatten den Truck sogar auf die Straße stürzen sehen. Plötzlich sah er etwas fallen. Es drehte sich in der Luft, kam rasend schnell auf sie zu."Damian, Vorsicht!,"schrie Douglas und riss automatisch die Arme vor das Gesicht.Damian reagierte instinktiv. Er trat auf die Bremse und riss das Steuer herum. Dann knallte auch schon etwas neben dem Jaguar auf den Boden.
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SECHSUNDZWANZIG Dienstagabend im Vice - Büro Rico suchte ebenfalls Deckung. Sein Bedarf an unangenehmen Überraschungen war eigentlich bis Weihnachten gedeckt, aber es schien einfach kein Ende zu nehmen."Nicht schießen!,"bat eine unverkennbare Stimme aus einem überdachten Nebeneingang heraus. "Ich bin ein harmloser Zivilist mit einer absoluten Bleiallergie und einer überwindbaren Abneigung gegen Drogen." Rico stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus, als er Izzy Morenos Stimme erkannte. Er steckte die Waffe wieder ein und kam hinter dem Van hervor. "Wie kannst du uns so erschrecken, Moreno?,"seufzte er.Auch Sonny kam herbei. Izzy trat vorsichtig ins Licht und blickte zwischen den beiden ziemlich lädiert aussehenden Männern hin und her. "Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber wenn dies ein plastischer, chirurgischer Eingriff war, sollten Sie den Operateur verklagen. - Kleiner Scherz am Rande!" Izzy trat zurück, um erneut mit der Dunkelheit des Hauseinganges zu verschmelzen. Es war besser und gesünder, wenn niemand ihn mit Crockett und Tubbs reden sah."Schenk dir deine Scherze, Izzy. Uns ist nämlich gerade nicht zum Lachen," knurte Sonny und rammte seine Hände in die Hosentaschen. Rico verschränkte die Arme vor der Brust. Beiden war klar, dass Izzy einen trifftigen Grund hatte, weshalb er hier auf sie wartete. Izzys Kopf tauchte auf. Er blickte sich rasch um, sah dann Rico an. "Tut mir leid, was da passiert ist, Tubbs," sagte er aufrichtig.Rico nickte nur mit ernster Miene."Ich wette, du hast Informationen für uns," meinte Sonny.Izzy blinzelte ihn durch seine dicken Brillengläser an. Er verstand Sonnys Ungeduld und wenn er ehlich war wollte er gern so schnell wie möglich wieder untertauchen."Ich habe drei Namen für Sie: Alessandro DeLa Rosa, Tommy Redwood und Danny Crail.""Wer soll das sein?,"fragte Rico. "Die drei Musketiere der Neuzeit?"Izzy stieß ein kleines, meckerndes Lachen aus. Sie reiten auf Motorrädern und bekämpfen Polizisten! Nicht gerade das, was Dumas seinen Helden andichtete," meinte Izzy kopfschüttelnd."Auf dem Motorrad saßen zwei, nicht drei Leute. Also, was ist mit dem dritten Namen?,"wollte Sonny wissen, während Rico sich darüber wunderte, dass Izzy wusste, wer "Die Drei Musketiere" geschrieben hatte. Izzy war immer wieder für eine Überraschung gut und manchmal fragte Rico sich, wieso aus dem mann ein Kleinkrimineller geworden war.Izzy hob abwehrend beide Hände. "Ich habe nur diese drei Namen. DeLa Rosa und Crail sind Kumpel und es heißt, Redwood wäre ein extrem schlaues Kerlchen. Den Rest müssen Sie selbst herausfinden." Abends traf sich das Team zur Besprechung im Büro. Wie in alten Zeiten hatte Rico sich Weintrauben besorgt, Castillo und Sonny tranken Kaffee. Trudy hatte sich, trotz Damians Protest, ebenfalls eingefunden. Sie hatte nur wenige Blessuren davongetragen, fühlte sich fit und war begierig darauf, den Dreckskerlen, die für die Bombe verantwortlich waren, das Handwerk zu legen. Sie ließ sich allerdings dazu überreden nur im Büro zu arbeiten. Damian und Douglas füllten ebenfals ihre Kaffeetassen, nachdem Damian sein Telefonat mit der Pathologie beendet hatte. Beide beruhigten sich allmählich nach ihrem Beinah - Zusammenstoß unter der Brücke, obwohl die Bider wieder und wieder vor ihrem inneren Augen auftauchten.Sie hatten den fallenden, sich drehenden Körper zuerst für eine Schaufensterpuppe gehalten. Damian riss dennoch das Steuer herum. Hinter ihnen kreischten Bremsen und dann folgte der dumpfe Ton des Aufpralls. Damian und Douglas sprangen gleichzeitig aus dem Wagen und rannten zu dem jungen Mann, der mit grotesk verdrehten Gliedern auf dem Boden lag. Der Anblick war grauenhaft. Er war aus etwa 15 Meter Höhe auf den Asphalt geknallt und anscheinend mit dem Kopf zuerst aufgeschlagen. Er war wie eine überreife Melone gelatzt. Blut, vermischt mit Hirnflüssigkeit, Knochenfragmente und die gräuliche Hirnmasse waren überall auf dem Asphalt verteilt und klebten auch an den Scheinwerfern und der Motorhaube des Jaguar.Ein Autofahrer eilte herbei, sah die Bescherung und schaffte es gerade noch bis zu einem Brückenpfeiler, wo er sich übergab. Ein anderer Autofahrer blieb daraufhin auf Distanz und frate, ob er einen Rettungswagen informieren sollte. Damian hatte ihm gedankt und mit seiner Dienstmarke gewunken, um dem Mann klarzumachen, dass sie sich hier um alles kümmern würden. Dann eilte er zum Jaguar und informierte die Kollegen. Die Straße war anschließend für mehr als zwei Stunden gesperrt worden. "Was haben wir?,"fragte Castillo und sein Blick wanderte erst mal zwischen Rico und Sonny hin und her."Keine verwertbaren Spuren im Krankenhaus," antwortete Rico und schob sich eine Weintraube nach der anderen in den Mund. "Die Überwachungskamera hat zwar im fraglichen Zeitraum ingesamt vier Personen eingefangen, aber sie trugen Hauben, Handschuhe und Mundschutz. Die Experten versuchen gerade so viele Punkte wie möglich für eine Identifizierung dieser Personen zusammenzubekommen. In einem Container wurde allerdings Dienstkleidung gefunden, die möglicherweise vom Täter getragen wurde. Das wird gerade untersucht." Sonny griff nach seiner Kaffeetasse, um sich einen großen Schluck zu genehmigen. "Wir trafen Moreno. er nannte uns drei Namen, die etwas mit der Bombe zu tun haben sollen: Alessandro DeLa Rosa, Danny Crail und Tommy Redwood," sagte er dann. Damian machte eine wegwerfende Handbewegung. "DeLa Rosa ist der, der uns mit dem Motorrad entkam und der in Switeks Haus auf Tubbs los ging. In seinem heruntergekommenen Trailer lag Summerdream für etwa 230.000Dollar. Danny Crail ist der Kerl, der von der Brücke stürzte. Da war er allerdings, laut Aussage des Pathologen, seit mindestens zwölf Stunden tot. Er starb an einer Schussverletzung, die ihm die linke Oberarmarterie zerfetzte." Er sah Sonny an. "Der Schuss kam aus deiner Waffe, hat die Dame im Labor gesagt." Missmutig rupft Rico weitere Weintrauben ab, als trügen sie die Schld daran, dass Izzy fast unbrauchbare Tipps weitergereicht hatte."Was ist mit Shoemaker?,"wollte Castillo wissen.Billy füllte erneut seine Kaffeetasse. Er gab Milch und Zucker hinein. Die heftige und geräuschvolle Art, in der er umrührte, zeigte deutlich wie wütend er war. Dann blickte er Estelle an. "Irgndwas an diesem Mann gefällt uns beiden nicht..""Eigentlich wissen wir ziemlich genau, was uns missfällt," warf Estelle ein und zählte an den Fingern ab: "Zu ruhig, zu emotionslos, zu wenig überrascht, als wir ihm von Dean Rogers´ Tod berichteten und außerdem hörten wir, wie er jemandem am Telefon 10.000 Dollar zusätzlich bot, wenn er seinen Job gut macht." Castillos Miene blieb so unergründlich wie der Blick der Sphynx. Er saß an der Kopfseite, die der Tür am nächsten war. Vor ihm stand eine Kaffeetasse, die er so weit Richtung Tischmitte geschoben hatte, dass er die Handgelenke auf die Tischkante und die Fingerspitzen gegeneinander legen konnte. "Seine Begründung?"Billy zuckte die Achseln. "Er behauptete, wir müssten uns verhört haben."Castillos Blick wanderte zwischen Billy und Estelle hin und her. Sie mussten ihm nicht beteuern, dass sie sich nicht verhört hatten. Trudy hatte ihr Laptop mit in den Besprechungsraum gebracht und die Namen eingegeben, die Sonny genannt hatte. "Alessandro DeLa Rosa, geboren am 21. Januar 1986," sagte sie. "Saß eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung ab, aber das wusstet ihr schon, oder?"Sie blickte in die Runde. Damian und Douglas nickten, Rico knüllte die Papiertüte zusammen, in der die Weintrauben gewesen waren, die anderen reagierten nicht, sondern sahen sie nur abwartend an.Sie fuhr fort: "Danny Crail, geboren 17. Oktober 1984, saß ebenfalls, aber wegen Diebstahl und schwerer Körperverletzung. Tommy Redwood war bisher anscheinend ein braver Junge. Jedenfalls habe ich ihn nicht in unseren Akten gefunden." Wieder blickte Trudy auf und in die Runde. Ein kleines Lächeln umspielte plötzlich ihre Lippen. "Was ich gefunden habe ist der Name Cordaro." Ben und Sam sahen gleichzeitig zu Trudy hinüber, Erstaunen im Blick. "Das Mädchen, das Dean Rogers Leiche fand?," fragte Sam.Trudy schüttelte den Kopf. Sie bearbeitete die Tasten, während sie erklärte: "Als ich den Namen las, kam er mi gleich bekannt vor. Deshalb habe ich etwas herumgeforscht. Internet sei Dank ist das ja kein Problem. Angelita Cordaro leitete Mitte bis Ende der 90er hier in Miami einen Sado - Maso - Club, aber es gab ständig Probleme..." Trudy bearbeitete er neut die Tastatur. Im Raum herrschte eine fast atemlose Spannung. Jeder schien zu hoffen, dass Trudys Laptop - abrakadabra - eine Information ausspuckte, die den Fall im handumdrehen aufklärte. Nebenan klingelte ein Telefon, eine Schublade wurde zugeknallt, ehe eilige Schritte durch den Raum klapperten. Dann erstarb das Klingeln des Telefons. "Die Razzien am 19. Mai ´95, am 23.August ´96 und am 11.Dezember ´97 ergaben, dass insgesamt..." -Sie zählte zusammen. - "...dreizehn Mädchen illegal in dem Club arbeiteten, vier Mal fehlten Genehmigungen und acht Mal, 1996, drei mal 1997 und 13 Mal 1999 war die Polizei im BLACK MAMBA, um tätliche Übergriffe zu beenden." Rico horchte auf, hielt kurz den Atem an und runzelte die Stirn. "Ein Club mit dem Namen BLACK MAMBA? Das kommt mir bekannt vor!"Sonny grinste in dem Versuch die Atmosphäre aufzulockern. "Lässt din Umgang etwa zu wünschen übrig, Tubbs?" Es klopfte, dann kam Angela herein, um Castillo mitzuteilen, dass er von Denvers velangt wurde. Ihr Blick wanderte jedoch zu Douglas und sie lächelte freundlich.Castillo eilte hinaus. Rico dachte über den Club BLACK MAMBA nach. Der Name war in New York gefallen, aber er kam nicht darauf, wer ihn erwähnte und in welchem Zusammenhang. Wenn es ein Sado - Maso - Club war, konnte es eigentlich nur jemand von der Sitte gewesen sein. Castillo kehrte zurück. in seinen Mundwinkeln zuckte ein winziges Lächeln und seine Augen hingen an Sonny. Er ging um den Tisch und hielt ihm einen Schlüssel hin.Sonny blickte von dem Schlüssel zu Castillo und zurück."Ihr neuer Wagen," sagte Castillo. "Immerhin verloren Sie Ihren Privatwagen im Dienst."Im gleichen Moment klingelte Ricos Handy.
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SIEBENUNDZWANZIG ebenfalls Dienstagabend Das NIGHTANGEL war renoviert und am 1. Juli wieder eröffnet worden. Es hatte eine Risenparty gegeben und seitdem brummte der Laden mehr als zuvor. Die Lichtorgel - Engel über der Tanzfläche drehten sich sogar und ihre Farben änderten sich im Rhythmus von Rihannas "Shut Up And Drive". Auch über der Theke hingen Engel anstelle von normalen Lampen. Sie wechselten nacheinander das Licht von weiß zu gelb, orange, grün, blau und zum Schluss rot.Die silbrig glänzenden Metalltische wren nun im Boden verschraubt und wer ins NIGHTANGEL hinein wollte wurde nach Waffen durchsucht. Izzy Moreno saß an der Theke. Er trank wenig, betrachtete sich lieber die hübschen Mädchen, die leicht bekleidet auf der Tanzfläche herumhüpften oder sich irgendwelche Dinge ins Ohr schrien, über die sie dann lachten. Ihn, den "Opa", beachteten sie natürlich nicht. Izzy war allerdings nicht nur des Vergnügens wegen hier. Das Glück hatte ihm eine Kiste mit absolut hochwertigen Designer - Jeans in die Hände gespielt. Jede dieser Hosen kostete in den Boutiquen um die 250 Dollar und in der Kiste waren fünfzig Hosen. Wenn es ihm gelang sie für die Hälfte zu verkaufen, würde er sich für eine Weile keine Sorgen mehr um seine Finanzen machen müssen. Er kannte jemanden, dem er sie anbieten konnte, und dieser Jemand kam normalerweise jeden Abend ins NIGHTANGEL. An diese Abend wartete Izzy jedoch vergebens. Irgendwann suchte er ziemlich frustriert den Waschraum auf und weil der Andrang gerade groß war, verschwand er einer Kabine.Nur einen Moment später hörte er jemanden barsch befehlen: "Los, raus! Amüsiert euch woanders!"Instinktiv kletterte Izzy auf den Toilettendeckel. Vielleicht ergab sich hier eine Möglichkeit für einen weiteren Nebenverdienst. Manchen Leuten waren Informationen eine Menge Geld wert. Jemand ging herum. Izzy atmete flach, verkrampfte sich und nur seine Augen bewegten sich. Er sah einen Schatten, der von Kabine zu Kabine ging, verharrte, sich bückte und dann weiterging."Alles OK," sagte der Mann dann. "Also, worum geht es?""Um die Lieferung. Wir mussten umdisponieren. Es wurde zu heiß. Die Ware kommt jetzt am Donnerstag um Mitternacht. Bis dahin müssen einige Namen ausradiert sein," antwortete ein anderer Mann. Seine Füße scharrten über den Boden, als er sich drehte, gegen ein Waschbecken lehnte und das rechte Bein locker vor das linke stellte. Izzy hatte sich vorsichtig hingekniet. Er hing fast in fötaler Stellung auf dem Toilettendeckel. Deshalb sah er die Beine der beiden Männer. Der eine trug graue stone - washed Jeans und schwarze Nike - Turnschuhe. Der andere Mann - er war der, der das Bein übergeschlagen hatte -, trug eine weiße Stoffhose und Schuhe - wie Izzy schätzte - in größe 53 oder 54. Es waren jedenfalls die größten Schuhe, die Izzy je gesehen hatte. Chiquita, die winzige Trethupe seiner Schwester Margarita hätte einen dieser Schuhe bei Hochwasser jedenfalls bequem als Rettungsboot benutzen können. Der Mann mit den Nikes begann nervös herumzurennen. Jemand öffnete die Tür zum Waschraum und Katy Perrys "I Kissed A Girl" wehte herein."Raus!,"fauchte der Mann mit den Riesenschuhen.Als sich die Tür schloss, blieb auch Katy Perrys Geständnis draußen."Der Boss ist verstimmt, Alessandro," sagte der Mann mit den großen Schuhen. "Die Bombe auf der Hochzeit traf nicht die richtigen Leute, vor dem Präsidium erwischte es nicht Crockett und Tubbs, sondern Danny, und die Sache in Switeks Haus hast du auch versiebt - genau wie die Sache im Krankenhaus." Der Nike - Mann, Alessandro, rannte wieder herum. Er schnaubte wie ein wütender Stier, und als er plötzlich mit der Faust gegen die Kabinentür schlug, hinter der Izzy lauschte, wäre dieser vor Schreck fast vom Klodeckel gefallen. Er sog tief und entsetzt die Luft ein und stützte sich mit der rechten Hand am Boden ab, woraufhin Alessandro stehen blieb, um zu lauschen.Izzy richtete sich fast im Zeitlupentempo auf. Schweiß trat auf seine Stirn. Er starrte auf den Spalt unter der Tür, bis Alessandro sich entfernte. Izzy atmete auf.Dann sagte Alessandro: "Die haben einfach mehr Glück als Verstand, Freddy, und für das, was im Krankenhaus passiert ist, kannst du mir nicht die Schuld geben.""Du hast zurzeit weder Glück noch Verstand...!" Freddy schnaubte. "Verstand hattest du allerdings ohnehin nie im Überfluss. - Hör zu, Tubbs, Bradford, Parson und die beiden Crocketts... - eliminieren! Für Leute mit Spatzenhirn wie dich: Töten, umbringen, ausradieren! - Bis Donnerstagabend! Ach ja, und Castillo natürlich auch. Der Boss will, dass du für Verwirrung sorgst." Freddy stieß sich vom Waschbecken ab und verließ den Waschraum. "Hung Up" von Madonna wehte herein. Alessandro blieb einen Moment länger. Er fluchte, murmelte leise: "Ich hab längst was angeleiert!"Izzy hörte, wie er seine Blase entleerte und hoffte, dass Alessandro bald ging. Für einen Mann in Izzys Alter war die fötale Stellung über einen längeren Zeitraum absolut ungeeignet. Seine Beine waren eingeschlafen und sein Rücken schmerzte. Zum Glück verließ Alessandro den Waschraum, allerdings ohne sich die Hände zu waschen. Seufzend richtete Izzy sich auf und brachte sich in eine sitzende Stellung. "Ferkel!," murmelte er. In seinen Füßen kribbelte es und er schwang sie leicht vor und zurück, um die Durchblutung anzuregen. Dann streckte er mehrfach den Rücken durch, beugte ihn mit schmerzverzerrem Gesicht nach rechts und links. Seine Gedanken rotierten. Natürlich wusste er über die explosive Hochzeitstorte Bescheid und in Gaunerkreisen munkelte man, dass dies ein Geschenk einer großen Organisation war, abr nun wusste Izzy wie schlimm es wirklich war. Das, was er gehört hatte, klang nach Ausrottung.Izzy wartete, bis er sicher war, dass seine Beine ihn wieder trugen, ehe er sehr eilig das NIGHTANGEL verließ.
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ACHTUNDZWANZIG Für Sonny war es fast wie ein Déjá - vu, als er mit dem Schlüssel für sein neues Auto in der Hand durch das Gebäude hastete. Er hatte keine Ahnung wie Castillo es gedreht hatte, dass man so schnell Ersatz für die Corvette bewilligte, aber eigentlich spielte es keine Rolle. Nur kurz hielt Sonny inne, als er an den alten, halb verrosteten Pickup dachte, den man ihm damals zuerst gab. Er war furchtbar wütend gewesen, weil er es peinlich fand damit herumzufahren. Castillo hatte ja wohl nicht...! Sonny stieß die Tür auf, die auf den Hinterhof des Präsidiums führte und ein Strahlen breitete sich auf seinem Gesicht aus, das sicherlich ausgereicht hätte, um South Beach bei Nacht zu beleuchten. Auf dem Hof stand ein feuerroter Ferrari Challenge Stradale mit schwarzen Ledersitzen und 425 Pferdestärken unter der Haube.Begeistert umrundete er den Wagen, strich über den glänzenden Lack, stieg ein und schaltete den Motor an. Das satte Brummen der Maschine ließ sein Herz vor Freude hüpfen. Dies war die straßenzugelassene Version des Rennwagens und Sonny vermutete, dass der Wagen, so, wie er hier stand, um die 250.000 Dollar kostete. Wie damals mit dem Testarossa hätte er gern mit Rico eine Probefahrt durch die Stadt gemacht, aber Rico hatte einen Anruf erhalten, als Castillo Sonny die Schlüssel gab. Sein Grinsen hatte Sonny klar gemacht, dass eine Frau am anderen Ende gewsen war. Außerdem wusste Sonny, dass Rico zu Alessio ins Universitätskrankenhaus fahren wollte. Deshalb unternahm Sonny die Probefahrt allein. Ricos Telefonat war kurz. Als er auflegte fragte er: "Sind wir fertig für heute?""Sind wir," bestätigte Castillo und Rico verließ daraufhin eilig das Büro, um zu Alessio zu fahren. Man hatte Alessio das Zimmer gegeben, das dem Stationszimmer gegenüber lag. Die Jalousien an den Fenstern waren geöffnet, sodass die Schwestern Alessio ständig beobachten konnten.Er lag da, einer Mumie nicht unähnlich, und starrte an die Decke. Er war mit etlichen Schläuchen verbunden und einigen Geräten,die piepten oder saugende und schlurfende Geräusche von sich gaben. Nichts ließ erkennen, dass er die sich öffnende Tür registriert hatte.Rico trat an das Bett. "Hallo, Les," sagte er. "Wie geht es dir?" Es war eigentlich eine dämliche Frage, denn wie sollte es einem Mann in Alessios Situation schon gehen? Aber es war eine Standardfrage, die man stellte, ohne darüber nachzudenken."Was denkst du?," stieß Alessio hervor, ohne den Blick von der Decke zu nehmen. Eine Träne rollte aus seinem linken Auge in den Verband, der Wange und Hals bedeckte. "Warum?" Das Wort hallte in Ricos Kopf nach wie ein Echo im Gebirge. Er sah eine weitere Träne aus Alessios Auge rinnen und er wusste, dass er niemals eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage würde geben können."Wir wissen es noch nicht ganz genau, aber wir finden es raus. Versprochen.""Was ist mit Grandma?,"wollte Alessio wissen."Deine Großmutter und Alaina wurden verletzt, aber sie werden es überleben," entgegnete Rico.Endlich wandte Alessio langsam den Kopf. Zwei grüne Augenpaare blickten einander an. "Bring sie zur Strecke, Dad! Finde raus, wer sie sind und nagele sie fest! Ich will, dass sie für das, was sie getan haben, bezahlen!"Rico nickte. Wenig später verließ er die Klinik. Er fuhr ins Motel, um sich umzuziehen, denn Amber hatte ihn zu sich nach Hause zum Essen eingeladen. Während er dusche, dachte er an damals. Sie hatten eine Menge Spaß miteinander gehabt und ernste und weniger ernste Gespräche miteinander geführt. Er war glücklich gewesen und hatte geglaubt, dass nichts dieses Glück zerstören konnte. - Bis zu jenem Tag im Jahr 1985, als ein Mann wegen einer heruntergefallenen Zigarette die Kontrolle über seinen Wagen verlor, über den Gehsteig raste, und Amber erfasste. Rico verließ das Motel und fuhr zu dem Appartement - Komplex aus den 90ern, in dem Amber wohnte. Ein ordentlich gefegter Plattenweg, gesäumt von Blumenbeeten, führte zur Tür. Rosen und Lavendel waren abwechselnd darin gepflanzt.Rico fand Ambers Namensschild. Sie wohnte in der 5. Etage. Er drückte auf den Klingelknopf und nur einen Moment später drückte sie auf den Türöffner, ohne auch nur zu fragen, wer dort war.Der Boden im Hausflur war hellgrau gefliest, wies aber unendlich viele Kratzer auf. Die Wände waren weiß getüncht, ergrauten aber allmählich wieder. Es roch sehr intensiv nach einem Zitronenreiniger.Rico drückte auf den Knopf für den Aufzug und die Tür öffnete sich augenblicklich. Er stieg ein, um nach oben zu fahren, nicht ahnend, was zur gleichen Zeit in seinem Motelzimmer geschah. Sonny erlebte gerade einen Geschwindigkeitsrausch auf dem Don - Shula - Expressway. Die Beschleungung dieses Wagens war einfach bombastisch. Nur fliegen war schöner! Er flog an den Wagen auf der rechten Spur vorbei und konnte die neidischen Blicke der Fahrer hinter ihm regelrecht spüren. Als sein Handy klingelte, war er im ersten Moment versucht es einfach zu ignorieren. Es machte zu viel Spaß mit diesem Wagen über die Straßen zu sausen. Dann aber dachte er, dass es etwas dringendes sein könnte und drosselte seufzend das Tempo. Er fischte das Handy aus der Tasche und sagte: "Crockett!""Ich hoffe, ich habe Sie nicht bei irgendetwas Wichtigem gestört," erwiderte eine warme Frauenstimme. "Hier ist Eliana Assani."Sonny grinste. "Sie können mich überhaupt nicht stören," behauptete er. "Ist Ihnen etwas Wichtiges eingefallen?"Eliana lachte. Ihre Stimme verursachte ein Prickeln in seinem Bauch, das sich ausbreitete wie die Wärme eines heißen Getränks nach einem langen Spaziergang an einem klirrend kalten Wintertag."Ja, mir ist eingefallen, dass ich unbedingt mit Ihnen zu Abend essen möchte. Mir ist das sehr wichtig. Wie wäre es in einer Stunde?""Wie könnte ich da nein sagen?,"fragte Sonny. Als er auflegte, dachte er an Gina und sein schlechtes Gewissen klopfte an. Dann aber redete er sich damit heraus, dass Eliana zum Fall gehörte... - irgendwie jedenfalls. Immerhin hatten sie und die beiden anderen Frauen die toten Polizisten gfunden. So etwas schockte und sie brauchte Beistand... - mehr oder weniger. Außerdem hatte er Gina gegenüber keinerlei Verpflichtungen. Sie hatten sich nur ein paar Mal getroffen - wie früher. Davon abgesehen würden er und Eliana nur zusammen essen und ein bisschen plaudern. Sonny fuhr zu Billys Strandhaus. Billy war noch nicht da. Sonny vermutete, dass er vielleicht den Abend mit Estelle verbrachte. Die Blicke, die Billy ihr heute zugeworfen hatte, signalisierten jedenfalls deutlich sein Interesse an ihr.Sonny duschte und zog sich um - muschelfarbene Leinenhose, lindgrünes Shirt und braunes Sakko. Dann rief er in der Universitätsklinik an, erkundigte sich nach Angelo Crispis Zustand und war erleichtert zu hören, dass Angelo inzwischen wach war und es bergauf ging.Bestens gelaunt machte Sonny sich auf den Weg nach Coral Gables. Billy und Estelle fuhren nach Dienstschluss in die HAVANNA - BAR, die direkt am Strand lag. Lichterketten und Kerzen in bauchigen, mit Blumen bemalten Gefäßen erhellten die nächtliche Terrasse, Raggae - Musik erklang, vermischt mit Stimmengewirr, Gelächter und Gläserklingen. Der Duft vieler Räucherstäbchen wehte durch die laue Abendluft. Wenn die Musik für einen kurzen Moment verstummte, wehte der Wind das Rauschen des Meeres heran. Billy und Estelle hatten einen freien Tisch gefunden, wo sie nun saßen und einen leckeren, aber giftig aussehenden Cocktail tranken."In meiner Familie sind alle Polizisten," erzählte Estelle lächelnd. "Meine beiden Großväter, meine Eltern..." Das Lächeln verschwand plötzlich. Estelle nahm ihr Glas und nippte mehrfach daran. Billy spürte, dass ihre Stimmung kippte, aber er hatte keine Ahnung weshalb. Er sah, dass sie nur trank, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Dann blickte sie auf, stellte das Glas ab und sagte: "Mein Bruder war auch Polizist. Andrew Field war sein Boss und men Bruder stand ganz in der Nähe, als das verdammte Geschenk in die Luft flog.""Das tut mir leid," sagte Billy und trank von seinem Cocktail. Billys Blick wanderte herum. Einige Leute tanzten, eine Kellnerin eilte mit enem vollen Tablett zwischen ihnen durch und schäkerte mit einem Jamaikaner, dessen Rastazöpfe bis auf seinen Rücken hinunterfielen. Neue Gäste kamen an, trafen auf Bekannte, und begrüßten sie lautstark. "Das ist der Grund, warum ich die Schuldigen finden will," erklärte Estelle. "Mein Bruder, Field und die anderen waren dicht dran. Genau so dicht wie Vice, und die Kollegen in West Palm Beach, New Orleans, Savannah, Philadelphia und New York. Man kommt ihnen zu nah und sie platzieren eine Bombe, die - bum! -, alle wichtigen Leute der Operation ausradiert!" Estelles Blick heftete sich auf einen Punkt am Eingang zur Terrasse. Als Billy sich umwandte, um herauszufinden, was sie sah, entdeckte er Ben und Samantha. Ben sah ihn ebenfalls, grinste, sagte etwas zu Samantha, und dann kamen die beiden herüber. Billy stöhnte auf. "Es gibt sicherlich ein paar hundert Discos Clubs und Bars in ganz Miami, aber du suchst dir ausgerechnet die HAVANNA - BAR aus," sagte er, als Ben und Sam sich am Tisch niederließen."Wir belästigen euch nur kurz und ziehen dann weiter," versprach Ben. Sonny wollte gerade losfahren, als sein Handy klingelte. Er hoffte, dass es weder das Büro war noch Eliana und er hatte Glück. Am anderen Ende war Izzy Moreno. Er sprach leise, klan abgehetzt. "Ich habe eine wichtige Information für Sie, Crockett!," sagte er. Er wartete nicht auf Sonnys Antwort, sondern fuhr fort: "Eine Lieferung kommt Donnerstag Mitternacht. Ein Kerl mit Riesenfüßen, Freddy, gab Nike - Mann Alessandro DeLa Rosa den Auftrag bis dahin das Vice - Team zu eliminieren und DeLa Rosa sagte, er hätte schon was angeleiert. Passen Sie alle auf sich auf!" Dann lege er einfach auf. Sonny saß in seinem Wagen und dachte über Izzys Worte nach. Eine Lieferung kam also rein, aber was wurde geliefert und wo kam es rein? Und wer zum Teufel war Freddy mit den Riesenfüßen? Seit wann lebte Bigfoot im Süden und hieß Freddy?Sonny rief Castillo an und gab Izzys Information an ihn weiter, ehe er sich auf den Weg zu Eliana Assani machte. Amber hatte den Tisch auf dem Balkon gedeckt, der zu ihrem Appartement gehörte. Aus der Musikanlage drang Phil Collins´ "Groovy Kind Of Love".Sie hatten gegessen und Rico hatte zugehört, als Amber ihm erzählte, was seit damals geschehen war. Von ihren mühsamen Schritten zurück in ein normales Leben, von der Wiederaufnahme ihres Medizinstudiums und ihrer Ehe, die nur fünf Jahre gehalten hatte und kinderlos geblieben war.Dann hörte sie zu, als Rico ihr von seiner Rükkehr nach New York, seinr Ehe mit Suzy und seinen Kindern erzählte. "Vielleicht ist das unsere neue Chance," sagte Amber, nachdem der Tisch abgeräumt war und sie alles verstaut hatten. Sie sah ihn an, trat auf ihn zu und legte ihre Arme um seinen Hals. Rico legte seine Arme um ihre Taille. "Wer weiß," sagte er bevor er sie küsste.Sie drängte sich an ihn, fuhr mit ihren Händen durch sein Haar und Rico dachte, dass sie, auch wenn es wahrscheinlich nicht so war, wenigstens so tun könnten, als wäre dies eine neue Chance. Dann hob er Amber hoch und trug sie zum Schlafzimmer.
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  • 2 weeks later...
NEUNUNDZWANZIGDas schmiedeeiserne Tor stand schon offen, als Sonny das Anwesen erreichte, und es schloss sich hinter ihm wie von Geisterhand. Entlang der Auffahrt flammten bereits Lampen auf und auch im Haus brannte Licht. Das Hausmädchen, eine etwa 25 - Jährige Puertoricanerin, öffnete ihm, um ihn wortlos zu einer Terrasse zu führen. Sie war mit einer Hecke eingefasst und besaß als zusätzlichen Reiz einen Whirlpool, in dem das Wasser einladend und silbrig schimmerte. Der Tisch war mit einem weißen Tuch, edlem Porzellan und einm fünfarmigen silbernen Kerzenleuchter gedeckt. In einer Ecke stand ein großes Ruhebett aus Rattan, auf dem flauschige, weiße Handtücher parat lagen. Hätte Sonny nicht von vornherein gewusst, dass Eliana mehr wollte als ein nettes Abendessen, es wäre ihm spätestens jetzt bewusst geworden. Eliana trug ein duftiges, lavendelfarbenes Kleid mit einem engen, tiefausgeschnittenen Oberteil und einem locker bis auf die Oberschenkel fallenden Rock. Das honigblonde Haar hatte sie auf der rechten Seite mit einem goldfarbenen Kamm zurückgesteckt. Sie hatte eine CD mit Musicalsongs eingelegt und gerade ertönte "Memories" aus dem Musical Cats. Eliana lächelte und reichte ihm die Hand. "Schön, dass Sie gekommen sind, Sonny," sagte sie.Sonny ließ den Blick schweifen. "Nett haben Sie es hier."Auf lautlosen Sohlen eilte das Dienstmädchen herbei, um das Essen aufzutragen. Obwohl Sonny versuchte alle beruflichen Gedanken beiseite zu schieben, kam er angesichts dieses Luxus nicht umhin im Kopf einige Zahlen zu überschlagen. Dieses Haus war sicherlich um die fünf Millionen wert, eher mehr als weniger. Bestimmt parkten in der große Garage mindestens drei Luxusfahrzeuge, bei denen allein der Name so viel wert war wie ein neuer Mittelklassewagen... - Die Boutique schien verdammt lukrativ zu sein. "Brauchen Sie mich noch, Ms. Assani?,"fragte das Hausmädchen."Nein, danke, Conchita."Conchita lächelte, wünschte einen schönen Abend und verschwand lautlos wie ein Geist zu "Grease Lightnin´". Der leichte Rosé, den Eliana selbst in die Gläser füllte, funkelte, die Steaks dufteten. Während des Essens stellte Eliana verschiedene Fragen zu Sonnys Job und versuchte etws über seine Familie in Erfahrung zu bringen. Es handelte sich um harmlose Fragen, die das Gespräch in Gang halten sollten, aber nach seiner Erfahrung mit Georgina Fowler war Sonny vorsichtig geworden. In diesem Fall hier durfte er außerdem nicht vergessen, dass Eliana die beiden toten Polizisten gefunden hatte. Sonnys Antworten fielen deshalb recht allgemein aus. Er erwähnte, dass er geschieden war und drei Kinder hatte, aber er sagte nicht, wo sie lebten oder wie alt sie waren und er zeigte ihr keine Fotos. Das konnte er schließlich immer noch nachholen, wenn sie sich besser kannten. Der Wein und die Musik sorgten für eine romantische Stimmung. Als Eliana Sonny bei "Don´t Cry For Me Argentina" zum tanzen aufforderte vergaß er sogar, dass er bei solchen Gelegenheiten eigentlich immer ablehnte und als Grund seine alte Knieverletzung vorschob. Eine weitere halbe Stunde später vergnügten sie sich im Whirlpool, um kurz nach Mitternacht in Elianas Schlafzimmer umzuziehen, das ungefähr die Ausmaße von Sonnys Appartement hatte, und in Braun - und Apricottönen eingerichtet war. Sonny vergaß den Fall und alles andere... Mittwoch, 6 UhrRico erwachte, weil Ambers Wecker klingelte. Dann sprang das Radio an und ein fast unverschämt fröhlicher Radiomoderator wünschte einen schönen guten Morgen.Neben Rico brumelte Amber im Halbschlaf. Sie hob den Kopf, öffnete die Augen und lächelte Rico an. Seufzend kuschelte sie sich an ihn. "Ich dachte schon, ich hätte nur geträumt," murmelte sie. "Schöner wäre es nur, wenn wir heute beide frei hätten."Sie hob den Kopf erneut, rückte ein bisschen höher und küsste Rico. "Die Pflicht ruft!"Sie stand auf und ging nackt ins Bad hinüber. Im Radio trällerte Kylie Minogue "Can´t Get You Out Of My Head". Rico schob das Kissen etwas zurecht und dachte nach. Seine Beziehung zu Amber war damals großartig gewesen. Schon fast zu schön, um wahr zu sein. Inzwischen aber war viel passiert. Sie waren beide älter geworden. Amber arbeitete in Miami, er in New York. Er seufzte und dachte: Warum zerbreche ich mir jetzt schon den Kopf? Warten wir´s einfach ab! Er schwang die langen Beine aus dem Bett, ging ins Bad hinüber und gesellte sich zu Amer unter die Dusche."Um wieviel Uhr fängt dein Dienst an?,"fragte er zwischen zwei Küssen."Um acht," murmelte Amber, wand sich aus seinen Armen und schlüpfte aus der Dusche. "Aber wenn ich dich nicht bremse, bin ich heute Mittag immer noch nicht in der Klinik." Um halb acht verließen sie gemeinsam das Appartement. Rico beschloss, kurz ins Motel zu fahren, um sich zu rasieren und sich dann im Büro die Filme und Fotos anzusehen, die vor der Explosion gemacht worden waren."Bis heute Abend," sagte er zu Amber au dem Parkplatz am Appartementhaus. Nach einem letzten Kuss trennten sie sich. Rico kurvte durch die Stadt zum Motel. Der Himmel war wolkenverhangen, aber darunter staute sich die Hitze. An diesem Morgen herrschte absolute Windstille und nicht mal der Fahrtwind brachte Abkühlung. Am Motel stellte Rico den Wagen ab. Er überquerte in zwei Etappen die Fahrbahn und betrat das Motel. Bei einer älteren Frau, die hinter dem Buchenholztresen saß und ganz offensichtlich ein privates Telefonat führte, holte er sich seinen Zimmerschlüssel ab. Sie wirkte genervt, so, als wäre es nicht ihr Job den Gästen ihre Schlüssel zu geben. Der Blick, mit dem sie Rico bedachte, war jedenfalls beinah tödlich und sie schien sehr erleichtert zu sein, als er ging. E fuhr mit dem Aufzug nach oben. Als die Türen sich öffneten, sah er, dass ein Zimmermädchen gerade die Tür zu seinem Zimmer aufstieß, das dem Aufzug schräg gegenüberlag. Im nächsten Moment brach die Hölle los! Mitwoch 7:50 UhrSonny fühlte sich benommen. Wie in Watte gepackt. Er hörte ein Geräusch, aber es dauerte eine Weile, ehe er begriff, dass es sein Handy was, das da klingelte.Stöhnend drehte er sich auf die rechte Seite, aber statt Billys Couchtisch, auf dem er sein Handy im Moment über Nacht abzulegen pflegte, ertasteten seine Fnger eine Bettdecke und ein Kissen. Er öffnete die Augen und verzog das Gesicht. Seine Zunge fühlte sich pelzig an und der Geschmack in seinem Mund war schauderhaft. Das Bett neben ihm war leer, aber die Erinnerung an die vergangene Nacht kehrte schlagartig zurück. Grinsend richtete er sich auf, aber das Grinsen verschwand augenblicklich, als die Stiche in seinem Kopf einsetzten. Er war kein Weintrinker und diese Art Alkohol bekam ihm ganz offnensichtlich nicht. - Zumindest nicht in den Mengen, die er gestern mit Eliana zu sich genommen hatte. Er schlüpfte aus dem Bett und ging stöhnend zu dem schokoladenbraunen Ledersessel, auf dem er letzte Nacht seine Sachen ablegte. "Oh, Mann!,"knurrte er und legte kurz stützend die rechte Hand gegen den Kopf, als könnted das den Schmerz lindern. Er brauchte dringend zwei Aspirin und er hoffte, dass Eliana welches im Haus hatte.Das Klingeln hörte auf. Sonny zog das Handy aus der Tasche und sah, dass Castillo versucht hatte ihn zu erreichen.Gerade, als er die Nummer eingegeben hatte, tauchte Eliana in der Badezimmertür auf, bekleidet nur mit einem wollweißen Handtuch, das sie über dem Busen ineinandergeschlungen hatte. Es war gerade groß genug, um bis knapp über den Hintern zu reichen."Mein Kollege," sagte Sonny. Seine Zunge war so dick, dass er kaum sprechen konnte. Castillo meldete sich."Fahren Sie ins ARIANA - MOTEL, Crockett," kam er ohne Umschweife zur Sache. "Jemand hatte in Tubbs´ Zimmer eine Selbstschussanlage installiert!"Dann legte er auf.
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DREISSIGBilly erwachte ebenfalls durch das klingeln seines Handys. Neben ihm seufzte Estelle, drehte sich um, und umschlang ihn mit dem rechten Arm und dem rechten Bein. "Ist zu früh zum aufstehen, Baby," murmelte sie.Grinsend schob Billy ihren Arm fort, küsste sie auf die Stirn und sagte: "Es ist das Handy."Seine Klamotten lagen überall auf dem Fußboden von Estelles Motelzimmer verstreut, wohin sie gegangen waren, weil Billy vermutete, dass sein Vater im Strandhaus schlief. Sein Handy hatte Billy auf den Schreibtisch am Fenster gelegt. Dorthin tappte er nun, während Estelle sich auf den linken Ellbogen stützte und ihn ansah. Ihr kinnlanges, dunkelbraunes Haar war verstruwwelt. Eine Strähne fiel ihr ins Gesicht und Estelle pustete sie weg. Ihre dunkelbraunen Augen waren noch vom Schlaf - zu wenig Schlaf - umnebelt. "Cockett!,"sagte Billy. Er lauschte, sein Gesicht wurde ernst und er stützte die linke Hand auf dem Schreibtisch ab, als suchte er Halt. Seine blauen Augen weiteten sich leicht. Estelle war sofort klar, dass etwas passiert sein musste."Estelle und ich fahren hin," sagte er und legte auf. Dann drehte er sich um, blickte Estelle an und erklärte: "In Tubbs´ Motelzimmer hatte jemand eine Selbstschussanlage installiert.""Was ist mit Tubbs?,"fragte Estelle, war aber bereits aus dem Bett und auf dem Weg ins Bad."Darüber hat Castillo nichts gesagt." Billy zog seine Hose an, verlor etwas das Gleichgewicht und stieß mit der rechten Hüfte gegen den Schreibtisch. "Das nimmt überhaupt kein Ende!," rief er über das rauschen der Toilettenspülung zu Estelle hinüber. Alles ging wahnsinnig schnell. Eben noch trällerte das Zimmermädchen inbrünstig, leise und ziemlich schief "My Heart Will Go On", im nächsten Moment erfüllte das ohrenbetäubende Rattern eines Maschinengewehrs die Luft. Das Zimmermädchen wurde von der Wucht der Schüsse bis an die Wand neben dem Aufzug katapultiert. Die Kugeln rissen Löcher in die Wände und zerfetzten die Tür eines Zimmers, das Ricos Zimmer genau gegenüberlag. Der Türrahmen zersplitterte und eine Wandlampe explodierte. Rico hatte sich instinktiv auf den Boden geworfen und war auf dem Bauch zurück in den Aufzug gekrochen. Er spürte etwas ekelhaft warmes, das seinen Rücken traf und der Geruch von Blut drang ihm in die Nase. Er biss die Zähne aufeinander, kroch weiter und richtete sich im Aufzug in eine sitzende Position auf. Er kam auf die Beine, presste die rechte Hand auf den Knopf, der die Aufzugtür offen hielt, und den Rücken gegen die kalte Metallwand.Rico hatte automatisch den Atem angehalten, was er aber erst merkte, als seine Lungen nach Luft schrien. Er hörte das rattern der Schüsse, die Einschläge und die panischen Schreie anderer Motelgäste. Rico stieß die angehaltene Luft aus, atmete mehrmals schnell ein und aus und hielt erneut de Luft an. Er beugte sich schnell vor und wieder zurück. Wer auch immer diese Waffe in seinem Zimmer anbrachte wollte absolut sicher gehen, dass von Rico nicht mehr übrig blieb als Hackfleisch. Die Waffe hörte so plötzlich auf zu feuern wie sie angefangen hatte. Die Stille schmerzte jedoch fast ebenso sehr wie der Lärm zuvor. Rico hörte das Blut in seinen Ohren rauschen, und das Weinen und Schluchzen anderer Gäste, das aus den Motelzimmern über den Flur hallte. Rico blickte rasch aus dem Aufzug, ehe er zur gegenüberliegenden Wand rannte. Er stand nununmittelbar neben seiner Zimmertür, den Blick auf die Leiche des armen Zimmermädchens gerichtet. Sie lag mit grotesk verdrehten Gliedern neben der Zimmertür, die seiner gegenüberlag. Die Wand war mit ihrem Blut, Teilen der gräulichen Gehirnmasse, Hautfetzen, Knochenfragmenten und Stofffetzen von ihrer Kleidung bedeckt. Dazwischen klafften die Löcher, die die Kugeln in die Wand gerissen hatten. Durch einige von ihnen fiel das Sonnenlicht, das durch das Fenster des dahinterliegenden Zimmers hereindrang, und malte Kreise auf den Boden. Rico riskierte einen schnellen Blick in sein Zimmer. Er sah die Waffe, deren Mündung auf die Tür gerichtet war. Sie stand auf einem harmlos aussehenden Stativ und an der rechten Seite hing die Halterung, in der die Patronen gewesen waren, die automatisch eingezogen wurden. Etwa 50 Schuss, wie er schätzte.Rco schob sich um die zerfetzte Tür herum in den Raum. Er stieß unter Einhaltung aller Sicherheitsbestimungen die Badezimmertür auf, aber der fensterlose Raum war leer. "Oh, mein Gott!," schrie eine Frau auf dem Flur entsetzt. Er rannte hinaus und hörte bereits mehrere Sirenen, die sich rasch näherten.Auf dem Flur stand eine junge, dunkelhäutige Frau. Sie war ziemlich rund, trug Jeans, eine farbenfrohe, weite Bluse und hielt ihren Kopf mit beiden Händen fest, als befürchtete sie, er könnte herunterfallen.Rico legte ihr die Hand auf die Schulter und zwang sie sich umzudrehen, denn die vor Entsetzen wie erstarrte Frau konnte den Blick nciht von der Leiche abwenden. "Gehen Sie bitte wieder in Ihr Zimmer," ordnete er sanft, aber bestimmt an. Die Frau sah ihn an, als hätte er in einer ihr unbekannten Sprache gesprochen, aber dann nickte sie, warf einen letzten Blick auf das tote Zimmermädchen und rannte würgend davon. Rico eilte durch die auseinandergerissene Tür von Zimmer 502, wobei er versuchte nicht in die Spuren auf dem Boden zu treten. Obwohl er sich vorgenommen hatte sie nicht anzusehen, wanderte sein Blick über die Leiche. Ihre Nase war komplett weggerissen und da ein Teil der Oberlippe fehlte, sah es fast aus, als grinste sie ihn höhnisch an. Die rechte Augenhöhle war leer, aber er verbot sich augenblicklich sich umzusehen, um herauszufinden, wo das Auge geblieben sein mochte. Ihre Schädeldecke war abrasiert worden und klebte an der Wand. Das Mädchen hatte seine langen, schwarzen Haare stets zu einem Zopf geflochten getragen, den sie sehr hoch ansetzte. Jetzt baumelte der Zopf von der Wand herunter. "Hallo?," rief Rico, als er das Zimmer betrat, aber dann stellte er erleichtert fest, dass der Raum unbewohnt war. Er holte tief Luft und sein Verstand begann so präzise zu arbeiten wie ein Schweizer Uhrwerk. Rico kehrte auf den Flur zurück, wo sich inzwischen etliche Gäste eingefunden hatten, um nachzusehen, was passiert war. Er wies sich als Polizist aus und schickte alle auf ihre Zimmer. Auf dem Flur stehend dachte er nach, während die jaulenden Sirenen näher und näher kamen. Jemand hatte ihn beobachtet und wegfahren sehen. Er vermutete, dass dieser Jemand möglicherweise davon ausgegangen war, dass er irgendwann abends ins Motel zurückkehrte. Hätte er das getan, läge er jetzt dort drüben zerfetzt an der Wand. Sein Schlüssel wa jedoch heute Morgen an der Rezeption gewesen. Wie also kam die Person, die diese Waffe aufbaute, in sein Zimmer? Sonny trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Er beugte sich über das Lenkrad und kniff die Augen zusammen, weil er alles irgendwie verschwommen sah. Er fühlte sich immer noch mies und verfluchte erneut den Wein, der die Schuld daran trug. Sonny versuchte seine Gedanken zu sortieren, was nicht so einfach war, zumal Castillo ihm kaum Informationen gegeben hatte. Es hatte während ihrer Zusammenarbeit viele Situationen gegeben, in denen Sonny Castillo dankbar dafür war, dass er kurze und präzise Informationen weiter gab, statt lange und ausschweifend irgendwas zu erklären. Jetzt aber verfluchte er die wortkarge Art des Mannes.Wie konnte jemand eine Selbstschussanlage in Tubbs´ Zimmer aufbauen? Wo war Tubbs zu diesem Zeitpunkt gewesen? Und was war mit ihm passiert? War sein Freund tot?"Oh, verdammt!, fluchte er und schlug mit der rechten Faust auf das Steuer, aber das war keine besonders gute Idee, denn die ruckartige Bewegung donnerte bis in seinem Schädel hinauf, der ohnehin zu patzen drohte. Vor dem Motel stieß er auf Billy, Estelle, Ben und Sam, die ebenso besorgt aussahen wie Sonny. Als eine Bahre mit enem Leichensack darauf aus dem Motel gerollt wurde, stürzte Sonny sich darauf. "Wer liegt darin?," fragte er.Der dünne Schwarze, der die Bahre schon, blickte auf einen Zettel, den er aus der Tasche zog. "Sie hieß Antonia Esteban," antwortete er.Sonny amete auf, klopfte dem erstaunten Schwarzen auf die rechte Schulter, und seufzte: "Danke, mein Freund!" Damian und Douglas waren schon im Motel. Sie unterhielten sich in der Sitzecke links vom Eingang mit einer vollkommen entsetzt wirkenden Frau, vermutlich die Rezeptionistin der Nachtschicht.mMark Jones, der junge, dunkelblonde Kriminaltechniker, beschäftigte sich gerade mit einer der Kameras, die die Eingangshalle überwachten. Jeand vom CSI stäubte die Schlüselfächer hinter der Rezeption ab. Sonny sah nur ziemlich ergrautes Haar, aus dem hier und da schwarze Strähnen hervorblitzten. Zwei andere Leute aus dem Kriminallabor kümmerten sich um die beiden Aufzüge und auch die Tür zum Treppenhaus wurde untersucht. Die junge, blonde Frau sah ihn an, den Pinsel auf ihn richtend, als wäre es eine Waffe. Wäre die Situation nicht so verdammt ernst gewesen, Sonny hätte lachen müssen. Er zeigte ihr seine Dienstmarke, ehe sie irgendwas sagen konnte. "Lieutenant Sonny Crockett."Die Frau lächelte, erhob sich und machte ihm Platz. "Fünfte Etage." Während er nach oben lief, dachte Sonny: Warum wohnt Tubbs nicht in der ersten oder zweiten Etage? Nee, Tubbs muss immer hoch hinaus!Aber dann dachte er nur noch, dass er sehr glücklich sein würde den Freund gleich gesund und munter wiederzusehen, auch wenn im Moment jede Stufe wie ein Hammerschlag in seinem Kopf wirkte. Rico stand auf dem Flur, abseits des großen Chaos. Mehrere uniformierte Kollegen sorgten dafür, dass die Bewohner der anderen Zimmer nicht auf den Flur kamen, es wurden Spuren gesichert und Fotos geschossen. Der Gestank von Schießpulver vermischte sich mit dem Geruch von Blut, Innereien und Erbrochenem, denn einer der jungen Kollegen hatte sich übergeben, als er Antonia Estebans Leiche sah. "Mann, bin ich froh dich zu sehen, Tubbs!,"stöhnte Sonny und umarmte den Freund erleichtert."Ja," antwortete Rico nur und klopfte auf Sonnys linkes Schulterblatt.Castillo gsellte sich zu ihnen. "Das Schloss wurde nicht aufgebrochen," sagte er. "Wann haben Sie das Zimmer verlassen, Rico?"Rico dachte kurz nach. "Das muss gegen viertel nach sieben gestern Abend gwesen sein. Zurück kam ich heute Morgen um acht, als das Zimmermädchen die Tür aufschloss und so die Selbstschussanlage auslöste.""Das ist eine lange Zeit." Castillos Blick wanderte über die Blutspritzer, Hirn - und Knochenteile, die mit den Einschusslöchern ein bizarres Muster bildeten. "Jemand glaubte, Sie kämen nachts zurück und er hatte die Möglichkeit sich unbemerkt Ihren Zimmerschlüsel zu nehmen und ihn zurückzuhängen." Er blickte auf seine Armbanduhr. Es war immer noch das gleiche Modell, das er früher getragen hatte: Eine goldene Uhr mit einem schlichten, schwarzen Lederband. "Wir treffen uns in einer Stunde im Besprechungsraum." Dann wandte er sich ab. Sonny ging vorsichtig herum. Zum einen ar der Boden übersät mit Spuren, die er natürlich nicht vernichten durfte, zum anderen verursachten die grässlichen DInge, die er sah, ihm Magenprobleme. Nie wieder Wein!, dachte er grimmig. Er dachte daran wie viel Glück Rico gehabt hatte, weil er nicht früher zurückgekommen war, auch wenn der Gedanke irgendwie zynisch klang. Zumindest würde Antonia Estebans Familie das so sehen. Das, was hier passiert war, passte jedoch zu dem, was Izzy ihm gesagt hatte. DeLa Rosa hatte Bigfoot Freddy gegenüber behauptet, er hätte schon was angeleiert, um das Vice - Tam auszuschalten. Ein paar Mal blieb Sonny stehen. Er schloss die Augen, stützte sich an der Wand ab, und atmete langsam durch den Mund."Alles klar, Partner?,"fragte Rico besorgt.Sonny wandte sich um und grinste schief. "Ich hatte gestern Abend bei Eliana wohl etwas zu viel Wein. Dabei vertrage ich das Zeug überhaupt nicht! Gehen wir! Ich muss die anderen warnen!"Rico hatte zwar keine Ahnung, was Sonny meinte, aber er folgte ihm zum Treppenhaus. Sonny würde ihm schon erzählen, worum es ging.
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EINUNDDREISSIGDamian und Douglas beendeten gerade ihre Unterhaltung mit der Rezeptionistin der Nachtschicht. Damian reichte der Frau ein Kärtchen. "Wenn Ihnen noch irgendwas einfallen sollte, rufen Sie mich an," bat er und die Frau nickte, während sie das Kärtchen in ihre ockerfarbene Handtasche steckte. Billy und Estelle kamen mit einem Mann in einem dunkelblauen Anzug, mit weißem Hemd und brombeerfarbenem Schlips, aus den hinteren, dem Personal vorbehaltenen Räumen. Der Mann reichte erst Estelle, dann Billy die Hand. Erstaunt registrierte Sonny, dass Billy unrasiert war. Sein Blick huschte zwischen Billy und Estelle hin und her und er entdeckte eine Vertrautheit, die gestern nicht dagewesen war. Ben und Sam waren nirgendwo zu sehen. Vermutlich hatten sie die Filme aus den Überachungskameras mit aufs Präsidium genommen, um sie sich anzusehen. Sonny blieb mitten in der Eingangshalle stehen. Mehrere Motelgäste standen verunsichert in der Nähe der Rezeption, um von dort aus die Arbeit der Polizei und der CSI - Leute zu beobachten. Vor der Tür hatten sich einige Reporter versammelt, die nur deshalb nicht hineinkamen, weil zwei grimmig aussehende Polizisten mit Kleiderschrankmaßen den Eingang bewachten. Billy, Estelle, Damian und Douglas gesellten sich zu Rico und Sonny."Alles klar, Rico?,"fragte Damian.Rico nickte. Sonny berichtete leise mit wenigen Worten von Izzys Anruf. "Ich denke, wir sollten alle sehr vorsichtig sein," sagte Sonny.Dann verließen sie gemeinsam das Motel. In die Reihe der Reporter kam Unruhe. Mikrofone streckten sich ihnen entgegen."Können Sie uns etwas zu dem, was passiert ist, sagen?" - "Handelt es sich wirklich um ein Attentat?" - "Gibt es schon einen Hinweis auf den oder die Täter?"Sie murmelten: "Kein Kommentar!" - und - "Wir ermitteln noch in alle Richtungen," während sie sich einen Weg zu den Fahrzeugen bahnten."Könntest du Estelle mitnehmen, Damian?," bat Billy. " Ich will eben nach Hause fahren." Er grinste und fuhr sich mit der rechten Hand übers Kinn. "Mich rasieren.""Klar," antwortete Damian und blickte zu seinem Jaguar. "Wird aber ein bisschen eng.""Ich mache mich ganz klein," versprach Estelle. Billy eilte zu seinem Porsche. Er musste sich beeilen, wenn er pünktlich zur Besprechung im Präsidium sein wollte, aber Billy stand, im Gegensatz zu Sonny, nicht auf einen Drei - Tage - Bart.Während er zum Strandhaus fuhr, dachte er zuerst an die vergangene Nacht. Er hoffte, dass ähnliche Nächte folgten. Vielleicht konten sie sich auch ab und zu treffen, wenn Estelle wieder in New Orleans war. Mit dem Flugzeug war es schließlich keine große Sache von A nach B zu gelangen. Dann wandte er seine Gedanken den Ereignissen dieses Morgens zu. Wäre Tubbs ein paar Minuten früher zurückgekehrt, wäre er jetzt tot. Sie mussten unbedingt herausfiden, wer der Auftraggeber war, bevor DeLa Rosa mit dem, was er angeleiert hatte, erfolgreich war."Freddy mit den Riesenfüßen," murmelte er, als er den Expressway verließ. Schließlich stoppte er vor dem Strandhaus. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich wirklich beeilen musste. Er sprang aus dem Wagen, knallte die Tür zu und rannte zum Haus. Die Haustür fiel hinter ihm ins Schloss. Während er das Wohnzimmer durchquerte, fiel sein Blick auf das unbenutzte Bettzeug auf dem Sofa. Sein Vater war letzte Nacht also auch nicht hier gewesen. Grinsend verschwand Billy im Bad. Kurz dachte er daran, ob er seinen Vater bitten konnte, die nächste Nacht ebenfalls woanders zu verbringen.Er nahm den elektrischen Rasierapparat aus dem Schrank und steckte ihn ein. Er hatte die ganze Nacht im Auto an der Hecke gewartet, war ein paar Mal eingedöst und hatte sogar befürchtet Billys Ankunft verschlafen zu haben. Als er nachsah, stand der Porsche jedoch nicht unter dem Carport. Toll, der Scheißbulle verbrachte ´ne heiße Nacht mit irgendeiner Tussi und er hing blöde hier herum! Seine Laune hob das nicht gerade!Als der Morgen graute hatte er Alessandro angerufen und gefragt, wie lange er warten sollte. "Bis Crockett nach Hause kommt," hatte Alessandro geantwortet.Also wartete er weiter und nun war Crockett gekommen. War anscheinend in Eile. Er raste heran wie ein Verrückter, bremste hart und knallte die Türen. Er stieg aus, drückte die Tür leise ins Schloss und lief zur Haustür. Er lauschte, weil er keine Ahnung hatte, was Crockett gerade machte und wo er sich aufhielt.Er zog eine Kreditkarte aus der Tasche, die es ihm ermöglichte, die Tür problemlos zu öffnen. Er grinste. Für einen Bullen war Crockett ziemlich leichtsinnig was seine Sicherheitsvorkehrungen anbelangte. Im Wohnzimmer blieb er stehen, steckte die Kreditkarte weg und zog sein Messer hervor, während er sich umsah, um sich zu orientieren. Er hörte das stetige Brummen eines Rasierapparates und folgte dem Geräusch bis zum Bad. Die Tür stand einen Spalt breit offen und er erkannte am Schatten auf dem Boden, dass Billy rechts hinter der Tür war. Er spannte die Muskeln, stieß die Tür auf und griff an. Billy realisierte die plözliche Bewegug der Tür. Instinktiv ließ er den Rasierapparat ins Waschbecken fallen und schoss herum. Er sah den Mann und die blitzende Klinge des Messers in dessen Hand, die auf ihn zuschoss wie eine angriffslustige Schlange. Billy versuchte den Stich abzuwehren, indem er den rechten Arm hochriss, während er gleichzeitig mit der linken Hand nach der Hand des Angreifers grabschte, die das Messer hielt. Der Angreifer war schnell. Der Schmerz schoss durch Billys rechten Arm, als der Mann ihm das Messer in den Unterarm stieß. Mit einem Aufschrei riss Billy den Arm zurück. Blut tropfte auf die weißen Fliesen.Billys linke Hand umklammerte das Handgelenk des Mannes, aber dessen Rechte knallte in Billys Gesicht. Sein Kiefer krachte und für einen Moment wurde es Billy schwarz vor Augen. Er ließ das rechte Handgelenk des Mannes los, stolperte rückwärts, stieß hart gegen das Waschbecken und riss beide Arme hoch. Deswegen erwischte ihn der nächste Stich im linken Oberarm.Billy biss die Zähne zusammen und riss das linke Knie hoch. Er traf den Angreifer unterhalb der rechten Hüfte und setzte gleich mit der rechten Faust nach. Blutstropfen flogen umher, blieben an der gläsernen Duschabtrennung, den Kacheln, Fliesen und dem Spiegel hängen.Der Mann taumelte rückwärts, prallte hart gegen die Kante der offenstehenden Tür und griff haltsuchend mit der linken Hand an die Wand neben der Tür. Ein dumpfes Stöhnen entrang sich seiner Kehle. Billy sprang vorwärts, um den Mann mit Schlägen einzudecken, als er plötzlich einen unglaublichen Schmerz im Bauch spürte, der sich rasend schnell ausbreitete, ihm den Atem nahm und die Kraft in seinen Beinen erlahmen ließ. Er ging in die Knie, einen ungläubigen Ausdruck im Gesicht. Sein Blick fiel auf das Messer in seinem Bauch, auf den roten Fleck auf seinem weißen Shirt, der sich rasch vergrößerte.Der Mann zog das Messer aus der Wunde, sprang zurück und BIlly fiel vornüber auf den Boden. Unter ihm breitete sich eine Blutlache aus.
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ZWEIUNDDREISSIGTrudy hatte sich an den Computer gesetzt, nachdem sie aufgeregt vom Appartment ins Büro gefahren war. Castillo hatte sie und Damian angerufen und in seiner typischen knappen Art gesagt, Damian solle zum ARIANA - MOTEL fahren. "Jemand hat versucht Tubbs zu töten. Sagen Sie Trudy, sie soll ins Büro fahren und nach Informationen über einen Mann namens Freddie suchen. Besonderes Kennzeichen: Riesenfüße.""Sonst hat er nichts gesagt?," hatte sie gefragt, während Damian sich bereits das Jackett überstreifte."Nein," entgegnete Damian, gab ihr einen Kuss und verließ das Appartement. Eigentlich sollte Trudy sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus schonen, aber sie hatte Damian - und Castillo - klargemacht, dass sie sich nicht zu Hause langweilen würde, während diese kriminelle Organisation Polizisten ermordete."Aber Sie bleiben am Schreibtisch," hatte Castillo angeordnet und sein Blick hatte deutlich gemacht, dass er nicht darüber diskutieren würde. Genau dort nahm Trudy Platz, nachdem sie die Kafeemaschine gefüttert hatte. Sarah, Sharon und Angela würden erst in einer halben Stunde auftauchen, aber Trudy brauchte dringend ihren Morgenkaffee.Se fuhr den Computer hoch und dachte über die Bezeichnung Riesenfüße nach. Ein sehr schwer zu definierender Begriff. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Großmutter - sie trug Größe 37 - irgendwann, als Trudy etwa sechzehn war, zu ihrer Mutter sagte: "Das arme Kind wird nie schicke Schuhe bekommen können mit ihren Riesenfüßen!" Da hatte Trudy Größe 40 getragen. Sie gab die einzigen Informationen ein, die sie hatte und ebschloss, sich nur mit den Freddies zu befassen, die wenigstens Schuhgröße 50 trugen. Sie hoffte nur, dass Moreno mit seiner Aussage nicht mal wieder maßlos übertrieben hatte. Während der Computer ihr eine Liste von registrierten Kriminellen mit großen Füßen zeigte, rief Damian an, um ihr mitzuteilen, dass Rico wohlauf war. Es hatte das Zimmermädchen erwischt und die Ärmste sah furchtbar aus. Die Waffe hatte hundert Schuss abgefetuert und er schätzte, dass ewa dreißig Kugeln das Zimmermädchen trafen. Trudy holte sich Kaffee und ging einen Namen nach dem anderen durch. Allerdings hatte der Computer entschieden, sich nicht nur auf Männer mit dem Namen Freddie festzulegen, sondern ihr die Einträge sämtlicher Krimineller mit Schuhgröße 50 und aufwärts zu zeigen. Es waren erstaunlich viele und siebenundzwanzig hießen Freddie, wie Trudy herausfand, als sie alle Freddies heraussortierte. Da hatte sie den zweiten Kaffee schon beinah getrunken. Sarah, Sharon und Angela kamen herein. Sie redeten aufgeregt über das, was sie im Radio gehört hatten. Angela hatte sogar einen Teil eines Berichts im Fernsehen gesehen. Deshalb wusste sie, dass das Zimmermädchn im ARIANA - MOTEL ums Leben gekommen war. Da man die Berichterstatter natürlich nicht ins Motel gelassen hatte, hatten sie wenigstens den Namen des Motels deutlich gezeigt. Angela hatte sofort an Tubbs gedacht, denn sie wusste, dass er in diesem Motel wohnte. "Du bist schon da?,"staunte Sarah, als sie Trudy an ihrem Schreibtisch sitzen sah."Und der Kaffee ist auch schon fertig," meinte Angela, nahm die Kanne, schüttelte sie leicht, dass der Inhalt protestierend gluckerte, und fragte: "Seit wann bist du hier?""Seit halb neun," seufzte Trudy. Sie starrte den Bildschirm an und fragte sich, wie sie unter den siebenundzwanzig Freddies den Richtigen finden sollte. Falls er dabei war! Sharon ging zu ihrem Schreibtisch und ließ die Handtasche in der untersten Schublade verschwinden. "Hast du gehört, dass im ARIANA - MOTEL eine Frau erschossen wurde?," fragte sie und versetzte der Schublade einen eleganten Tritt, um sie zu schließen.Trudy nickte. "Ich weiß. Das war ein Attentat auf Rico, aber ihm ist nichts passiert." Ihr Telefon klingelte. Am anderen Ende war Carla Scott, die ihr erzählte, dass sie die Polizeimützen und die beiden Jacketts untersucht hatte, die im Park gefunden wurden.Trudy hörte ihr zu und dann begann sie zu lächeln. Manchmal hatte man einfach Glück!
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DREIUNDDREISSIGTrudys Glückssträhne hielt ganze acht Minuten. So lange dauerte es, bis sie Freddie Barnes ( er trug Schuhgröße 54 2/3) herausgesucht, bemerkt hatte, dass sie angegebene Adresse nicht mehr stimmte, die neue Telefonnummer seines Bewährungshelfers in Erfahrung gebracht und herausgefunden hatte, dass der Mann zurzeit Urlaub in Frankreich machte. Er kam erst am Donnerstagmorgen zurück. Die freundliche Dame am anderen Ende erklärte bedauernd, sie habe keine Ahnung von der Arbeit ihres Sohnes. Sie wusste auch nicht, an wen Trudy sich sonst wenden konnte. "So viel dazu," seufzte Trudy, als sie auflegte. Frustriert stand sie auf, ging mit ihrer Tasse zur Kaffeemaschine und stellte fest, dass die Kanne wieder leer war. Sie fütterte sie erneut und klemmte sich anschließend ans Telefon. Es war nicht schwer für sie herauszufinden, wer Barnes´ Bewährungshelfer vertrat, solang dieser im Urlaub weilte, aber die Dame ging nicht ans Telefon Irgendwann kamen die Kollegen herein. Sie sahen sahen ernst aus. Sonny schüttelte die Kaffeekanne, in der der frisch aufgebrühte Kaffee gluckerte. Er nahm sie, zusammen mit seiner Tasse, mit in den Bepsrechungsraum. Die Anderen folgten ihm. "Wo ist Billy?,"wandte Sonny sich an Estelle, die zusammen mit Ben und Sam hereinkam. Sam hielt eine Videokassette in der Hand."Er wollte eben nach Hause," anwortete Estelle, als sie auf dem Stuhl, der Sonny gegenüberstand, Platz nahm.Castillo, der am Kopfende saß, hatte es gehört. Er blickte auf seine Armbanduhr und entschied: "Wir fangen trotzdem an. Parson!"Damian füllte gerade seine Tasse. "Ms. McGregors Dienst beginnt um neun..." Er hielt Douglas die Kanne hin und dieser nahm sie, um sich ebenfalls zu bedienen. Damian fuhr fort: "Sie sagt, es war ruhig. Die meisten Gäste waen unterwegs, wie sie an den Schlüsseln am Brett unschwer erkennen konnte." Er setzte sich hin und stellte mit einem leisen Ton seine Tasse auf die Kunststoffplatte des Tisches. "Sie war zwischendurch auch mal nicht an ihrem Platz, kann aber nicht sagen, wie lange sie genau weg war. Sie meint, immer höchstens mal ein paar Minuten. Sie erinnert sich daran, dass jemand in der Halle wartete, aber das ist nichts ungewöhnliches und sie hat dem Mann keine besondere Beachtung geschenkt." Ben nickte. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Zettel, auf dem er sich verschiedene Zeiten notiert hatte. "Sie hat insgesamt vier Mal ihren Platz an der Rezeption verlassen: 21:42h, 0:23h, 2:12h und 4:38h. Die ersten beiden Zeiten sind die interessantesten. Das solltet ihr euch mal ansehen." Sam ging zum Fernseher, schaltete ihn ein und schob die Videokassette in den Recorder. Auf dem Bildschirm erschien die Lobby des ARIANA - MOTELS. Das Licht war heruntergedimmt, nur an der Rezeption war es hell. Es war ruhig, genau wie Ms. McGregor, die hinter dem Epfangstresen saß, gesagt hatte. Einmal eilte ein junges Paar vom Aufzug zur Rezeption, um seinen Schlüssel abzugeben, ein anderes Mal kehrten zwei junge, leicht bekleidete Frauen in übermütiger Stimmung zurück, holten ihren Schlüssel ab und verschwanden kichernd Richtung Aufzug. "Jetzt passt auf!,"sagte Ben. Er drückte auf einen Knopf, um das Bild anzuhalten. Sie sahen den Empfangstresen und Ben, der aufgestanden war, zeigte nun auf eine Stelle am Schlüsselbrett. "Dort hängt Ricos Schlüssel!" dann ließ er den Film weiterlaufen.Die Uhr in der rechten, unteren Bildecke sprang auf 21:42h. Ms. McGregor stand auf und verschwnad eilig in den hinteren Räumen. Im gleichen Moment eilte ein Mann erst zu den Aufzügen, um den Knopf zu drücken, dann zur Rezeption. Die Außentür glitt auf und zwei Männer mit breitkrempigen Hüten in Jeans und Turnschuhen trugen jeder einen Koffer herein. Sie gingen zum Aufzug.Auch der Mann, der zur Rezeption geeilt war, trug einen Hut. Er hastete zum Schlüsselbrett, griff gezielt nach Ricos Schlüssel und rannte zum Aufzug. Die ganze Zeit hielt er den Kopf gesenkt, sodass sein Gesicht im Schatten des Hutes verborgen lag. Er gab den Männern den Schlüssel, kehrt dann aber selbst in die Lobby zurück, um es sich in der Sitzecke gemütlich zu machen und in einer Zeitschrift zu blättern. Ben hielt den Film erneut an. Die Zeit stand nun auf 21:43:01. "Ms. McGregor misst etwa eins - achtundsechzig," sagte Ben und spulte bis zu dem Moment zurück, wo die Dame aufstand, um nach hinten zu gehen. Sie reichte bis an die Schlüssel in der sechsten Etage heran. Ben ließ den Film vor -dann wieder etwas zurücklaufen, weil er zu weit gespult hatte, bis er die Stelle erreichte, an der der Mann nach Ricos Schlüssel griff. Er hielt den Film an. Die Hutkante reichte über die achte, die oberste Etage, hinaus."Wenn wir die Höhe für den Hut abziehen, dürfte dieser Mann um die eins - zweiundachtzig plus minus zwei Zentimeter groß sein. Schwarze Haare, südländischer Typ. Mandy vom CSI kümmert sich um die Bearbeitung des Bildes, wo wir ihn von der Seite haben." Ben ließ den Film weiterlaufen. Um 21:47h kehrte Ms. McGregor an ihren Platz zurück. Sie erhielt einen Anruf und zwei Gäste, beladen mit Koffern, betraten die Lobby. Sie erledigten ihre Formalitäten und gingen zum Aufzug. Um 22:32h verließen die beiden jungen Frauen, die um kurz vor halb zehn hereingekommen waren, den Aufzug, gaben ihren Schlüssel ab und stürzten sich ins Nachtleben. Danach wurde es ruhig.Um 0:23h stand Ms. McGregor auf und ging erneut hinaus. Der Mann, der in der Sitzecke gewartet hatte, sprang auf und zog ein Walkie - Talkie aus der Tasche. Nach einr Minute tauchten die beiden Männer mit den Koffern auf. Der Kopf des Mannes, der in der Lobby Wache gehalten hatte, verdeckte den Sucher der Kamera. Dann sah man plötzlich für einen Moment das Gesicht eines jungen Mannes.Sonny erstarrte kurz. Ein Ruck ging durch seinen Körper, als er sich kerzengerade hinsetzte. "Warte mal, Ben! Geh mal zurück auf das Gesicht!"Ben spulte zurück. "Wir haben das schon herauskopiert und werden gleich mal eine Suche im Computer starten. Ich wette, er spuckt was aus."Sonny starrte das Gesicht an, das jetzt auf dem Bildschirm erstarrt war, die anderen starrten wiederum Sonny an. dessen Gedanken wirbelten im Kreis. Er kannte ihn, aber er gehörte nicht nach Miami, sondern nach West Palm Beach."Er ist Mitglied der HELL RIDERS, einer Motorrad - Gang, die für die Erpressung und Morde verantwortlich sein sollen, an denen mein Team gerade arbeitet. Mike... Mike... Lawrence. Wir konnten ihnen bisher nichts nachweisen. Wir wissen, dass sie an den Tatorten waren, aber die Augenzeugen haben Angst zu reden." Castillo sah Estelle an und erst jetzt fiel auf, dass Billy immer noch nicht aufgetaucht war. Castillo runzelte die Stirn. "Billy braucht sehr lange," stellte er fest.Sonny dachte plötzlich an Izzys Warnung. Er riss sein Handy aus der Tasche und wählte Billys Mobilfunknummer. - Er ging nicht ran. Nur die feundliche Blechstimme der Mailbox meldete sich. Er wählte die Festnetznummer, legte aber auf, als Billys Stimme vom Band ertönte. Im gleichen Moment sprang er schon auf."Ich fahre zum Strandhaus," sagte er."Ich komme mit," entschied Rico und sprang ebenfalls auf. Der Stuhl kippte nach hinten und schlug mit lautem Krachen auf den Boden.Der Angriff auf Billy war bereits eine Stunde her.
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VIERUNDDREISSIGSonny raste erneut wie ein Verrückter durch die Straßen und über den Epressway. Er machte sich die größten Vorwürfe, weil er nicht früher versucht hatte Billy zu erreichen. Es musste etwas passiert sein, denn Billy ging nach wie vor nicht ans Telefon, obwohl Sonny es während der halsbrecherischen Autofahrt wieder und wieder versuchte."Ich hatte ihn gewarnt! - Komm schon, Billy, geh ran! ,"drängte Sonny, hörte aber nur das monotone "Tut - tuut! ,"des Freizeichens, bis die Mailbox oder der Anrufbeantworter ansprangen. "Verdammt, wenn ich gewusst hätte, dass er erst nach Hause will...!""Sonny, wir können einander jetzt nicht permanent am Händchen halten," warf Rico ein, den Blick starr geradeaus gerichtet. Seine Muskeln waren verkrampft, seit Sonny auf dem Präsidiumsparkplatz einen Kavakliersstart hinlegte und mehr als einmal befürchtete er, dass Sonny einen Unfall baute. Sonny schaffte die Strecke, für die er normalerweise etwa 25 Minuten benötigte, in 15 Minuten. Das erste, was sie sahen, war der Porsche, der vor dem Haus parkte. Billy musste also im Haus sein. Sonny bremste den Wagen, sprang heraus und rannt zur Haustür, ohne die Autotür zu schließen. Die Haustür war abgeschlossen. "Billy!,"rief Sonny und hämmerte gegen die Tür, dass das Holz ächzte.Rico rannte zum Schlafzimmerfenster, das rechts neben dem Wohnzimmer war, und versuchte einen Blick durch einen Spalt in den Gardinen zu werfen, aber er sah nur einen winzigen Teil des Bettes mit der lavendelfarbenen Bettwäsche.Sonny brüllte weiter nach Billy, hatte nach dem dritten Rufen aber genug und donnerte die rechte Schulter gegen die Tür. Krachend gab sie dem Ansturm nach, flog auf und knallte gegen die Wand. Sonny stürmte ins Wohnzimmer. Sein Blick schweifte schnell herum, aber nichts deutete darauf hin, dass hier ein Kampf stattgefunden haben könnte.E wollte eben nach Hause, hatte Estelle gesagt.Sonny kannte Billy. Er wusste, dass sein Sohn Bartstoppeln verabscheute. Billy hatte die letzte Nacht eindeutig mit Estelle verbracht, wahrscheinlich in ihrem Motel, weil er geglaubt hatte, sein Vater würde die Nacht auf dem Sofa im Strandhaus verbringen. Er war unrasiert ins ARIANA - MOTEL gefahren und wollte die Bartstoppeln entfernen, bevor er ins Präsidium kam. Snny rannte zum Bad. Die Tür war zu, aber nicht verschlossen. Er stieß sie auf und sah Billy in der Blutlache liegen."Rico, ruf einen Krankenwagen, er ist verletzt! ,"brüllte Sonny.Billy lag halb auf der rechten Schulter, hatte das rechte Bein leicht angewinkelt und das linke Bein ausgestreckt.Sonny kniete sich hin, tastete am Hals nach dem Puls und seufzte erleichtert auf, als er ihn fand. Er war schwach und flatterig, aber da. Jetzt seufzte Billy leise.Vorsichtig drehte Sonny ihn um. Billys rechte Hand lag auf dem Bauch. Sie war voller Blut. Sonny entdecke weitere Schnittverletzungen, aber die Bauchwunde war das Schlimmste."Halte durch! ,"flehte er. Bis zum Eintreffen des Rettungswagens versorgten Rico und Snny die Wunden so gut wie möglich.Als Rico, alarmiert durch Sonnys Ruf, ins Haus gestürzt war, hatte er auf dem rauchgrauen Teppichboden mehrere Schuhabdrücke bemerkt, weil die Sonne durch das Fenster hereinschien. Bevor nun die Sanitäter kamen rannte er in die Küche. Er suchte irgendetwas, womit er wenigstens einen Abdruck sichern konnte. Das Rillenprofil deutete auf jeden Fall auf Stiefel oder Arbeitsschuhe hin. Billy trug nur Slipper. Er riss alle Schränke auf, während das Jaulen des Martinshorns schon sehr nahe war. Dann entdeckte er den Wok in der Kammer neben der Küche. Er rannte damit ins Wohnzimmer und stülpte ihn über einen der Abdrücke. Der Rettungswagen hielt vor dem Haus, Damians Jaguar XKR stoppte gleich daneben. Hinter ihm bremste Carla Scott ihren Jeep ab. Türen klappten, zwei Sanitäter eilten mit ihren Taschen herein. Rico wies ihnen den Weg zum Bad und bat sie einen Bogen um den Wok zu machen. "Was ist passiert? ,"fragte Damian, der mit Douglas hinter den Sanitätern ins Haus kam."Die Jagd auf uns ist in vollem Gange,"stieß Rico hervor. Das ist passiert! Billy hat eine Stichwunde im Bauch und verschiedene Schnittverletzungen." Er wies mit dem Kinn zu dem Wok. "Aber der Täter hat Abdrücke hinterlassen." Er ging hinaus. Der Wind schlug ihm unsanft ins Gesicht und schob die wenigen Schäfchenwolken schnell vor sich her. Das Wasser des Meeres schien sich aufzubäumen und es schoss wie die lange Zunge eines Insektenfressers über den Sand. In der Ferne blähten sich die weißen Segel eines Schiffes. Er entdeckte mehrere junge Leute, die etwa hundert Meter von Billys Haus entfernt am Strand saßen. Musikfetzen wehten herüber und ab und zu Gelächter. Die drei Mädchen trugen knappe Bikinis, die zwei Jungs Badeshorts. Sie alberten herum.Rico glaubte nicht, dass sie etwas gesehen hatten. Selbst, wenn sie einen Mann bemerkt hätten, der dieses Haus verließ, hätten sie sich wohl nichts dabei gedacht. Rico umrundete das Haus links herum, am Schlafzimmer vorbei, den Blick auf den Boden gerichtet. Er hatte keine Ahnung, wonach er suchte, aber er würde wissen, dass es eine Spur war, wenn er sie vor sich sah.Langsam ging er zur Straße hinauf, während er versuchte sich vorzustellen, wie alles abgelaufen war. Auch ihm war aufgefallen, dass Billy im Motel die gleichen Sachen getragen hatte wie gestern, dass er unrasiert war, und dass er und Estelle verliebt wirkende Blicke getauscht hatten.Er war also nicht der einzige gewesen, der die Nacht in einem anderen Bett verbracht hatte. Billys Angreifer hatte aber nicht wissen können, wann Billy - oder auch Sonny? - zurückkam. Vielleicht wartete er also die ganze Nacht und hinterließ brauchbare Spuren. Rico ging an der Straße entlang. Etliche Autos und Motorräder fuhren an ihm vorbei und jedes Mal hob Rico nervös den Blick. Plötzlich blieb er lächelnd stehen und blickte auf eine Vielzahl an Zigarettenkippen, die jemand achtlos weggeworfen hatte. Daneben lag, halb unter einem Strauch verborgen, Billys Schlüsselbund.Im gleichen Moment kam ein Auto mit hoher Geschwindigkeit von hinten und Rico wusste instinktiv, dass er jetzt ganz schnell handeln musste.
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FÜNFUNDDREISSIGDamian hatte einen ähnlichen Gedanken gehabt wie Rico, war aber rechts herum gegangen. Er fand Schuhabdrücke mit dem gleichen Profil wie dem, den Carla gerade sicherte, wobei sie kopfschüttelnd erklärte: "Einen Wok habe ich noch nie benutzt, um Spuren vor der Vernichtung zu retten. Es ist immer wieder erstaunlich, wofür man Küchenutensilien gebrauchen kann."Die Abdrücke, denen Damian folgte, führten am Carport vorbei, hörten dann aber plötzlich auf. Der Boden war staubtrocken und der Wind wirbelte den Sand herum. Er deckte die Spuren zu. Damian ging um das Carport herum und an der Hecke entlang. Er entdeckte einen Schuhabdruck nah an der Hecke. Der Angreifer war also tatsächlich von der Straße her gekommen, wo er, vermutlich in einem Auto sitzend, auf Billys Rückkehr gewartet hatte. Als Damian die Ecke des Grundstücks erreichte sah er, dass Rico die Straße bereits erreicht hatte und den Boden absuchte. Bei jedem Fahrzeug hob er nervös den Blick, aber Damian erging es nicht anders. Dann sah er den Van kommen. Rico sah ihn auch. Das Schiebedach des Van öffnete sich und ein Kerl mit Jeanskappe und Sonnenbrille tauchte in der Öffnung auf, eine Mach10 in den Händen haltend. Rico sprang nach rechts ins Gebüsch. Er knallte auf den Boden, rollte herum und zog seine Waffe. Schüsse peitschten. Er konnte den Van nicht sehen, aber die Kugeln aus der Mach10 zerfetzten das Gebüsch, rissen Äste ab und ließen die Erde fontänengleich aufspritzen.Er kniff zum Schutz die Augen zu Schlitzen zusammen, warf sich nach links und rollte erneut über den Boden. Seine Schulter traf eine aufragende Wurzel und er stöhnte auf. Hinter dem Stamm einer Eiche kam er auf die Beine und warf einen schnellen Blick um den Baum herum. Der Van hatte abgebremst. Der Mann mit der Jeanskappe feuerte mal nach rechts, mal nach links, wo Damian sich nur auf den Boden hatte werfen können und nun versuchte sich rollend, aufspringend, rennend und wieder zu Boden werfend bei der Hecke in Sicherheit zu bringen. Rico sah den Schützen von hinten. Er kniff die Lippen aufeinander. Normalerweise schoss man niemandem in den Rücken, aber normalerweise gehörte es sich auch nicht Selbstschussanlagen in Motelzimmern oder Bomben in Hochzeitstorten zu deponieren.Er zielte und schoss. Es warf den Mann nach vorne und die Mach10 rutschte aus seinen Händen. Sie schlidderte über das Dach, knallte auf die Motorhaube und hüpfte von dort auf die Straße.Der Mann mit der Jeanskappe blieb halb auf dem Dach liegen, während der Fahrer mit quietschenden Reifen beschleunigte, verfolgt von einem Chrysler Stratus mit getönten Scheiben, der wie aus dem Nichts auftauchte. Rico rannte zu der Waffe, die auf der Straße lag. "Alles OK, Dam? ,"rief er.Damian kam auf die Knie, dann auf die Füße. "Bestens, danke!""Bestens ist anders," murmelte Rico, als er die Mach10 am Lauf packte, um sie von der Straße zu holen. Douglas und Sonny tauchten mit gezückten Waffen neben dem Carport auf. "Du lieber Himmel, was ist passiert? Wurde hier nicht gerade geschossen? ,"fragte Douglas.Damian klopfte sich den Sand von der Hose, Rico kam, die Mach10 mit drei Fingern vor sich hertragend, von der Straße herüber."Ja,"knurrte Damian wütend und Rico fügte hinzu: "Allmählich habe ich wirklich genug davon Zielscheibe für die Schießübungen krimineller Vollidioten zu sein." Er schnaute wie ein wütender Stier. "Alles, was ich wollte, war, im Sonnenscheinstaat die Hochzeit meines Sohnes zu feiern." Er stapfte zum Haus, um Carla die Waffe zu geben, aber dann blieb er am Carport stehen. Billy wurde gerade herausgetragen. Eine Sauerstoffmaske bedeckte Mund und Nase und ein Infusionsschlauch führte von einer Flasche zur rechten Unterarmvene. Er war angeschnallt."Ich fahre mit ins Krankenhaus," sagte Sonny und steckte Rico den Schlüssel für den Ferrari Challenge Stradale in die Tasche. "Pass gut auf meinen Wagen auf.""Pass du lieber gut auf dich auf," erwiderte Rico. Der Van war davongerast. Der Fahrer hatte den Verfolger bemerkt und nachdem er eine Weile vergeblich versucht hatte den Wagen abzuhängen, hatte er eine Handynummer angerufen. "Wir haben Probleme." - "Nein, es hat nicht geklappt." - "Er hängt hier. Ist, glaube ich, tot. Ich werde verfolgt. Sag Doc, er soll für ´ne Weile untertauchen. Ich glaube, Tubbs hat das Kennzeichen gesehen." Er raste mit quietschenden Reifen um eine Kurve. Der Schütze rutschte ins Wageninnere und fiel auf die Rückbank. "Schick mir jemanden, der mir hilft und sag dem Doc Bescheid." Er legte auf. Gegen Abend rief Sonny an, um Rico zu sagen, dass er die Nacht bei Billy verbringen würde. Er hatte auch Caroline bereits informiert und sie befand sich auf dem Weg von Atlanta nach Miami."Gibt e denn schon was Neues von Billy? ,"fragte Rico."Er hat ziemlich hart gekämpft und einige Blessuren davongetragen. Der Stich in den Bauch war tief, vierzehn Zentimeter, aber zum Glück hat er keine Arterie getroffen. Deine Freundin Amber hat gemeint, dass es sich auf Grund des Klingenmusters um ein sogenanntes Ausbeinermesser handeln könnte. - Wir müssen die Nacht abwarten.""Er schafft es bestimmt, Sonny," sagte Rico. Das Labor war in kaltes, grelles Neonlicht getaucht, das den silberglänzenden Rohren der Klimaanlage das Aussehen feindlicher Riesenwürmer verlieh. Fenster gab es keine. Mehrere Tische reihten sich mitten in dem Raum aneinander. Darauf standen die verschiedensten Apparaturen. Kabel wanden sich schlangengleich über den Boden und wuden immer wieder zu Stolperfallen. An der Wandneben der Tür gab es eine Spüle, einelassen in eine marmorierte Granitplatte. Daneben standen Glasschränke, gefüllt mit den unterschiedlichsten Chemikalien. An einer anderen Wand befand sich der Käfig mit den Ratten, die immer wieder für Versuche herhalten mussten. Mehrere Apparate arbeiteten mit summenden, brummenden oder schlürfenden Geräuschen, kontrolliert von einem rundlichen, dunkelhaarigen Mann in einem weißen Kittel und einer schwarzen Hose. Als das Telefon klingelt, knurrte er ungehalten. Er mochte es nicht bei der Arbeit gestört zu werden. Manche Vorgänge bedurften einer permanenten Kontrolle. Da konnte er keine Ablenkung gebrauchen. Deshalb erwog er, das Klingeln zu überhören. Nach einer Weile stoppte es, fing aber sofort von vorne an. Er riss es ans Ohr. "Ja? ,"bellte er."Ich bin´s, Freddy. Ich soll dir sagen, dass du besser für ´ne Weile nicht nach Hause gehst, Doc.""Was soll das heißen? ,"schnappte Doc wütend. Er blickte zu den Geräten, um die er sich dringend kümmern musste, wenn seine Arbeit nicht umsonst gewesen sein sollte."Das heißt, dass die Jungs sich deinen Van geliehen hatten, um den Bullen an Crocketts Strandhaus eins auf den Pelz zu brennen. Jetzt haben die Bullen wahrscheinlich deine Adresse.""Oh, verdammt! Hol mich sofort ab, damit ich zu Hause ein paar Sachen besorgen kann und ich hoffe, du hast mir schon ´ne ordentliche Unterkunft besorgt!" Er legte auf, zögerte einen Moment, und warf dann wüted das Telefon gegen die Wand, wo es in sämtliche Einzelteile auseinanderbrach. Die Ratten begannen aufgeregt fiepend im Käfig herumzurennen. Sie sprangen an den Gittern hoch und kletterten übereinander. Ein fast menschliches Verhalten. Sobald etwas los war, wollte jeder so nah wie möglich am Ort des Geschehens sein, um nichts zu verpassen. Sie hatten sich den Wagen geliehen, weil sie etwas besorgen wollten, hatten die Jungs gesagt. Er hatte geglaubt, es handele sich um einen sperrigen Gegenstand, den sie transportieren wollten. Dafür war der Van bestens geeignet. Für eine Ballerei hätte er ihnen den Van nie geliehen. Er schnappte sich sein Handy und wählte eine Nummer. "Hier ist Doc. Ich hab ein Problem, kann nicht nach Hause."Er lauschte einen Moment, während er die Einzelteile des Telefons aufhob. "Nur für eine Weile, bis sich die Wogen geglättet haben." Er legte die Einzelteile akkurat nebeneinader auf den Tisch. Das Ding war hin, soviel stand fest. "Die werden mich nicht bei dir in Coral Gables suchen." Er stöhnte auf, schlug mit der Faust auf den Tisch. "Verdammt, dann muss der Boss sich eben was einfallen lassen!" - "Ja, OK, bis gleich." Dann drückte er as Gespräch weg. Vor sich hinfluchend schaltete Doc die Geräte aus. Eins war fertig geworden. Er holte den Inhalt heraus und trug das Röhrchen mit der milchigen Flüssigkeit zum Kühlschrank, damit nichts verdarb."Diese Idioten! ,"fluchte er und knallte die Kühlschranktür so fest zu, dass sie wieder aufsprang. Er versetzte der Tür einen weiteren Stoß, ehe er in einen Nebenraum eilte. Dort stand ein Schrank, in dem sein Jackett hing. Er zog den Kittel aus, hängte ihn ordentlich über einen Bügel und schlüpfte in sein schokoladenbraunes Jackett. Sein Blick schweifte kurz herum. Es gab eine unbequeme, durchgelegene Liege mit einem scheußlichen, grellorangefarbenen Kissen und einer kratzigen, anthrazitfarbenen Wolldecke darauf. Außerdem einen Schreibtisch samt Stuhl. Enen Moment lang erwog er hier einzuziehen, bis alles vorbei war, aber dann verwarf er den Gedanken wieder. Die Idioten, die ihn in diese missliche Lage gebracht hatten, sollten ihm gefälligst ein gemütliches Feierabendplätzlchen besorgen.Doc löschte das Licht!
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SECHSUNDDREISSIGRico nahm sich die Filme aus den Kameras der Hochzeitsgäste vor. Er hätte es längst tun müssen, aber zum einen waren zu viele Dinge geschehen, die seine Aufmerksamkeit forderten und zum anderen fiel es ihm schwer sich die Bilder des lächelnden Brautpaares und der fröhlichen Gäste anzusehen. Wenn er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass er vieles andere vorgeschoben hatte, um den grauenhaften Moment nicht wieder erleben zu müssen. Nachdem er mit Sonny gesprochen hatte, rief er Alaina an, ehe er mit einer Schwester in der Universitätsklinik telefonierte, um sich nach Alessio zu erkundigen. Er war erleichtert zu höre, dass sein Sohn über den Berg war und die Beatung bereits schrittweise abgebaut wurde. Aber Rico durfte nicht an den Moment denken, wenn Alessio wieder bei Bewustsein war und von Annas Tod erfuhr. Er nahm die Filme mit in den Besprechungsraum, hängte seine Jacke über eine Stuhllehne und schob die erste Kassette in den Recorder. Dann rückte er auf den Startknopf und setzte sich verkrampft auf den Stuhl. Durch die Jalousien sah er Trudy an ihrem Schreibtisch sitzen. Ihr Bildschirm flimmerte. Rico hatte sich einen Teil des Kennzeichens von dem Van und dem Chrysler Stratus merken können. Jetzt versuchte Trudy die Halter zu ermitteln. Ricos Blick richtete sich starr auf den Fernseher. Er sah Alessio, der bei dem Pfarrer stand und auf Anna wartete. Die Kamera schwenkte langsam herum, zeigte die Stuhlreihen mit den erwartungsvollen Gästen, die alle Richtung Haus blickten. Die Stühle entlang des Mittelganges waren mit gelben, roten und weißen Rosen geschmückt.Anna schritt strahlend am Arm ihres Onkels den Gang entlang, vorbei an den Gästen, die ihr bewundernden Blicke zuwarfen. Annas Vater war 2006 tödlich verunglückt, ihr Onkel lag jetzt in der gleichen Klinik wie Alessio. Rico saß stocksteif auf dem Stuhl, atmete flach und ließ den Tag an sich vorbeiziehen: Die Trauung, die Gratulationen der Gäste, das Auspacken der Geschenke. Das kleine, rothaarige Mädchen hatte ein Gedicht einstudiert, das es vortrug. Als es fertig war, nahm Alessio es auf den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, Anna gab ihr einen Kuss auf den Mund. Dann sah er die Torte. Die Kamera ging nah heran, um die kunstvollen Marzipanrosen zu zeigen und das Zuckergussbrautpaar. Anna und Alessio nahmen das Messer. Alessio stand hinter Anna, der Onkel hatte sich mit der Kamera den beiden egenüber platziert, um den Moment der ersten gemeinsamen Aktion festzuhalten.Das Messer durchschnitt die Marzipanplatte. Im gleichen Moment beugte Alessio sich zu Annas linkem Ohr hinunter. Offensichtlich sagte er etwas, dass Anna erheiternd fand. Sie drehte den Kopf, verdeckte so Alssios Gesicht und lachte. Dann flog die Torte auseinander. Das Messer sauste als silberner Pfeil an der Kamera vorbei, die selbst durch die Luft flog. Sahnetupfen wurden zu Wolken an einem strahlendblauen Himmel. Die Kamera wirbelte herum. Rico sah das Grün des Rasens, die braunen Balken der Terrassenüberdachung, den blauen Himmel, Blut, das auf die Linse spritzte und das kleine, rothaarige Mädchen, das einen Wimpernschlag lang auftauchte, als es einer Puppe gleich durch die Luft gewirbelt wurde.Er hörte den Knall der Explosion, die Schreie der Menschen und das Krachen der zusammenbrechenden Dachkonstruktion und der Tische. Die Kamera knallte mit der Linse zuunterst auf den Boden. Es wurde dunkel. Nur die Schreie und das Stöhnen der Verletzten war zu hören. Rico saß einen Augenblick lang bewegungslos da. Während er sich den Film ansah, war das Entsetzen wieder an ihm hinaufgekrochen und hatte sich ausgebreitet. Jetzt musste er sich zuerst sammeln, ehe er bereit war sich den nächsten Film anzusehen. Erst auf de dritten Film aber war der Tortenlieferant zu sehen. Er war ein dunkelhaariger, südländischer Typ, der eine Jeanskappe und eine große Sonnenbrille getragen hatte. Schwarzes, gewelltes Haar quoll unter der Jeanskappe hervor. Da er nah bei Maria stand, deren Größe Rico kannte, konnte er die ungefähre Größe des Tortenlieferanten ermitteln. Er maß vermutlich um die eins - fünfundachtzig. Es konnte also nicht Dean Rogers sein. Selbst wenn Dean eine Perücke getragen hätte, fehlten etwa dreizehn Zentimeter Körpergröße. Rico rief Mark Jones an und bat ihn in den Besprechungsraum von Vice zu kommen. Er zeigte ihm das Bild des Tortenlieferanten und fragte: "Glauben Sie, Sie können unsere südamerikanische Mona Lisa entschleiern?"Mark Jones kniff die blauen Augen zusammen und zuckte dann die Achseln. "Ich kann es auf jeden Fall mal versuchen." Als er den Besprechungsraum verließ kam Trudy herein. An ihrem triumphierenden Lächeln erkannte er, dass sie etwas Wichtiges herausgefunden hatte."Der Van, aus dem an Billys Haus gefeuert wurde, gehört dem bisher vollkommen unbescholtenen Tommy Williams." Breit grinsend wedelte sie mit einem Zettel in der Luft herum. "Hier ist seine Adresse."Rico sprang auf und griff nach seinem Jackett, während Trudy nachdenklich fortfuhr: "Der Verfolgerwagen irritiert mich allerdings.""WIeso? ,"fragte Rico, als er in sein Jackett schlüpfte."Er ist auf George Rastigan zugelassen. Rastigan ist Detektiv." Rico nahm Trudy den Zettel aus der Hand, als er an ihr vorbeieilte. "Dann sollte mal jemnd den Herrn Detektiv fragen, was er da draußen wollte.""Tubbs!" Castillos Stimme stoppte ihn, als er mitten in dem nun recht ruhigen Großraumüro stand. Nur Sarah war noch da und arbeitete an ihrem Computer.Rico sah sich um und blickte Castillo an."Nehmen Sie Parson und Pride mit. Bradford und Garner kümmern sich um Rastigan," ordnete Castillo an."Ich rufe Dam an und dann schicke ich ihn und Pride zu Williams´ Adresse," sagte Trudy.Rico nickte und eilte hinaus. Die dunkelgekleidete Gestalt huschte über den unbewachten Parkplatz zu dem dunklen Camarro am Straßenrand. Sein Blick wanderte an dem Appartementhaus hinauf zu den erleuchteten Fenstern in der dritten Etage, ehe er die Beifahrertür des Camarro öffnete. Er stellte die Tasche, die er in der Hand trug, in den Fußraum und stieg ein."Alles klar? ,"fragte der Mann am Steuer."Alles klar," antwortete der Andere. "Das gibt einen netten Knall. Nur um den hübschen Jaguar tut es mir leid."Der Fahrer startete den Camarro und fuhr davon, während in dem Appartement in der dritten Etage Damians Telefon klingelte.
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SIEBENUNDDREISSIGBen hatte Sam zum Essen ins OLD MIAMI STEAK HOUSE eingeladen und sie hatte nicht abgelehnt. Sie saßen zusammen, aßen, plauderten und Ben dachte, dass Sam eine Frau war, die ihn wirklich interessierte. Gegen zehn bat sie ihn darum, dass er sie zum Motel brachte."Möchtest du nicht lieber mit zu mir kommen, Sam? ,"fragte Ben, als sie vom Parkplatz des Restaurants auf die Staße abbogen. "Mein Vertrauen in Motels hat etwas gelitten."Nur flüchtig dachte er daran, dass auch die eigenen vier Wände nicht unbedingt sicher waren, wie der Überfall auf Billy deutlich gezeigt hatte. Dann schob er den Gedanken weg, denn von diesem Standpunkt aus betrachtet war das Vice - Team nirgendwo sicher. Der Feind kannte das Gesicht und die Adresse eines jeden einzelnen Vice - Polizisten, inklusive der Adressen der Kollegen, die aus den anderen Städten hinzugezogen worden waren.Vice hingegen hatte nicht wirklich eine Ahnung aus welcher Richtung der Beschuss kam. Sie hatten ein paar Namen, aber nichts greifbares. Sam legte ihre Hand auf seine und sagte: "Ben, du bist nett, aber ich stehe nicht auf kurze Affairen und ich habe erst vor fünf Monaten das Ende einer Beziehung erlebt."Ben nickte, den Blick immer wieder nervös in den Rückspiegel richtend. Seit sie vom Restaurant weggefahren waren, hatte er zwei Motorräder hinter sich. Sie blieben auf Abstand, aber er misstraute zurzeit einfach jedem. "Ich stehe auch nicht auf Rein in die Kiste - Raus aus der Kiste, aber ich sorge mich um dich."Sam lächelte und drückte seine Hand. "Ich möchte trotzdem ins Motel," erklärte sie,bemerkt seinen nervösen Blick und drehte sich um. "Was ist?"Die Motorräder waren verschwunden. Wahrscheinlich hatten sie gar nichts mit der Sache zu tun. "Nichts," erwiderte er deshalb. Unterwegs dachte er an die wenigen Informationen, die sie hatten. Alessandro DeLa Rosa war nach Damians und Douglas´ Besuch im Trailerpark nicht mehr dort aufgetaucht. Danny Crail war tot von einer Brücke geworfen worden, Freddy Barnes war unauffindbar und Tommy Williams nicht im Polizeicomputer. Die drei Kerle, die für die Selbstschussanlage im ARIANA - MOTEL verantwortlich waren, gehörten einer Gang aus West Palm Beach an. Wo sie sich in Miami aufhielten war unbekannt und solange sie Integralhelme trugen, konnte man sie nicht identifizieren. Bens Blick huschte immer wieder in den Rückspiegel seines Chevrolet Blazers und plötzlich waren sie wieder da! Sie fuhren nebeneinander und sie kamen näher.Ben spürte die wachsende Nervosität, Sam, die seinen ständigen Blick in den Spiegel bemerkte, drehte sich erneut um. Dann zog sie ihre Waffe, entsicherte sie und sagte: "Man kann nie wissen."Ben nickte. Er sah, dass die Motorräder sich trennten. Eins fuhr links, eins rechts. Jetzt erkannte er, dass jeder Fahrer einen Sozius hatte und diese waren bewaffnet."Festhalten! ,"knurrte en und trat das Gaspedal bis zum Boden durch. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen vorwärts, aber auch die beiden schweren Maschinen rechts und links beschleunigten. Sie bremsten andere Autofahrer aus. Bremsen kreischten, mehrere Fahrer hupten protestierend, verrissen aber vor Schreck das Steuer, als die ersten Schüsse fielen.Die Scheiben des Chevrolet zerbarsten mit einem lauten Knall, Scherben regneten herab.Ben duckte sich, riss das Steuer mal nach rechts, mal nach links. Irgendwo hinter ihm kreischten weitere Bremsen, Metall prallte auf Metall und er sah im Spiegel den Feuerball einer Explosion.Vor ihm drehte sich ein Wagen. Ben konnte nicht mehr ganz ausweichen und stieß mit der rechten vorderen Ecke gegen den Wagen. Der Chevrolet wurde aus der Spur geworfen und schoss nach links. Ben kniff die Lippen aufeinander. Seine Hände umklammerten das Steuer, während er sich bemühte den Wagen unter Kontrolle zu halten und gleichzeitig in Deckung zu bleiben. Kugeln pfiffen über ihn weg und von der zerstörten Frontscheibe regneten immer wieder Glassplitter auf ihn herab. Sam war in den Fußraum gerutscht. Von dort aus visierte sie den Fahrer des Motorrades auf ihrer Seite an und feuerte. Der erste Schuss ging daneben, weil Ben das Steuer herumriss. Sam fluchte, zielte erneut.Eine Kugel zerfetzte die Kopfstütze des Fahrersitzes und durchschlug die Seitenscheibe. Irgendwo knallten zwei Fahreuge aufeinander und eine weitere Explosion erhellte die Nacht. Sam griff nach dem Funkgerät, gab mit Bens Hilfe die Position durch und nahm dann erneut den Fahrer des Motorrades auf ihrer Seite ins Visier.Der Chevrolet schlingerte und Sam knallte mit der linken Schulter gegen die Tür. Um ein Haar wäre die Waffe heruntergefallen. Dann gewahrte sie den Motorradfahrer auf Bens Seite. Er holte weiter auf und sie wusste, dass der Sozius jeden Moment auf Ben schießen würde. Der Fahrer blickte in den Chevrolet. Sam kniff die Lippen aufeinander, zielte und feuerte auf das Visier. Der Kopf im Inneren schien wie eine überreife Melone zu explodieren. Blut spritzte heraus, irgendetwas flog in den Wagen. Dann brach das Motorrad seitlich weg. Es knallte auf die Straße, drehte sich einem Kreisel gleich auf dem Asphalt. Der Sozius überschlug sichund rollte über die Straße. Er kam auf die Knie... und blickte genau in die Scheinwerfer eines Trucks, dessen Fahrer zwar in die Eisen stieg, aber nicht mehr asweichen konnte. "Alles klar, Ben? ,"fragte Sam."Ja," presste Ben hervor.In der Ferne waren Sirenen zu hören. Die Kollegen eilten zur Rettung herbei.Der nächste Schuss aus der Waffe des anderen Gegners zerfetzte den rechten Vorderreifen. Der Wagen geriet für einen Moment außer Kontrolle und Sam griff automatisch mit der rechten Hand an den Beifahrersitz, um sich festzuhalten. Sie erwische etwas feuchtes, warmes, rundes.Ben bekam den Wagen wieder unter Kontrolle und Sam öffnete die Hand, um sich anzusehen, was darin war. Ein blaues Auge blickte sie an. Entsetzt schrie sie auf und ließ es fallen. Es rollte irgendwo in den Fußraum. Ben sah sie kurz an, ehe er sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Was ist?""Ein Auge. Ein blaues Auge. Es muss dem Fahrer des Motorrades auf deiner Seite gehört haben. Es liegt jetzt hier irgendwo," antwortete Sam hektisch. Sie hob den Blick, wischte angewidert die Hand an ihrer Hose ab und stieß einen weiteren Schrei aus. "Ben, pass auf!" Ben riss das Steuer herum und trat gleichzeitig auf die Bremse. Er stieß mit dem Kotflügel eines kleinen Trucks zusammen. Der Chevrolet wurde in die Höhe gehebelt. Er knallte auf die Beifahrerseite, dann auf das Dach. Ringsum kreischten weitere Bremsen, Fahrzeuge rauschten ineinander und irgendwo ertönte eine Dauerhupe, während die Polizeifahrzeuge mit jaulenden Sirenen näher kamen.
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ACHTUNDDREISSIGDamian hatte versucht Douglas im Motel anzurufen, aber der Kollege ging nicht ran. Er hatte Damian erzählt, dass er einen Wagen mieten wollte, um mobiler zu sein. Damian vermutete deshalb, dass Douglas seinen Plan in die Tat umgesetzt hatte und sich nun die Stadt ansah. Damian suchte in seinem Notizbuch nach Douglas´ Handynummer. Er wählte sie und verließ mit dem Handy am Ohr das Appartement. Notfalls konnte er Douglas irgendwo treffen, damit dieser hinter ihm her zu Tommy Williams´ Adresse fuhr. Damian eilte, immer noch mit dem Handy am Ohr, zu dem Parkplatz auf der anderen Seite der Straße. Er drückte auf den automatischen Türöffner, hörte das Klacken der sich entriegelnden Zentralverriegelung und sah das Licht im Innenraum aufflammen.Douglas ging nicht ran. Er stieg ein, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor. Im gleichen Moment klingelte sein Handy. Er nahm es und meldete sich."Ich bin´s, Doug. Ich stehe vor deinem Appartementhaus und will heute Abend den Fahrer spielen. Was sagst du?"Grinsend drehte Damian den Schlüssel wieder um. "OK, aber es wird keine Vergnügungsfahrt," warnte er, als er ausstieg. Er verriegelte den Wagen. Es klackte. Damian eilte Richtung Straße. Er hatte den Mietwagen, einen silbernen Audi A4, gerade erreicht, als es einen ohrenbetäubenden Knall gab.Damian erstarrte, drehte sich um und blickte mit weit aufgerissenen Augen und angehaltenem Atem zum Parkplatz hinüber. Eine gigantische Stichflamme erhellte den immel, der eine zweite, dann eine dritte folgten. Dicke Qualmwolken wehten herüber und Autoteile flogen herum. Ein Reifen raste einem Geschoss gleich heran, knallte auf die Fahrbahn und rollte taumelnd bis zum Bordstein, wo er sich halb drehte und dann wie tot umfiel. Sich in der Luft drehend schoss eine Autotür heran, die ebenfalls auf die Fahrbahn knallte. Andere Fahrzeugteile trafen geparkte Autos. Es knallte, schepperte und klirrte, und irgendwo heulte die Alarmanlage eines Wagens los. Douglas stieg fassungslos aus dem Wagen. Er hielt den Atem an, umklammerte mit beiden Händen den oberen Rand der Fahrertür, und starrte zum Parkplatz. Um ein Haar hätte Damian darin gesessen! Wäre er nur Sekunden später hier angekommen, wäre Damian jetzt tot!"Oh, mein Got! ,"stieß er schließlich hervor."Mein Auto! Mein schönes Auto! ," stöhnte Damian, als gäbe es nichts wichtigeres auf der Welt, und hielt sich mit beiden Händen den Kopf fest."Gut, dass du nicht mehr darin gesessen hast, Dam," sagte Douglas, zog sein Handy aus der Tasche und rief Castillo an. Rico war auf dem Weg zu Tommy Williams´ Adresse. Immer noch geisterten die Bilder aus den Videokameras durch seinen Kopf. Es war die vierte Bombe dieser Gangster gewesen und er war sicher, dass weitere Bomben folgten, wenn sie nicht einen Weg fanden die Organisation zu zerschlagen. Tommy Williams war sicherlich ein guter Ansatzpunkt. Wenn er tatsächlich bisher unbescholten und nur irgendwie in die Sache reingerutscht war, würde es leicht sein ihn zum Reden zu bringen. "Better In Time" von Leona Lewis wurde plötzlich unterbrochen, damit der Radiomoderator von den Ereignissen auf dem Don Shula Expressway berichten konnte, die zu einer Teilsperrung geführt hatten.Rico drehte die Lautstärke höher, um dem Bericht besser lauschen zu können. Augenzeugen, so erklärte der Moderator, hatten gesehen, dass zwei Motorräder mit je zwei Leuten darauf, den später verunglückten Chevrolet Blazer verfolgt und beschossen häten. Insgesamt waren durch diese Verfolgungsjagd sechzehn Fahrzeuge in Unfälle verwickelt worden. Es hatte bisher sieben Tote gegeben und elf Verletzte, die meisten davon schwer. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Ricos Magen aus, denn er wusste, dass Ben einen Chevrolet Blazer fuhr, und die Sache mit den Gangstern auf Motorrädern passte zu der Organisation, gegen die sie kämpften.Er schnappte sich sein Handy und rief Castillo an. "Tubbs hier... Die Geschichte auf dem Expressway...- waren Ben und Sam darin verwickelt?""Allerdings," antwortete Castillo. "Sie sind auf dem Weg ins Krankenhaus, aber vermutlich nicht schwer verletzt.""Gott sei Dank," seufzte Rico, als er in die Straße einbog, in der Tommy Williams wohnte."Passen Sie gut auf sich auf, Rico, denn eben kam die Meldung, dass Parsons Wagen explodiert ist," sagte Castillo.Rico trat entsetzt auf die Bremse und blieb mitten auf der Straße stehen. Zum Glück war niemand hinter ihm. "Was ist mit Damian?""Er saß nicht im Wagen. Er und Pride sind in einem Leihwagen auf dem Weg zu Ihnen." Sie beendeten das Gespräch. Rico fuhr langsam weiter, bis er Williams´ Adresse erreichte. Er konnte nicht viel erkennen, denn eine ungepflegte Hecke grenzte das Grudstück ein. Das offenstehende Tor, das darin eingelassen war, hing schief in den Angeln. Hohe Bäume verdeckten die Sicht auf das Haus. Bevor er ausstieg, warf Rico automatisch einen Blick auf die Uhr: Zwanzig nach zehn.Er sah sich um, hatte aber nicht das Gefühl beobachtet zu werden. Aus einem Haus dröhnten Bässe zu ihm herüber. Zu welchem Song sie gehörten konnte Rico aber beim besten Willen nicht sagen.Als ein Auto die Straße entlangkam, duckte Rico sich hinter den Hummer. Der Wagen fuhr vorbei und bog fast am Ende der Straße in eine Einfahrt ein.Rico huschte über die Straße, passierte das Tor und verschmolz mit dem Schatten des ersten Baumes auf der rechten Seite der Einfahrt. Es handelte sich um einen Walnussbum mit einer weit ausladenden Krone. Rico tastete sich schnell vorwärts, zumal im Haus kein Licht brannte und er deshalb nicht befürchten musste entdeckt zu werden. Tommy Williams war also jemand, der entweder immer zeitig zu Bett ging, oder er hielt sich in einem Raum auf der anderen Seite des Hauses auf. Die dritte Möglichkeit war, dass er schlicht und einfach nicht zu Hause war, sondern sich irgendwo amüsierte. Das Tor zur Garage links vom Haus war jedenfalls geschlossen. Das Haus selbst schien klein zu sein, nicht größer als Billys Strandhaus, aber es wirkte ungepflegt, soweit Rico das im Schein des Mondes beurteilen konnte. Von der Haustür blätterte jedenfalls die dunkelgrüne Farbe, von den Wänden der Putz und das Unkraut spross aus allen Ritzen des Pflasters. Vorsichtig umrundete er das Haus, aber alle Fenster waren dunkel, die Türen, an deren Knauf er drehte oder deren Klinke er herunterdrückte, waren abgeschlossen. Tommy war also vermutlich nciht zu Hause. Rico prüfte die Fenster und lächelte, als er eins fand, das sich lautlos nach oben schieben ließ. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass der Riegel beschädigt war.Er war vorsichtig. Vieleicht rechneten die Gangster damit, dass Vice hier auftauchte und das offene Fenster war Teil einer Falle. Rico zog seine Waffe und entsicherte sie so leise wie möglich. Dennoch klang das Geräusch überlaut in seinen Ohren. Dann griff er nach dem Vorhang, der den Blick ins ZImmer verwehrte, riss ihn weg und sprang zur Seite. Nichts passierte. Er riskierte einen Blick in den dunklen Raum. Den Schatten nach zu urteilen handelte es sich um ein Schlafzimmer.Er stieg durch das Fenster und tastete sich an der Wand entlang zur Tür, die geschlossen war. Seine Finger fanden den Schalter und Licht flutete den Raum. Er stand tatsächlich in einem Schlafzimmer mit weißen Möbeln und aquamarinblauen Brücken auf einem altweißen, von Flecken übersäten Teppichboden. Wahrscheinlich sollte die Brücken weitere Flecken verbergen, aber so genau wollte Rico es gar nicht wissen. Von einem großen Foto, das über dem Bett hing, grinsten ihn jedoch zwei Personen an, die eigentlich schon lange der Vergangenheit angehörten.
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NEUNUNDDREISSIGSonny saß an Billys Bett und überhäufte sich mit Vorwürfen, obwohl nichts von dem, was geschehen war, seine Schuld war. Er hatte Billy gewarnt, aber niemand hatte ahnen können, dass er zu Hause übrfallen wurde, oder doch? Eigentlich hätte ihnen die Selbstschussanlage in Ricos Motelzimmer klarmachen müssen, dass sie nirgendwo sicher waren. Aber vielleicht hätte er sich auch früher fragen sollen, wo Billy blieb. Den Angriff auf ihn hätte das allerdings auch nicht verhindert. Mehrmals kam eine Schwester herein, um die Infusion zu prüfen, sowie die anderen Geräte, die um Billy herumstanden und piepende und schlürfende Geräusche von sich gaben.Estelle leistete ihm eine halbe Stunde Gesellschaft, ehe sie ins Büro zurückkehrte, fest entschlossen ihren Beitrag zu leisten, um die Drahtzieher zu schnappen.Es war nach halb elf, als Amber hereinkam. Sie trug keine OP - Haube mehr und der weiße Kittel, unter dem sie Jeans und eine himbeerfarbene Bluse trug, stand offen. Sie betrachtete kurz das gleichmäßige Tropfen der Infusion, tastete nach Billys Puls und leuchtete in seine Augen. "Er wird es schaffen, Mr. Crockett," sagte sie und fügte besorgt hinzu: "Sieht so aus, als hätte es jemand auf Vice - Polizisten abgesehen." Ambers Piepser meldete sich. Sie zog ihn aus der Kitteltasche, warf einen Blick darauf und seufzte. "Das war´s dann mit dem Feierabend. Ich muss in die Notaufnahme. Bitte, entschuldigen Sie mich." Sie eilte hinaus. Sonny saß da und blickte zwischen Billys Gesicht und dem EKG - Gerät hin und her. Die Kurve war gleichmäßig, ein gutes Zeichen. Dennoch sollte Billy jetzt nicht hier liegen müssen. Sobald Caroline kam würde er, zumindest stundenweise, weiter an dem Fall arbeiten. Er dachte plötzlich daran, dass er eigentlich mit Eliana verabredet gewesen war. Wegen dem Überfall auf Billy hatte er sie jedoch total vergessen. Er beschloss, sie wenigstens anzurufen und sich zu entschuldigen. Wenn sie etwas für ihn empfand, verstand sie ihn. Sonny eilte zu dem öffentlichen Telefon unweit des Stationszimmers. Er blätterte sein Notizbuch nach Elianas Telefonnummer durch, tippte sie ein und wartete."Ich bin´s, Sonny," sagte er, als Eliana sich meldete."Was für eine Überraschung," entgegnete Eliana. Sie klang leicht beleidigt, was er ihr nicht mal verdenken konnte. Immerhin wartete sie seit über zwei Stunden vergeblich auf ihn. "Ich hatte nicht erwartet noch mal von dir zu hören.""Es tut mir leid. Mein Sohn wurde bei einem Überfall schwer verletzt und musste notoperiert werden."Eliana gab einen kleinen, erschrockenen Laut von sich. Ihre Stimmlage schwang augenblicklich um von beleidigt auf mitfühlend. "Ach, du meine Güte, wie schrecklich! Wie geht es ihm?"Sonny seufzte, drehte sich etwas um und blickte zu der Glastür hinter der Billy lag. "Er wird es schaffen.""Oh, das ist gut," sagte Eliana erleichtert."Ich bleibe natürlich bei ihm und ich hoffe, du verstehst das," meinte Sonny. Um ihn herum entstand Hektik. Schwestern rannten herum, durch die Glastür, die zur Notaufnahme führte, wurde ein Bett hereingeschoben und schnell über den Flur zu einem Zimmer gerollt."Natürlich verstehe ich das. Wo liegt er? ,"wollte Eliana wissen."Im St. Elisabeth Krankenhaus. Warum? ,"fragte Sonny.Ein weiteres Bett wurde hereingerollt und er schnappte einige Worte auf. "Don Shula Expressway..." "Masenkarambolage..." "Wenn auf dich geschossen würde...""Vielleicht bringe ich dir morgen Frühstück. Na, wie klingt das? ,"erkundgte sich Eliana.Sonny lächelte. "Das klingt toll. Bis morgen." Eliana legte den Hörer auf. Auch um ihre Lippen spielte ein Lächeln, als sie sich in ihr türkisfarbenes Seidenkissen zurücklehnte. Die dünne, gleichfarbige Decke schmiegte sich um ihren nackten Körper."Was sagt er? ,"fragte eine angenehm dunkle Männerstimme aus dem Bad. Der Mann hatte einen eindeutug südamerikanischen Akzent.Eliana rekelte sich wie ein Kätzchen. Sie rollte sich auf die Seite, stützte den rechten Ellbogen auf und legte das Kinn in die Handfläche. "Sein Sohn wurde überfallen. Was sagt man dazu?" Sie klang nicht mehr mitleidig, sondern sarkastisch. "Leider wird er überleben...""Nur bis morgen, Engelchen," sagte der Mann im Bad. "Spätestens nach dem Frühstück sind die Crocketts dann nur noch Geschichte. Dafür wirst du sorgen."
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VIERZIGMit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte Ben seine Beine aus dem Fußraum zu ziehen. Das Lenkrad quetschte seine Weichteile und der Shaltknüppel drückte gegen seine rechte Schulter. Blut lief in sein linkes Auge und er kniff es zusammen, bis es ihm gelang das BLut mit der linken Hand wegzuwischen. Den rechten Arm konnte er nicht bewegen, weil er darauf lag."Sam? ,"brachte er mühsam hervor. "Sam? Bist du OK?" Samantha hing im Fußraum fest. Es hatte den Jeep von der Straße katapultiert, als sie sich gerade irgendwie aus dem Fußraum schlängelte. Sie hatte sich nicht hinsetzen wollen, weil das Auge auf dem Sitz gelegen hatte und es zu dunkel war, um zu sehen, ob weitere unangenehme Überraschungen warteten. Sie wollte sich auf den Sitz hocken. Dann hatten sie sich überschlagen und nun hing sie mit dem Kopf nach unten fest. Die Beifahrertür war stark eingebeult und das Handschuhfach heruntergedrückt worden, als der Wagen auf dem Dach landete."Ich bin hier," antwortete Sam gequetscht. Im Moment konnte sie nicht sagen, ob irgendwas gebrochen war. Ihr stieg lediglich das Blut in den Kopf und sie fühlte sich wie in einer Sardinenbüchse. Sie hörte Stimmen, und jemand rüttelte an der Tür, die sich jedoch nicht öffnen ließ, weil sie zu stark verzogen war."Wie geht es dir, Ben?""Ich weiß nicht. Ich konnte ...- noch nicht alle Körperteile ...- befragen."Obwohl es nicht wirklich einen Grund gab musste Samantha lachen. "Wenigstens ist dein Humor unbeschädigt."Ben stöhnte auf. "Aber wenn mich nicht bald ...- jemand rettet, ist meine ...- Familienplanung hinüber!" Das Jaulen der Sirenen kam näher und verstummte mit einem letzten gequälten Ton, als es Ben gerade gelungen war seine Beine zu befreien und seine Familienplanung selbst zu retten.Befehle wurden gebrüllt, Strahler richteten sich auf den Innenraum des Chevrolet Blazer. Jemand blickte ins Auto. Sam sah einen bärtigen Sanitäter und obwohl der Bart des Mannes schokoladenbraun und nicht weiß war, dachte sie sofort an Santa Claus."Ich bin Sam. Wie geht es Ihnen? ,"fragte der Sanitäter.Samantha grinste ihn an. "Ich bin auch Sam und wenn ...- die Welt nicht mehr auf dem Kopf steht... - geht es mir garantiert ... - viel besser.""Dem schließe ich mich an," stöhnte Ben."Wir holen Sie hier raus," vrsprach Sam, der Bärtige. Damian saß vollkommen geschockt neben Douglas in dem Mietwagen. Der Jaguar war sein Traumauto gewesen. Er hatte lange überlegt, ob er sich den Wagen kaufen sollte und jetzt war es ihm, als hätte er einen sehr guten Freund verloren.Allerdings war ihm mittlerweile auch bewusst, dass er um ein Haar mit in die Luft geflogen wäre. Im Grunde genommen ging es um zehn, vielleicht fünfzehn Sekunden, die ihm das Leben retteten. Douglas´ Rückruf war wirklich genau zur richtigen Zeit erfolgt. Nachdem keine Explosionen mehr erfolgten, war Damian zum Parkplatz gelaufen, wo das Feuer der drei brennenden Fahrzeuge ausreichend Licht spendete. Überall lagen Fahrzeugteile herum, zerfetztes Gummi von den Reifen und die Scherben der Scheiben. Als es unter seinem Schuh knirschte, ging er automatisch einen Schritt zur Seite und bückte sich. Johnny Cash blickte ihn von einer angekokelten CD vorwurfsvoll an. Er ließ die CD liegen, richtete sich auf und ging fassungslos weiter herum.Sein Jaguar war kaum noch als solcher zu erkennen und auch die Fabrikate der beiden anderen Wagen hätte er raten müssen. Außerdem gab es mindestes vier Fahrzeuge, die durch herumfliegende Teile beschädigt worden waren. Leute rannten nun aus den Appartementhäusern herbei. Damian hörte verschiedene Personen entsetzt aufschreien, als sie ihre mehr oder weniger zerstörten Wagen sahen. Die Kollegen von der Polizei, die Sprengstoffexperten und die Feuerwehr rasten mit jaulenden Srenen heran. Blaues Lichtspektakel erhellte die Dunkelheit.Aus einem Wagen sprang Trudy, aus einem anderen Carla. Sie stürzten sich auf Damian und umarmte ihn fest."Bist du verletzt, Dam? ," wollte Trudy wissen. "Ich bin OK. Das verdanke ich Doug," erwiderte Damian, den einen Arm fest um Trudy, den anderen um Carla gelegt. Dann riss er sich jedoch los. Auch wenn ihm der Schreck immer noch in allen Gliedern saß, er hatte einen Job zu erledigen. "Rico erwartet Doug und mich. Er hat einen Hinweis erhalten, dem wir gemeinsam nachgehen wollen. Wenn du hier was brauchbares findest, Carla, sag Bescheid." Er küsste Trudy auf die Stirn. "Ich möchte nicht, dass du hier draußen Zielscheibe spielst.""Bist du auch wirklich in Ordnung, Dam? ,"erkundigte sich Trudy besorgt, während sie mit ihm zusammen zu Douglas´ Mietwagen ging."Bin ich," erwiderte Damian.Er brachte Trudy zu ihrem Wagen und sah ihr nach, als sie davonfuhr. Dann stieg er zu Douglas in den Wagen, den Blick auf den Parkplatz gerichtet."Bist du sicher, dass du mitfahren willst? ,"fragte Douglas besorgt."Ja, Mann," grummelte Damian und Douglas startete den Motor. Stocksteif saß er neben Douglas im Wagen, als dieser durch die Straßen Miamis jagte. Hin und wieder kamen Anweisungen wie "Nächste links" oder "An der Ampel rechts".Douglas ließ ihn in Ruhe, bis sie die Straße erreichten, in der Tommy Williams wohnte. Douglas erkannte an dem Hummer, der am Straßenrand parkte, welches Haus sie ansteuern mussten. Mit dem Wagen, der Alessio gehörte, war Rico immer unterwegs.Douglas parkte den Audi dahinter. "Alles klar, Dam? ,"fragte er dann.Damian riss sich zusamen. "Ja, Mann," knurrte Damian. "Finden wir endlich raus, welcher Scheißkerl dahintersteckt und treten ihn kräftig in den Arsch!" Rico starrte das Bild an. Das Foto war etwa fünfundzwanzig Jahre alt und zeigte zwei Männer. Sie standen im Jachthafen auf einem Segelboot mit einem kopfüberhängenden Hai zwischen sich. Beide Männer strahlten mit dem postkartenblauen Hintergrund um die Wette. Sie waren ganz eindeutig Vater und Sohn. Der Vater, groß und schlank, hatte lockiges, schwarzes Haar und eine knollige Nase. Er trug weiße Leinenhosen und ein bis zum Bauchnabel offenstehendens fliederfarbenes Hemd, unter dem sich schwarzes Brusthaar kräuselte. Der Sohn war etwas kleiner, aber ebenfalls schlank. Sein Haar war schwarz, aber glatt, die Nase gerade. Die Ähnlichkeit mit seinem Vater war nicht besonders groß, aber Rico wusste, dass die beiden Vater und Sohn waren: Albert und Salvatore Lombard. Rico öffnete mehrere Schubladen und fand ein ziemliches Chaos vor. Tommy schien nicht besonders ordentlich zu sein. Als er jedoch den Schrank öffnete, sah er, dass die T - Shirts und die perfekt gefalteten Hemden in so akuraten Stapeln lagen, als hätte Tommy ein Lineal daran gehalten. "Tommy war anscheinend in Eile," murmelte Rico, als er in das angrenzende Bad ging. Es war klein, besaß nur eine Dusche und keine Badewanne. Die Kacheln waren rosa, der Boden dunkelgrau. Rico fand einige Pflegeartikel, aber er sah auch, dass mehrere Utensilien fehlte. Auf der Glasablage unter dem Spiegel entdeckte er etliche Kränze, wo vormals Dinge gestanden hatten. Er ging durch die anderen Räume. Das Wohnzimmer war spartanisch mit billligen Möbeln eingerichtet: drei Sessel mit Holzgestell und bunten Kissen, ein zerkratzter, runder Tisch und ein Fernseher in einer altmodischen Schrankwand, in der die meisten Fächer leer waren, bildeten das ganze Mobiliar.An einer Wand hingen Urkunden. Tommy war Chemiker und hatte diese Auszeichnungen für verschiedene Projekte erhalten, an denen er mitgearbeitet hatte. In einem Ordner fand Rico Tommys Zeugnisse und ein Gutachten, das erstellt wurde, als er zehn gewesen war. Rico pfiff leise. Tommy gehörte zu den Hochbegabten: IQ 152."Dein Opa wäre verdammt stolz darauf gewesen," murmelte Rico. Er konnte Lombard regelrecht vor sich sehen, grinsend, mit blitzenden Augen und vor Stolz geschwellter Brust. "Mein Enkel ist ein hochintelligenter Überflieger! Er kann alles tun, was er will! Die ganze Welt steht ihm offen! ," hätte er, der er selbst ein Gangster war, gesagt, wäre er noch am Leben. Stattdessen war der Enkel in die Fußstapfen des Vaters und Großvaters getreten. Rico ging in die Küche. Sie war penibel aufgeräumt. Im Kühlschrank fand er mehrere Saftflaschen, Milchtüten, verpackte Wurst, ein eingeschweißtes Steak und etwas Obst. Er rief Trudy an und erfuhr, dass es Damian wirklich gut ging, dass er und Douglas auf dem Weg zu Rico waren, und Ben und Sam sich auf dem Weg ins Krankenhaus befanden."Was hast du? ," fragte Trudy.Rico grinste. Er ging ins Wohnzimmer, von wo aus er Richtung Straße sehen konnte. "Woher weißt du, dass ich etwas habe?"Trudy lachte leise. Er hörte die Erleichterung in ihrer Stimme, weil es den Gegnern wieder nicht gelungen war zu siegen. "Ich kenne dich nicht erst seit gestern, Rico.""Du wirst es nicht glauben, Trudy, aber Tommy Williams ist der Sohn von Sal und der Enkel von Al Lombard. Ein Chemiker. Ein schlaues Kerlchen mit einem IQ von 152, aber vor allem ist er verschwunden. Sieht aus, als hätte ihn jemand vorgewarnt." Die Lichter eines Fahrzeugs durchschnitten die Dunkelheit, aber es fuhr vorbei. Die wummernden Bässe verklangen und die Nacht legte sich wieder wie ein schwazes Tuch über die Straße."Vielleicht kann ich die Mutter ausfindig machen," sagte Trudy. "Sie müsste unter in Sal Lombards Akte stehen. Möglicherweise kann sie uns weiterhelfen.""Eine gute Idee. - Ich glaube, da kommen Dam und Doug. Bis dann!" Rico legte auf und blickte aus dem Fenster, bis er sicher war, dass es sich bei den beiden Männern wirklich um die Kollegen handelte. Dann öffnete er ihnen die Haustür."Alles klar, Dam? ,"erkundigte sich Rico und Dam nickte. Rico erzählte ihnen, was er herausgefunden hatte und was er über die Lombards wusste, während sie alle Schränke und Schubladen nach Beweisen und Hinweisen durchsuchten."Nette Freundin," meinte Douglas plötzlich. Er hielt ein Foto in der Hand, das er im Nachttisch gefunden hatte. "Vielleicht ein bisschen flachbrüstig, aber nobody´s perfect!"Rico kam herbei. Er blickte Douglas über die Schulter und sagte: "Die kenne ich doch!"
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EINUNDVIERZIGDer Kollege im Archiv, Dex Blumberg, war nicht begeistert, als Trudy ihn telefonisch um Informationen aus der Akte von Salvatore Lombard bat. Mn hätte fast glauben können der mürrisch klingende Mann wäre nicht im Archiv, um dort zu arbeiten, sondern um sich einen netten Abend zu machen."Ehefrau von Salvatore Lombard," knurrte er. "Wieso interessiert Sie das? Der Mann ist bereits seit 1989 tot.""Verraten Sie mir nur den Namen seiner Frau," entgegnete Trudy, mühsam einen freundlichen Ton wahrend."Sie heißt Rita. Rita Lombard, geborene Williams." Er nannte ihr auch Ritas letzte bekannte Adresse, die in einer recht noblen Gegend lag. In dem Haus hatte sie zusammen mit Sal gelebt, aber es barg nicht nur positive Erinnerungen. Ms. Lombard hatte geglaubt, ihr Mann Sal würde sein Geld auf ehrliche Weise verdienen. Sie war davon überzeugt gewesen, dass Sal kein Gangster war wie sein Vater Al, aber dann, nach Sal´s und Al´s Tod, hatte sie die Wahrheit erfahren. Die ganze Geschichte hatte hohe Wellen geschlagen, zumal Al Lombard seinem Enkel ein nicht unbeträchtliches Vermögen vermachte, Rita es aber strikt ablehnte. Sie hatte gesagt, sie würde es verschenken, verbrennen oder vielleicht auch nur aus dem Flugzeug werfen, aber ihr Sohn würde dieses dreckige Ganovengeld niemals bekommen.Trudy konte sich deshalb gut vorstellen, dass sie, nachdem sich die Wogen geglättet hatten, das Haus verkaufte und Miami verließ. Trudy rief das Telefonbuch auf und suchte unter Williams nach ihr. Es bestand natürlich durchaus die Möglichkeit, dass Rita wieder geheiratet hatte und heute ganz anders hieß, aber Trudy musste es versuchen. Das nächste Problem war, dass der Name Williams nicht gerade vom Aussterben bedroht war. Auch Rita war kein seltener Vorname und Rita Williams gab es insgesamt eininddreißig Mal... allerdings nicht unter der Adresse, die Dex Blumberg ihr genannt hatte. Da gab es nur eine!Trudy blickte auf ihre schmale goldene Armbanduhr, ein Geschenk von Damian zu ihrem letzten Geburtstag. Es war elf Uhr abends... zu spät, um jemanden anzurufen, ohne Gefahr zu laufen, dass die Person vor Schreck einen Herzanfall erlitt. Rico hatte das Foto mitgenommen, als er, Damian und Douglas beschlossen den Abend zu beenden. Tommy Williams war fort und die Dame auf dem Foto konnten sie ohnehin erst am Morgen aufsuchen.Sie fuhren ins Büro. Rico setzte sich an Ginas Schreibtisch und schaltete ihren Computer ein, während Damian Trudy von dem Foto erzählte."Na, sieh mal an," meinte Trudy erstaunt. "Wer hätte das gedacht? Ich hatte mich übrigens zusätzlich mit der Detektei Rastigan beschäftigt. George und Roger sind Brüder, Dustin, der dritte im Bunde, ist Rogers Sohn. Ich habe Roger erreicht, aber er konnte mir keine Auskunft geben. Er meinte, George hätte da einen Auftrag, aber George war unerreichbar." Rico hatte den Computer hochgefahren und gab den Namen der Frau ein. Er dachte daran, wie sie die Frau nach dem Auffinden der beiden ermordeten Polizisten getroffen hatten und er rief sich ihr Verhalten ins Gedächtnis. Die Beschreibung wäre ruhig, emotionslos und cool, aber man konnte auch sagen unter Schock stehend. Und nur, weil ihr Foto in der Schublade eines jungen Kriminellen aufgetaucht war, musste sie nicht selbst kriminell sein. Der Verdacht lag jedoch nahe. "Na, guck einer, sieh und staune," murmelte er, als er tatsächlich etwas fand. Sie war keine Schwerkriminelle, aber sie war im Polizei - Computer. Mit Foto. "Ich wusste gleich, dass ihre Coolness nicht von irgendwelchen Beruhigungspillen kam!""Was hast du? ,"fragte Damian, der Rico murmeln hörte."Na ja, für ´ne Bewerbung bei Al Capone hätte es sicher nicht gereicht," antwortete Rico ud lehnte sich kurz zurück. "Aber es ist eindeutig unsere Kandidatin. Fahren ohne Führerschein unter Alkoholeinfluss in einem gestohlenen Fahrzeug...""Nett," meinte Trudy ironisch.Rico sah in die Runde. Er ließ seine Augenbrauen auf und abhüpfen und lächelte. "Es kommt noch besser. Die Gute ist gelernte Konditorin und sie hat ihre Ausbildung vor zehn Jahren bei niemand geringerem als unserem Freund Ron Shoemaker absolviert.""Dann wissen wir ja, wo wir morgen früh anfangen," seufzte Douglas und rieb sich über die brennenden Augen. Rico fuhr ins Motel, aber seine Gedanken kreisten permanent um die nun zur Hauptverdächtigen beförderte Frau. Sie war eine gute Schauspielerin, obwohl er von Anfang an Misstrauen verspürte. Sonny hatte es abgetan und seine Argumente ließen sich nicht mal von der Hand weisen. Rico war wirklich gespannt darauf wie sie morgen reagierte. Sie hatte von Ron, der als einer der besten Konditoren in Miami galt, gelernt, wie man perfekte Torten herstellte und Marzipanrosen anfertigte. Sie wusste genu wie Rons Torten aussahen. Mit Sicherheit war sie in der Lage perfekte Duplikate des Meisters anzufertigen, perfekt genug, um selbst Ron Shoemaker zu täuschen. Vielleicht hatte sie Dean Rogers gekannt, der ihr von der Torte für Anna und Alessio erzählt hatte.Das erklärte allerdings nicht, wer den Auftrag erteilte dieses Duplikat herzustellen. Die hochexplosive Füllung hatte mit Sicherheit Tommy Williams, der Chemiker im Bunde, hineingegeben. "Pikrinsäure," murmelte Rico, als er, nur mit einem schwarzen Slip bekleidet, aus dem Bad kam. Er versuchte sich die Information ins Gedächtnis zu rufen, die George McArthur ihnen gegeben hatte. Es war in siedendem Wasser gut löslich, rief starke allergische Hautreaktionen hervor und war hochempfindlich gegen Schlag, Reibung und Funken. Ihm fiel aber gerade nicht ein, wofür man es eigentlich benutzte. Er nahm sich vor früher ins Büro zu fahren und sich darum zu kümmern.Rico schlüpfte unter die Decke, aber er fand nur wenig Schlaf. Die Klimaanlage surrte leise, aber es nervte ihn. Mehrmals jagten jaulend Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienst vorbei und ließen ihn hochschrecken. Fiel er endlich in einen unruhigen Schlaf, quälten ihn die schrecklichen Bilder der Hochzeit, die verstärkt wurden, nachdem er sich die Filme der Gäste angesehen hatte. Dann schoss er schwer atmend in die Höhe, aß in der Dunkelheit und versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen und irendwie zur Ruhe zu kommen. Trudy und Damian waren in Trudys pinkfarbenem BMW Cabrio nach Hause gefahren. Auch ihr Gespräch drehte sich um die kriminelle Organisation, die hinter der Geschichte stehen musste, um Tommy Williams und seine Geliebte. Erst als das Appartementhaus und damit der Parkplatz in Sichtweite kam verstummte Damian.Der Parkplatz war von starken Strahlern hell erleuchtet. Leute in weißer Schutzkleidung waren nach wie vor damit beschäftigt Beweise zu sammeln.Trudy parkte den Wagen am Straßenrand und schaltete den Motor aus. Sie legte Damian den rechten Arm um die Schulter und zog ihn zu sich herüber. Nach einem Kuss sagte sie: "Ich weiß, es war dein Traumauto, Dam, aber er ist ersetzbar, du für mich nicht. Ich bin sehr glücklich, dass du nicht mehr im Wagen gesessen hast."Damian nickte nur. Sie stiegen aus. Damian schob die Hände in die Hosentaschen und ging hinüber zum Parkplatz. George McArthur war dort. Er erzählte Damian, dass der Zünder mit einem kleinen Verzögerungsmechanismus versehen gewesen war. "Das Ding sollte hochgehen, wenn Sie auf der Straße sind. Wie viel Zeit verging von dem Moment, als Sie den Motor starteten bis zur Explosion?"Damian dachte nach. "Schwer zu sagen. Dreißig, vierzig Sekunden."McArthur schnaubte leise und schüttelte den Kopf. "Da haben Sie echt Glück gehabt.""Ja," meinte Damian und eilte zum Haus, wo Trudy auf ihn wartete. Gemeinsam gingen sie ins Haus. Damian war immer noch niedergeschlagen wegen des Autos, aber auch entsetzt über die kurze Zeitspanne, die darüber entschieden hatte, ob er lebte oder starb.Trudy legte ihre Arme um seinen Hals und sah in seine fast schwarzen Auen. "Vergiss den Wagen, Dam," sagte sie leise, als sie begann ihn auszuziehen. Sie begann an seinem Hals zu knabbern. Das Hemd fiel auf den Boden. Damians Lippen fuhren sanft über Trudys Wange. Mit einem leisen Lachen in der Stimme flüsterte er: "Deine Ablenkungsmanöver sind unübertroffen."
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ZWEIUNDVIERZIGDonnerstagmorgen, 8Uhr Trudy, Damian und Rico kamen fast gleichzeitig auf dem Präsidiumsparkplatz an. Gemeinsam gingen sie ins Gebäude und Damian erzählte Rico, was er abends von George McArthur erfahren hatte. Kopfschüttelnd meinte Rico: "Unglaublich! Sie bringen Polizisten um, um von ihren Lieferungen abzulenken.""Ja, und sie waren bisher sehr erfolgreich," schnaubte Damian. "Ich habe übrigens schon mit Ben telefoniert. Er und Sam haben eine Menge Glück gehabt. Prellungen, blaue Flecken und Ben hat ´ne Platzwunde am Kopf. Er kommt gleich, denn er sagt, er lässt sich von denen nicht aufhalten." Castillo war schon da. Korrekt gekleidet, perfekt gekämmt, rasiert und ausgeschlafen wie immer, obwohl er noch im Büro gewesen war, als alle anderen gingen. Rico war nicht mal sicher, ob er überhaupt nach Hause gefahren war."Man hat den Detektiv George Rastigan und den Gangster DeLa Rosa gefunden. Rastigan wurde übel zugerichtet. Die genaue Todesursache steht noch nicht fest. DeLa Rosa wurde hinterrücks erschossen," erklärte Castillo, blickte Rico an und es hatte die gleiche Wirkung, als hätte er mit dem Finger auf ihn gezeigt und gesagt: "Du warst das!"Er fuhr fort: "DeLa Rosa hat sie am Strandhaus beschossen. Die DNA auf der Waffe war eindeutig. Die Gangster, die auf dem Expressway starben, hießen Mike und Simon Mc Cadden. Sie waren Brüder und Mitglieder der HELL RIDERS aus West Palm Beach."Er kehrte in sein Büro zurück. Rico blickte in die Runde und meinte:"Das kann er immer noch genauso gut wie früher." Dann setzte er sich an Ginas Schreibtisch, fuhr den Computer hoch und beschäftigte sich mit der Pikrinsäure. Damian kochte Kaffee und Trudys Telefon begann zu läuten. Am anderen Ende war Matt Preston, Barnes´ ehemaliger Bewährungshelfer."Meine Mutter sagt, Sie wollten mich ganz dringend sprechen," sagte Preston. Dann bekam er erst mal einen fürchterlichen Hustenanfall.Raucherhusten, dachte Trudy und wartete höflich, den Hörer etwas vom Ohr weghaltend, weil sie befürchtete, Preston könnte ihr Trommelfell weghusten. Kaum hörte er auf zu husten, hörte sie erst das Klicken eines Feuerzeugs, dann wie Preston den Rauch tief inhalierte, ehe er ihn ausstieß. Im Hintergrund sprach der Moderator der Morgennachrichten. "Es geht um Freddy Barnes," sagte Trudy. "Was können Sie mir über ihn sagen?" Ihre Ungeduld wuchs. Sie nahm sich einen Kugelschreiber und begann damit herumzuspielen, während Preston vom nächsten Hustenanfall durchgeschüttelt wurde."Entschuldigung," keuchte Preston. "Ich glaube, ich habe mir in Frankreich eine Erkältung eingefangen.""Oh ja, diese Gauloises - und Gitanes - Viren sind sehr hartnäckig," erwiderte Trudy ironisch.Preston räusperte sich verlegen. Der Seitenhieb war angekommen. Dennoch hörte sie ihn hektisch an der Zigarette saugen. "Ich war Freddys Bewährungshelfer, das stimmt. Freddy begann schon im Gefängnis eine Anti - Aggressionstherapie, die er auch nach seiner vorzeitigen Entlassung fortführte. Er ist absolut vorbildlich." Trudy hatte längst ihren Computer hochgefahren und Fredy Barnes´ Akte aufgerufen. Sie machte Preston darauf aufmerksam, das Freddys neue Adresse nicht bekannt war und ebenso wenig sein möglicher Arbeitgeber. Das war eine ungeheure Schlamperei, die nicht passieren durfte. Schließlich ging es hier nicht um ein Mitglied des örtlichen Strickvereins, sondern um einen ehemaligen Gefängnisinsassen.Das Feuerzeug klickte, als Preston die nächste Zigarette anzündete. Der Mann rauchte wie ein Schornstein! "Hören Sie, Detective, ich betreue zurzeit sechzehn schwere Jungs, von denen einige recht schwierig sind...," versuchte sich Matt Preston zu entschuldigen."Und ich habe eine explodierte Hochzeitstorte, die sieben Tote und dreizehn Verletzte hinterließ. Ganz zu schweigen von diversen anderen Attacken mit Toten und Verletzten. Ihr vorbildlicher Freddy hängt mittendrin," unterbrach Trudy ihn aufgebracht.Damian stellte ihr eine Tasse Kaffee hin und Trudy schenkte ihm einen geräuschlosen Luftkuss und ein liebevolles Lächeln."Die Adresse von Freddys Boss kann ich Ihnen geben," sagte Preston, saugte aber erst mal wieder an seiner Zigarette."Ich hab was zu schreiben. Schießen Sie los!," forderte Trudy ihn auf. Rico holte sich einen Kaffee, setzte sich wieder vor den Computer, und las die Informationen über die Pikrinsäure. Er war fest davon überzeugt, dass sie irgendwas übersehen, sich vor allem viel zu wenig mit der Säure beschäftigt hatten. Wer konnte ihnen das verdenken, angesichts all der Dinge, die in den letzten Tagen geschehen waren? Durch eine der TÜren zum Flur kam Mark Jones herein. Er grinste bis über beide Ohren, als er Rico ein Foto vor die Nase legte. "Der Typ aus der Motel - Lobby," sagte er. "Ich hab ihn sogar in den Akten gefunden: Mario Cordaro, Mitglied der HELL RIDERS."Rico betrachtete sich das Foto. "Schon wieder die HELL RIDERS," murmelte er. "Danke, Mark." Damian hatte inzwischen mit Carla telefoniert. Gerade als Mark, immer noch grinsend, hinausgig, legte er den Hörer auf und da Trudy nach wie vor telefonierte, ging er zu Rico hinüber. "Carla hat die Spuren aus BIllys Haus untersucht. Im Bad waren FIngerabdrücke und am Türrahmen klebten schwarze Haare in etwas Blut. Wir wissen jetzt wied er Kerl hieß, der Billy angegriffen hat. Sein Name lautet Mario Cordaro. - Und die sihergestellte DNA an der OP - Kleidung stammt von unserer Zuckerbäckerin!"Erstaunt sah RIco ihn an. "Sieh einer an! Die schon wieder!" Er zeigte Damian das Foto, das Mark ihm gebracht hatte. "Mario Cordaro in der Motel - Lobby!""Sehr vielseitig, der Kerl," meinte Damian. Dann kehrte er an seinen Schreibtisch zurück. Rico wandte sich wieder dem Bildschirm zu, um sich mit der Pikrinsäure zu befassen. "Einsatzgebiet," murmelte er. "Organische Analytik zum Nachweis von Alkaloiden und Kreatinin...- mmh... - In der Mikroskopie als Bestandteil von Fixierflüssigkeiten... - zum Anfärben von Präparaten... - zum einfärben von Stoffen...! Unglaublich, wozu man dieses gefährliche Zeug verwenden kann. - Einsatz in der Metallografie zum Ätzen metallischer Oberflächen..." Er stutzte. Sein Blick wanderte über die Zeilen, die er gerade gelesen hatte. In seinem Bauch begann es plötzlich zu kribbeln. Da war sie, die Information! Sie hatten sie die ganze Zeit vor der Nase gehabt!In diesem Moment beendete Trudy ihr Gespräch mit Matt Preston. "Ihr glaubt nicht, was ich gerade erfahren habe! ,"behauptete sie.Rico sprang auf. "Und ich glaube, ich weiß, woher die Pikrinsäure stammt!"
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DREIUNDVIERZIGImmer wieder döste Sonny ein, schreckte aber meist nach wenigen Minuten in die Höhe. In regelmäßigen Abständen eilten fast lautlos Krankenschwestern herein, um die Infusion und die Geräte zu kontrollieren. Sie wirkten siehr zufrieden. Billy kam irgendwann zu sich. Es war dämmrig im Zimmer und er hatte einen fürchterlichen Geschmack in seinem saharatrockenen Mund. Sein Bauch schmerzte und er hörte das piepsen der Geräte, das den Gesang der Vögel vor dem Fenster übertönte. Sonny war sofort neben ihm und legte ihm die rechte Hand an die linke Wange. "Bleib ruhig liegen. Du wurdest angegriffen und musstest operiert werden, aber das wird wieder.""Er war plötzlich da," sagte Billy. "Hatte ein Messer.""Ich weiß, aber es wird nicht wieder passieren. Hier bist du sicher."Billy nickt und dämmerte wieder weg. Sonny ging zum Automat, um sich einen Kaffee zu ziehen. Er schmeckte wie abgestandenes Spülwasser, aber er enthielt wenigstens Spuren von Koffein. Er kehrte zu Billy zurück, saß, den Kaffee trinkend, am Bett seines Sohnes und hoffte, dass sie bald die Drahtzieher der Geschichte dingfest machen konnten.Sonny blickte auf seine goldene Armbanduhr. Caroline hatte gesagt, sie würde gegen halb zehn in Miami ankommen. Da es Billy ganz offensichtlich besser ging, würde er dann wieder seinen alten Partner bei den Ermittlungsarbeiten unterstützen. Sonny dachte an Izzys Informationen. Donnerstag um Mitternacht, also in weniger als 24 Stunden erwartete die Organisation eine Lieferung. Sonny hatte allerdings keine Ahnung, was für eine Lieferung es war, wohin geliefert wurde, wer lieferte und wer bestellt hatte. Als der Morgen heraufzog, wachte Billy endgültig auf. Er hatte Durst, durfte aber nur an einem Zitronenstäbchen herumlutschen. Dennoch fühlte er sich gut genug, um Sonny zu erzählen, was passiert war."Ich wünschte, ich hätte den Kerl ordentlich erwischt," gestand Billy."Nicht nur du," antwortete Sonny. "Wenn deine Mutter nachher kommt, werde ich wieder gehen und Rico unterstützen. Ich hoffe, du verstehst das."Billy schnaubte, verzog aber sogleich stöhnend das Gesicht, weil die Bewegung einen fürchterlichen Schmerz durch seinen Bauch jagte. "Machst du Witze, Dad? Erwischt die Scheißkerle endlich! Es gab wirklich mehr als genug Tote und Verletzte."Sonny legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. "Bleib cool, Billy, du weißt, wir tun, was wir können." Gegen viertel vor neun klopfte es, dann trat Eliana ein. Sie trug weiße enge Jeans, ein pinkfarbenes, hautenges, tiefausgeschnittenes Top und passende Pumps mit gewagten Absätzen. Ein rosafarbenes Samtband hielt ihr Haar zusammen.In der rechten Hand trug sie einen Picknickkorb mit einer silbernen und einer weißen Thermoskanne, Tassen und belegten Brötchen darin. Sie sagte Billy lächelnd hallo, gab Sonny einen Kuss und stellte den Korb auf einen Stuhl, der an dem kleinen Tisch am Fenster stand."Ich dachte mir, dass Sie wahrscheinlich noch ncihts essen dürfen, Billy, deshalb habe ich Ihnen Tee mitgebracht," sagte Eliana, während sie den Korb ausräumte und alles auf dem kleinen, weißen Tisch arrangierte. "Ich habe die Schwester gefragt. Sie sagt, Tee ist erlaubt..." Sie wandte sich um und lächelte Billy an. "...und dieser Tee ist eine geheime Mischung meienr Mutter." Sonny trat neben sie, sah ihr über die Schulter und umfasste ihre Taille. "Das ist wirklich großartig von dir," sagte er und küsste sie sanft unterhalb des linken Ohres.Eliana lächelte. "Man tut, was man kann." Zwei Schwestern kamen herein. Sie baten Sonny und Eliana kurz draußen zu warten, damit sie BIlly und dessen Bett frisch machen konnten. Sonny und Eliana gingen auf den Flur. Dort nahm Sonny sie in die Arme. "Es ist wirklich schön, dass ich dich getroffen habe," gestand er.Eliana lächelte erneut. "Ja, das finde ich auch," antwortete sie. Nach einer viertel Stunde durften sie wieder ins Zimmer. Eliana ging zum Tisch. Sie füllte etwas Tee in eine Tasse, die sie Sonny reichte. Sonny küsste sie erneut, nahm die Tasse und trug sie zum Bett. Während er für Billy das Kopfende des Bettes hochstellte, damit er trinken konnte, griff Eliana heimlich nach einem kleinen Röhrchen, das sie in einer verborgenen Innentasche des Korbes aufbewahrt hatte. Sie gab von dem Inhalt etwas in die Tasse mit dem Rosenmuster darauf, ließ im nächsten Moment eine Süßstofftablette in ihre Tasse gleiten und fragte mit dem Süßstoffdöschen rappelnd: "Zucker? Süßstoff? Sahne?""Sahne," antwortete Sonny. Einen Moment später trat Eliana mit den beiden Tassen ans Bett. Sie reichte Sonny die Tasse mit dem Rosenmuster. "Trinken wir darauf, dass Sie sich bald besser fühlen, Billy," sagte sie und alls drei führten ihre Tassen an die Lippen.
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VIERUNDVIERZIGDouglas, Ben, Sam und Estelle kamen Rico und Damian im Flur entgegen. Ben war am Kopf verpflastert und er wie auch Sam hatten etliche Blutergüsse davongetragen."Für den ersten Kaffee seid ihr zu spät dran, aber für die ersten Verhaftungen seid ihr früh genug," sagte Rico.Douglas, Ben, Sam und Estelle drehten sich um und folgten Rico und Damian zum Aufzug, den sie benutzen wollten, um Ben und Sam zu schonen.Damian erzählte, was Trudy herausgefunden hatte, während sie darauf warteten, dass der Lift kam. "Bigfoot Freddy Barnes fand nach seiner Haftentlassung einen Job als Chauffeur. Sein Boss ist niemand geringerer als Giacomo Cordaro...""Seine Tochter Emilia fand Dean Rogers´ Leiche," sagte Estelle. "Sehr reiche Leute, mit einem Haus, in dem du dich ohne Navigationssystem verläufst."Rico nickte. "Und Eve Taylor, die dabei war, als die Leichen der Polizisten gefunden wurden, lernte das Bäckerhandwerk bei Ron Shoemaker."Der Aufzug kam endlich und sie stiegen ein."Alessandro DeLa Rosa ist übrigens tot," berichtete Rico weiter. "Lag in South Beach am Strand mit ´ner Kugel aus meiner Waffe im Rücken...- aber wir wissen jetzt wahrscheinlich woher die Pikrinsäure stammt.""Wirklich? ," staunte Douglas. Die Aufzugtür öffnete sich und das Geschrei einer abgetakelten Prostituierten scholl ihnen entgegen. "Verdammt, nimm deine Flossen weg! Ich bin schließlich im Recht! ," kreischte sie.Rico bliekte zu der Frau hinüber, die gerade um ein Haar einen Kollegen ins Gesicht geschlagen hätte. Sie sah Rico ebenfalls an, streckte ihm die Zunge raus und schrie: "Was glotzt du so?"Rico reagierte nicht. "Die Pikrinsäure," erinnerte Douglas ihn, als sie das Gebäude verließen. Die automatische Tür schloss sich, das Gekreische blieb zurück. "Von wem stammt sie?""Eliana Assani," antwortete Rico. "Man benutzt das Zeug nämlich auch, um Stoffe zu färben.""Die haben wir eben gesehen, stimmt´s, Ben?" entfuhr es Sam, als sie zum Parkplatz eilten. Sie blickte Ben an und dieser nickte bestätigend."Wir standen vor dem Haupteingang und warteten auf unser Taxi. Da kam sie auf uns zu, hatte einen Picknick - Korb am Arm und meinte, sie würde Sonny und Billy einen Krankenbesuch abstatten," erzählte Ben. Rico hielt die Luft an. Er wusste, dass Eliana in der Sache mit drin hing, Sonny aber nicht und wahrscheinlich freute er sich über Elianas Besuch. Mit Schrecken dachte dachte Rico an die unterschiedlichsten Waffen, die man in einem Picknick - Korb verstecken konnte: Messer, Pistolen... Gift! Er riss sein Handy aus der Tasche. "Sam und ich fahren zum Krankenhaus, fahr du mit Douglas nach Coral Gables, Dam," sagte er, als er Sonnys Nummer aus dem Adressbuch aufrief."Was ist mit Estelle und mir? ,"fragte Ben."Cordaro," antwortee Rico nur. "Er ist die Schlüsselfigur." Sonny ging nicht ran! Rico sah auf die Uhr, während er in den Hummer sprang. Sam stieg auf der Beifahrerseite ein. Rico fluchte leise, drückte Sam sein Handy in die Hand und befahl: "Versuch es weiter!" Dann startete er den Motor und raste mit quietschenden Reifen los."Verdammt, warum sind wir nicht früher darauf gekommen? ," schimpfte er. "Ich habe dieser übercoolen Frau von Anfang an nicht getraut!""Nur weil jemand cool ist, ist er kein Verbrecher," meinte Sam, das Handy an ihr Ohr pressend. Sie wisperte: "Komm schon! Geh ran, Sonny! Nimm den verdammten Hörer ab!"Rico rauschte um eine Kurve auf eine Ampel zu, die vor seinen Augen auf rot umsprang. Er ignorierte sie und preschte über die Kreuzung. Bremsen kreischten, er hörte das protestierende Hupen eines anderen Autofahrers und einen Knall. Im Außenspiegel sah er, dass ein Mercedes - Cabrio gegen einen Laternenmast geprallt war, aber der Fahrer stieg bereits aus und blickte ihm wütend nach."Er geht nicht ran," sagte Sam besorgt.Rico blickte wieder nach vorne. Seine Hände umklammerten das Lenkrad, er biss die Zähne so fest zusammen, dass es knirschte und jeder Muskel war angespannt wie eine Stahlfeder. "Die Nummer des Stationszimmers! Steht unter "I" wie Intensivstation!"Sam nickte. Sie tippte auf dem Handy herum, fand die Nummer, wählte sie und wartete. Ricos Nerven waren zum zerreißen gespannt, sein Magen krampfte sich zusammen und vor Aufregung bekam er Schweißausbrüche. Mehr als einmal während ihrer fünfjährigen Zusammenarbeit hatte er um Sonnys Leben gefürchtet und geglaubt zu spät zu kommen. Immer war er erleichtert gewesen, weil es gut ausgegangen war.Kam er dieses Mal zu spät?
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